Ortsportrait in ServusTV
Wie lebt es sich eigentlich in einer Kleingemeinde?

Der Dorfälteste Adolf Scheidle und letzter Milchbauer in Gramais. | Foto: ServusTV-Gloriafilm
3Bilder
  • Der Dorfälteste Adolf Scheidle und letzter Milchbauer in Gramais.
  • Foto: ServusTV-Gloriafilm
  • hochgeladen von Günther Reichel

In einer Kleingemeinde wie Gramais zu leben...

GRAMAIS. Gramais ist die kleinste Gemeinde Österreichs. Das Leben in einer Kleingemeinde ist ganz speziell. Ein Team von Servus-TV war kürzlich vorort und drehte einen Beitrag über den Ort und seine Bewohner. Ausgestahlt wird dieser am Freitag, den 19. März ab 20.15 Uhr in Servus TV.

Eine kleine Welt unterm Brennglas

Gramais, vor über 650 Jahren aus Almen der Großgemeinde Imst im hintersten Winkel des Lechtals entstanden, ist fast unberührt vom Weltenlauf, widersteht trotzig dem Zeitgeist einer globalen Welt und befindet sich aktuell als kleinste, eigenständige Gemeinde Österreichs in einem heroischen Kampf um seine kommunal- und gesellschaftspolitische Eigenständigkeit.
Was sich in dem 41-Seelen-Dorf im Kleinformat beobachten lässt, ist eine Vielzahl erzählenswerter Geschichten über Menschen in einem kleinen Dorf am Ende der Welt, lange abgeschnitten, inzwischen gut erreichbar und trotzdem irgendwie abgehängt.

Kuriositäten und Schönheiten

„Ein Dorf, zum Sterben (zu) schön“ zeigt die stecknadelgroße Dorfgemeinschaft mit all ihren Mühen, Kuriositäten und Schönheiten. Eine Welt im Kleinen ganz groß, die Mut macht und Sinnbild ist für das Mögliche im Unmöglichen. Ein Ort wie aus der Zeit gefallen, der erhalten hat, was beständig ist und wonach sich so viele Menschen sehnen: Der Glaube an Gemeinschaft, die Liebe zur Heimat und die Hoffnung, dass es in einem Dorf wie diesem eine selbstbestimmte Zukunft gibt.

Ungewisse Zukunft

Einer der großen Fragen ist, ob Gramais bei der nächsten Gemeinderatswahl im Frühjahr 2022 seine Unabhängigkeit bewahren kann. Bürgermeister Michael Fasser hatte 2016 nach 20 Jahren im Amt, keine Lust mehr, es weiter auszuüben und sehnte sich als leidenschaftlicher Jäger wieder nach Bergen, Natur und Waidmannsheil.
Grundsätzlich kein Problem. Nur: In Gramais war niemand da, der sich zum Nachfolger berufen fühlte. Deshalb haben sich die Gramaiser etwas einfallen lassen. Es wurde einfach gar nicht gewählt, das Wahllokal blieb geschlossen und alles beim Alten. Das Manöver sorgte für mediale Aufmerksamkeit. Ein paar Tage gaben sich Journalisten aus ganz Österreich die Klinke in die Hand. Im schlimmsten Fall drohen nächstes Mal Zwangsmaßnahmen durch die Bezirkshauptmannschaft oder gar die Vereinigung mit der Nachbargemeinde Häselgehr und damit der Verlust an Autonomie und Selbstbestimmung. Bei der nächsten Wahl im April 2022 wird sich jemand finden müssen, der den Bürgermeister ab- bzw. erlöst.

Projekte mit Zukunft

Ein wegweisendes Projekt könnte die Idee sein, einen Gemeinschaftsstall im Dorf zu bauen, wo jeder Gramaiser seine Tiere unterstellen kann, sich alle gegenseitig bei der Arbeit unterstützen und vertreten können und doch jeder sein Auskommen hat. Auch der älteste und traditionsreichste Bauer des Dorfes, Adolf Scheidle, findet Gefallen an dieser Idee. Sein alter Stall sieht noch aus wie vor 100 Jahren. Die Kuhfladen muss er alle zwei Stunden mit der Hand wegschieben. Melkt er seine Kühe, streichelt er liebevoll ihre Euter. Jedes Huhn hat einen Namen und hört auf ihn.
Wer Adolf bei der Hofarbeit zusieht, bekommt einen tiefen Einblick in die Sinnhaftigkeit bäuerlicher Arbeit. Seine Liebe zu den Tieren, die tiefe Dankbarkeit, was sie ihm geben. Jeder Handgriff ruhig, sein ganzes Tun nachhaltig. Trotz seiner kürzlich überstandenen Corona-Erkrankung ist er guter Dinge, kennt und liebt er doch buchstäblich jeden Stein von Gramais.

Wenig Nachwuchs im Ort

Würde man die geschlossene Gramaiser Volksschule wieder aufsperren, hätte das Klassenzimmer sicherlich kein Platzproblem. Der gesamte Gemeindenachwuchs rekrutiert sich nämlich aus lediglich drei Kleinkindern und einer Jugendlichen namens Vanessa. Sie ist 16 und geht auswärts zur Schule. Bernhard – in Doppelfunktion als Gemeindemitarbeiter und ihr Vater - fährt sie täglich mit dem Dorfbus nach Reutte.
Vanessa ist oft allein zuhause. Wie ist es als einzige Jugendliche in einem Dorf, einsam? Kaum Besuch nachmittags, der Weg ist zu weit. Die Freunde nur tagsüber in der Schule sehen können. Nicht gerade altersgerecht, doch ist Vanessa deshalb ein Handy-Junkie, um wenigstens ein bisschen Kontakt mit der Außenwelt zu haben? Wie ist es mitten in der Pubertät nur die Eltern und Großeltern um sich zu haben? Die 15-jährige lacht über all die Fragen. Sie hat Spaß daran mit den Fremden vom Film zu reden, endlich rührt sich was im Dorf.

Zu sehen ist die Reportage am Freitag, den 19. März 2021 ab 20.15 Uhr in Servus TV.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.