Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden ist bald Pflicht

Peter Gundolf vor dem Gemeindeamt in Reutte
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Wir haben dazu einen Test durchgeführt

Reutte. (hev) Ab Anfang 2016 darf es laut Behinderten-Gleichstellungsgesetz bei öffentlich zugänglichen Gebäuden keine Diskriminierung mehr geben. Die Gebäude wie zum Beispiel Schulen oder Amtsgebäude müssen für alle Mitmenschen – somit also auch für Rollstuhlfahrer oder sehbehinderte Mitmenschen - zugänglich sein. Das bedeutet zum Teil umfangreiche Umbauten. Denn im schlimmsten Fall können von den Betroffenen Schadenersatzforderungen gestellt werden. Wir haben uns deshalb umgesehen, wie es in öffentlichen Gebäuden in unserem Bezirkshauptort derzeit mit der Barrierefreiheit steht.
Peter Gundolf - Rollstuhlfahrer seit 24 Jahren, hat mit bzw. für uns die Barrierefreiheit in Reutte an folgenden Objekten getestet und beurteilt: Marktgemeindeamt, Bezirkshauptmannschaft, Arbeiterkammer, Bahnhof und Wirtschaftskammer.
Das Marktgemeindeamt ist absolut nicht Rollstuhl-tauglich. "Am Eingang befindet sich zwar eine Klingel, aber bei Regen sitzt man im Regen, bis man abgeholt wird", sagte Gundolf, "und alle geschäftlichen Belange müssen im Gang abgewickelt werden." BGM Alois Oberer konnte aber versichern, dass bereits ab Mitte September mit dem Umbau begonnen wird. Die Pläne liegen bereit, der Haupteingang wird auf die Rückseite verlegt. Ein Behindertenparkplatz ist dann direkt neben dem Lift und im Erdgeschoss wird natürlich auch die derzeitige Stufe entfernt und durch eine kleine Rampe ersetzt.
Die Bezirkshauptmannschaft Reutte wurde vor einigen Jahren neu erbaut und verfügt sogar über ein Zertifikat das die absolute Rollstuhl-Tauglichkeit ausweist. Hier wurde das alte Gebäude, in dem sich ebenfalls noch einige Amtsräume befinden mit einem Durchgang verbunden und somit entstehen auch hier keine Probleme für Menschen mit Behinderung.
Die Arbeiterkammer befindet sich zur Zeit im Umbau und wird ab ca. Mitte September mit einem Lift ab der Tiefgarage, neuen Toiletten und auch sonst barrierefrei sein. Das AK - Gebäude hatte auch vor dem Umbau bereits eine Rollstuhlrampe. "Diese Rampe entspricht zwar der Norm, ist aber durch die Länge sehr schwer zu bewältigen", sagte Frau Cornelia Berktold, Mitarbeiterin des Sekretariats in der AK, die zur Zeit des Umbaus ihren Dienst in einem Container neben der Tiefgarage verrichtet.
Der ebenfalls neu gestaltete Bahnhof erfüllt alle Ansprüche und hat sogar ein eigenes behindertengerechtes WC, dass mit dem Euroschloss ausgestattet ist. Fast alle Rollstuhlfahrer verfügen über einen Schlüssel für Toiletten in ganz Europa, die mit dem Euroschloss ausgestattet sind, und können so Wartezeiten umgehen und verhindern. Auch vom Bahnsteig kommt man ebenerdig in den Zug. Ebenso kann man am Bahnhof Hilfe ordern.
Die Wirtschaftskammer stellt trotz Rampe auf der Rückseite des Gebäudes eine riesengroße Herausforderung dar. An diesem Gebäude ist ebenso eine Klingel am Eingangsbereich angebracht. Danach muss der Rollstuhlfahrer warten, bis man ihm auf der Rückseite des Gebäudes die Tür öffnet. Die Rampe verfügt über kein Geländer, was beim abfahren schon mal gefährlich werden könnte. Der Orientierungshilfe im Haus konnten wir entnehmen, dass sich die Toiletten im UG befinden, welche über Stufen zu erreichen ist. Schwierig ist es auch bei Schulungen, da einige Schulungsräume nur über Treppen erreichbar sind. Herr Wolfgang Weirather teilte uns mit, dass angeblich bereits Ausschreibungen im Gange sind und fragte bei Herrn Gundolf an, ob er nicht eventuell beratend als Betroffener zur Verfügung stehen könnte, was dieser gerne annahm.
Im Zuge unseres Gespräches wusste Peter noch zu berichten, dass Bezirksgericht und Polizei zwar einen tollen Eingang haben, aber kein Rollstuhlfahrer im Lift Platz hat, weil er zu eng und klein ist. Eine weitere Herausforderung ist das Kopfsteinpflaster durch ganz Reutte. "Wenn hier ein Stein etwas höher ist fliegst du fast aus dem Rollstuhl und es braucht schon eine enorme Kraft hier von A nach B zu kommen", sagte Peter Gundolf.

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