Purkersdorf
Dachdeckerpfusch mit gerichtlichen Folgen
PURKERSDORF. Fünf Rumänen, die sich als angebliche Mitglieder einer kriminellen Vereinigung wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges die Anklagebank am Landesgericht St. Pölten teilten, blieben am ersten Verhandlungstag alle Antworten schuldig. Bei ihren Arbeiten als angebliche Dachdecker sollen sie unter anderem ihre finanziellen Forderungen noch während der Reparaturen um ein Vielfaches erhöht haben. Richter Markus Grünberger vertagte auf vorerst unbestimmte Zeit.
Bewusst Opfer gesucht
Meist waren die Männer in unterschiedlicher Besetzung auch gemeinsam mit noch unbekannten Arbeitern in Siedlungen mit Einfamilienhäusern und Gartenanlagen unterwegs. Laut Anklage suchten sie bewusst ältere, ihnen geeignet erscheinende Opfer aus und noch während ein 24-jähriger Angeklagter, der sich als professioneller Dachdecker ausgegeben habe, zu äußerst günstigen Preisen mit hochwertigen Materialien Arbeiten am Dach anbot, begannen Komplizen teilweise bereits mit den Arbeiten. Aus dem Angebot von oft nur dreistelligen Eurobeträgen, sei die endgültige Forderung um ein Vielfaches höher gewesen. So habe der „Firmensprecher“ für zwei Platten, die seine Komplizen auf eine Gartenhütte montiert hatten, statt der vereinbarten 200 Euro schließlich 11.000 Euro gefordert. Sie hätten die Dame dabei dermaßen eingeschüchtert, dass sie den „Arbeitern“ schließlich 9.000 Euro aushändigte.
Immer wieder hätten die Beschuldigten ihre Opfer zur Einwilligung der Reparaturen gedrängt, dabei bewusst Schäden angerichtet, die sie repariert und ebenfalls in Rechnung gestellt hätten. Darüber hinaus sei es in einigen Fällen notwendig gewesen, die verpfuschten, teils unnötigen und unnutzen Arbeiten von Professionisten ausbessern zu lassen.
Im Zuge einer Auseinandersetzung beim Bezahlen einer Rechnung in Höhe von 1.260 Euro soll ein ebenfalls angeklagter 24-Jähriger in die Geldbörse eines Opfers gegriffen und insgesamt 8.000 Euro an sich genommen haben.
Kleine Reparatur, große Folgen
Eher als Ausnahmeopfer ist von einer Frau die Rede, die im November 2021 im Kindergarten in Purkersdorf von einem der Beschuldigten mit Angeboten überrumpelt worden sei. Sie war für eine Auftragserteilung nicht berechtigt, lehnte eine umfassende Reparatur daher ab, ersuchte jedoch um eine kleine Reparatur einer Dachrinne. Dies hätte 200 Euro ausgemacht, die Forderung der „Dachdecker“ betrug schließlich 15.200 Euro für vermeintliche Arbeiten am gesamten Dach. Nach einer heftigen Diskussion, bei der alle Männer vor ihr standen, fuhr die völlig eingeschüchterte Frau mit einem aus der Gruppe zur Bank und überwies 10.000 Euro.
Einen Gablitzer drängten die Rumänen zur Reparatur seines Garagendaches zum Preis von 200 Euro. Schneller, als er schauen konnte, kamen weitere Arbeiter dazu, die plötzlich das gesamte Dach abgetragen hatten. Er forderte die Wiederherstellung und sollte rund 3.200 Euro bezahlen. Mit einem unverschraubten Dach, jedoch ohne zu bezahlen, blieb der Gablitzer zurück. Privatbeteiligtenvertreterin Nicole Nossek forderte 3.800 Euro Schadenersatz, den Verteidiger Michael Dohr nicht anerkannte.
Der Jurist verwies in einem Statement darauf, dass es sich hier keinesfalls um eine kriminelle Vereinigung handle. Es seien arme Männer aus einem Dorf, die sich auf den Weg machen, um Geld zu verdienen. Man könne höchstens von Sachwucher sprechen, wobei es auch zu Missverständnissen gekommen sei. Darüber hinaus bezweifelte der Anwalt, dass die doch meist älteren Herrschaften in der Lage gewesen seien, die Beschuldigten, die sich äußerlich ähnlich sehen, anhand von Fotos zu identifizieren.
Zumal die Beschuldigten vom Erkennungsdienst vor dem Prozess noch nicht erfasst wurden, fuhren sie danach zur Polizei, um Fingerabdrücke und Speichelproben abzuliefern.
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