Unsere Wien
Lebensraum Wienfluss
Vom Flohkrebs zur Forelle, vom Salamander zum Schwarzstorch: Das Ökosystem der Wien und ihrer Nebenbäche ist artenreich.
REGION PURKERSDORF (ae). „Unser Leitfisch ist die Bachforelle. Weitere typische Arten, die bei uns vorkommen, sind die Koppe und das Aitel sowie die Kleinfischarten Elritze, Schmerle und Gründling“, erzählt der Gewässerrökologe Stefan Winna aus Purkersdorf, „Aus den Bedürfnissen, die die Bachforelle und ihre Begleiter haben, ergeben sich die speziellen Charakteristika am Fluss einer Forellenregion: es braucht kühles, sauberes Wasser, ein Flussbett aus Kieselsteinen in der richtigen Größe, Ufer mit Strukturen wie Wurzelstöcken und mit dichter Vegetation wie Bäume oder Sträucher.“ Ein üppig bewachsenes Ufer spendet einerseits Schatten, andererseits ist das Falllaub die Grundlage für den Nährstoffkreislauf – es ernährt die Kleinstlebewesen, die es zerkleinern und die selbst am unteren Ende der Nahrungskette stehen. Zum Dritten bietet bietet ein gut strukturiertes und bewachsenes Ufer Versteckmöglichkeiten für Jungfische.
Klein und Groß
Stefan Winna, der oft Schulgruppen am Wienfluss begleitet, hat ein Auge fürs Detail: „Stell dir vor: viele der Insekten, die da rumschwirren, verbringen den Großteil ihres Lebens im Wasser. Die Große Eintagsfliege etwa lebt zwei Jahre im Sediment am Gewässergrund als Larve und kommt nur für wenige Stunden bis Tage zur Fortpflanzung an Land. Schön zu beobachten im Juni, wenn sie am Abend wie kleine Feen aus dem Wasser steigen.“ Eintagsfliegenlarven sind wichtige Indikatoren für die Gewässergüte, sie sind nur in sauberem bis gering verschmutztem Wasser in großer Zahl zu finden.
Plakativer für den Nichtökologen freilich sind die größeren Wienflussbewohner: vom Feuersalamander, der nur in den obersten Bachläufen der Nebenbäche lebt, über die fischfressende, wassergebundene Ringelnatter bis hin zum Graureiher, der in den letzen Jahrzehnten verstärkt die Wien für sich entdeckt hat. Gleiches gilt für Biber und Fischotter, die durchaus zum Problem geworden sind: Der Biber krempelt alles um und verändert so das Ökosystem, er hat sich in letzter Zeit aber wieder etwas zurückgehalten. Schwieriger ist die Situation mit dem Fischotter, der die Bachforellen in den Nebenbächen dezimiert, die ohnehin schon schwer unter Druck stehen.
Das bringt uns zur Frage: Wie sehr weichen unsere Gegebenheiten von einer idealtypischen Forellenregion ab? Winna: „Vor zwei Jahren noch hätte ich gesagt, wir haben hier ein echtes Kleinod. Mittlerweile ist unser Paradies aber bedroht.“ Lesen Sie mehr darüber in der nächsten Ausgabe.
Zur Sache: Bio-Wissen
Fließgewässer unterteilt man in Fischregionen. Das hat nichts mit dem Angeln zu tun, sondern dient der ökologischen Charakterisierung ganzer Lebensräume – mit einer (namensgebenden) Leitfischart. Der Wienfluss zählt zur Unteren, seine Nebenbäche zur Oberen Forellenregion, sie sind als zusammenhängendes Ökosystem zu betrachten.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.