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Virtuelle Wanderung auf den Spuren der "Mühlviertler Hasenjagd"

Gedenkstein in Ried in der Riedmark an die Opfer der "Mühlviertler Hasenjagd".
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  • Gedenkstein in Ried in der Riedmark an die Opfer der "Mühlviertler Hasenjagd".
  • hochgeladen von Helene Leonhardsberger

In Erinnerung an die "Mühlviertler Hasenjagd" fand eine virtuelle zeitgeschichtliche Wanderung statt. Die Schwertberger Zeitzeugin Anna Hackl beantwortete anschließend in einem Livestream Fragen der Zuseher. Die Wanderung und das Zeitzeugengespräch wurden aufgezeichnet und sind auf YouTube zu sehen.

BEZIRK PERG. Die zeitgeschichtliche Wanderung zum Gedenken an die Mühlviertler Menschenhatz im Februar 1945 wurde coronabedingt in den virtuellen Raum verschoben. Die "perspektive mauthausen" hatte ein rund 45-minütiges Video vorbereitet, das vorigen Freitag online ging. Vorsitzender Walter Hofstätter sprach im Rahmen eines Livestreams mit Anna Hackl, der jüngsten Tochter der Familie Langthaler, die vor 76 Jahren zwei KZ-Häftlinge vor den Nazis versteckte. Zum Ende des Livestreams konnten die Zuseher Fragen an Anna Hackl stellen. Die Schwertbergerin erzählte einmal mehr ihre bewegende Geschichte, die begann, als ein sowjetischer Häftling auf der Flucht an die Türe der Familie Langthaler klopfte und um Essen bat. Die tiefreligiöse Mutter hatte schon vorher entschieden: "Wenn zu uns wer kommt – wir helfen!" Eine Einstellung, die wenige aus der Bevölkerung teilten. Immerhin hatte die SS unmissverständlich klargestellt: Aufgegriffene Häftlinge müssen sofort getötet werden, wer hilft, muss selber sterben.

Anna Hackl: "War eine schreckliche Zeit"

Einige Zivilisten beteiligten sich mit Freude an der grausamen Hatz. „Es war einfach eine schreckliche Zeit“, fasste es Hackl zusammen. Die Zuseher wollten wissen, ob sie und ihre Familie keine Angst gehabt hätten. "Angst hatten wir von der ersten Stunde an, mit der Entscheidung von der Mama. Es war die Angst immer da und sogar extrem", sagte Hackl. Die Familie riskierte trotzdem ihr Leben, um die beiden Ukrainer zu retten, von denen sie nach dem Krieg 19 Jahre lang nichts mehr hören sollte, bis zum großen Wiedersehen. Anna Hackl ist mittlerweile fast 90 Jahre alt und wird nicht müde, von ihren Erlebnissen zu berichten. "Es heißt immer: Das war ja gar nicht so, das ist nicht wahr. Aber es war doch so. Es hat sich viel abgespielt, und das will ich erzählen."

"Die Jungen sollen wissen, was das für eine Zeit war, damit so etwas nicht mehr kommt. Passt auf unser schönes Österreich auf!"
Anna Hackl

Vermutlich elf von rund 500 Geflohenen überlebten die Flucht aus dem KZ Mauthausen und die damals zynisch als "Mühlviertler Hasenjagd" bezeichnete Hatz auf Menschen. Die Bevölkerung wurde dazu aufgerufen, sich an der Suche nach jenen Häftlingen zu beteiligen, die in der Nacht von 1. auf 2. Februar aus dem Konzentrationslager ausgebrochen waren. Viele Mühlviertler nahmen nur zu gerne daran teil, manche griffen ohne Umschweife zu den Waffen und mutierten zu Tätern. Einige, die sich an die Ereignisse aus diesen Tagen erinnern können, leben noch. Aber kaum jemand aus der Generation der Hochbetagten redet darüber.

Nichts gesehen, nichts gehört

"Es gibt heute noch die Herangehensweise, dass man sagt, man habe nichts gesehen und nichts gehört", beschreibt Walter Hofstätter von der perspektive mauthausen den Umgang mit unserer Vergangenheit. "Spätestens am 2. Februar konnte niemand mehr sagen, er habe von nichts gewusst. Die 'Mühlviertler Hasenjagd' war ein markantes Ereignis, das in der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Nicht nur in Mauthausen, sondern bis nach Freistadt." Die Ereignisse dieser Tage würden die Handlungsbreite der Leute sichtbar machen. "Von jenen, die selbst Menschen erschlagen haben, über jene, die Lebensmittel vor den Häusern für die Geflüchteten stehen gelassen haben, bis hin zu Familien, die Häftlinge versteckten."

Gedenkveranstaltung auf 23. April verschoben

"Wir haben unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen. Das können wir aus der Geschichte mitnehmen" ist Hofstätter überzeugt. Zeitzeugen wie Anna Hackl betonen, wie schnell sich die Verhältnisse damals geändert haben, wie aus Demokratie Diktatur wurde. "Deshalb ist es wichtig, sich mit Geschichte zu beschäftigen und sich aktuelle Entwicklungen genau anzuschauen", so Hofstätter. "Wie schnell kann ich Leute aufhetzen und Hass gegen Personengruppen schüren? Welchen Beitrag können Regierende leisten, um ein solidarisches Miteinander zu fördern?" Am 5. Februar hätte ein musikalisch-literarischer Abend mit Katharina Stemberger und Sigrid Horn im Donausaal Mauthausen stattgefunden, der sich mit der Mühlviertler Menschenhatz befasst. Der Termin wurde auf 23. April verschoben.

Theater: "Das Menschenmögliche" auf Burg Reichenstein

Die Theatergruppen aus Tragwein und Gutau wollten schon 2020 als „Waldaistbühne“ das Stück „Das Menschenmögliche“ auf Burg Reichenstein spielen. Wegen Corona wurde die Premiere auf 28. Mai 2021 verschoben. Die Theatergruppen hatten den Welser Regisseur Andreas Gruber gebeten, aus den Ereignissen vom 2. Februar 1945 ein Theaterstück zu schreiben. Gruber hatte aus diesem Stoff 1995 bereits den Film „Hasenjagd – vor lauter Feigheit gibt es kein Erbarmen“ gemacht. „Das Theaterstück hebt sich aber deutlich vom Film ab“, sagt Manfred Wolf von der Theaterrunde Gutau. Mehr zur Veranstaltung lesen Sie hier.

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