Was die Toten alles so reden...

Dr. Magnus Wintergerst
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Archäologe ist für manche ein Traumberuf, auch wenn eigentlich viel harte Arbeit drin steckt. Gebückt und auf Knien in nassen Löchern herum suchen – das sind nicht gerade die besten Arbeitsbedingungen.
Dr. Magnus Wintergerst legt derzeit ein Stück des ehemaligen Friedhofs frei, der sich auf dem Vorplatz zwischen Annakapelle und der Pfarrkirche St. Mang in Füssen befindet. Der Friedhof wurde wahrscheinlich im späten Mittelalter (13. Jahrhundert) angelegt, als St. Mang zur Stadtpfarrkirche wurde anstelle der Franziskanerkirche (St. Stephan). Betrieben wurde der Friedhof bis zum Jahr 1528. Die derzeit aufgedeckten Gräber weisen keine Grabbeigaben auf, denn dies hatte Karl der Große um das Jahr 800 verboten. Nur ein paar dickköpfige Oberpfälzer hielten sich nicht daran und gaben ihren Verstorbenen weiterhin Schmuck und Amulette mit ins Jenseits. Selten wurde im Sarg bestattet. Vielmehr wurden die Toten nackt in ein Leichentuch gehüllt, das von einem kleinen Häkchen gehalten wird und in die Erde gelegt. Erst ab dem 18. Jahrhundert lassen sich die wohlhabenden Bürger wieder in ihrer Tracht bestatten, was sich aus den Funden von Silberknöpfen ablesen lässt.
Durch die Armhaltung lassen sich viele Bestattungen datieren. Im Mittelalter liegen die Arme gerade am Körper an. Später werden sie dann über der Brust verschränkt und noch später findet sich eine Gebetshaltung bei den Toten. Ausnahmslos werden die Toten mit Blickrichtung nach Osten bestattet. Dies war schon etwa bei den Alemannen so. Denn die aufgehende Sonne stand für Auferstehung und Wiedergeburt. In christlicher Zeit dann wird vom „himmlischen Jerusalem im Osten“ und von Jesus, symbolisiert durch die Sonne gesprochen.
Unter dem Boden des Kirchenvorplatzes sind inzwischen etwa 10 Bestattungen, dicht an dicht durch Dr. Magnus Wintergerst und seinen Grabungshelfer Anton Firsching freigelegt worden. Manche Bestattungen wurden durch ein früher verlegtes Abflussrohr brutal durchschnitten. Man hat den Eindruck, das Rohr erschlägt die Skelette.
Ein Mauerrest, der ebenfalls freigelegt wurde, ist zu instabil als hätte darauf ein Gebäude stehen können. Möglicherweise war es das Fundament für ein Grabdenkmal. Die Toten hatten jedoch vermutlich keine abgegrenzte Grabstelle, sondern es standen für kurze Zeit Holzkreuze, die dann wieder entfernt wurden, so wie bei aufgelassenen Gräbern.

Dr. Magnus Wintergerst
Grabung bei St. Mang, Füssen
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