„Bulimie ist sehr präsent“
Etwa zwölf Jahre lebte Elisabeth Wieser mit Bulimie. Heute will sie Aufklärungsarbeit leisten.
RIED (kat). Perfektionismus, Leistungsdruck, Schlankheits- und Schönheitswahn. Aus welchen Gründen Elisabeth Wieser der Bulimie verfiel, kann sie heute nicht mehr konkret sagen. Was sie weiß: Sie hat sich als Jugendliche bewusst dazu entschlossen. „Durch ein Projekt an der HBLA habe ich das erste Mal von der Krankheit gehört. Danach habe ich damit begonnen, mich nach dem Essen zu übergeben. Der Bulimie ging keine Diät voraus. Ich war nie dick oder übergewichtig“, erzählt Wieser. Vor dem Essen trank sie einen halben Liter Wasser, um das, was sie dann zu sich nahm, besser loswerden zu können. Die ersten Erfolgserlebnisse auf der Waage stellten sich rasch ein, dann blieb ihr Gewicht konstant: „Anders als Magersüchtige sind Bulimie-Patienten relativ normalgewichtig. Der Körper passt sich schnell an das ‚neue Essverhalten‘ an.“ Außer ihrer Familie und ihrem damaligen Freund bemerkte niemand, in welchem Teufelskreis sich Wieser befand: „Ich habe eine Maske aufgesetzt, nach außen immer funktioniert. Viele andere, die an Ess-Brechsucht leiden, ziehen sich zurück. Ich nicht.“
Jahrelang lebte Wieser mit Bulimie. Zu Problemen mit den Zähnen und der Speiseröhre kamen Schlafstörungen, Kreislaufprobleme und finanzielle Schwierigkeiten: „Irgendwann war die Krankheit nicht mehr leistbar. Ich habe zwei- oder dreimal so viel gegessen, wie ‚normale‘ Menschen. Ich habe mir also nicht eine, sondern gleich zwei Pizzen bestellt. Ess-attacken, bei denen man alles in sich reinstopft, sind aber eher ein Mythos“, so Wieser. Zu diesem Zeitpunkt wusste die Grieskirchnerin, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Zu den ersten Schritten, weg von der Bulimie, hat sie das Buch „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ bewogen.
Selbstwertgefühl aufgebaut
Nach dem Entschluss, gesund werden zu wollen, begab sich Wieser eineinhalb Jahre in ambulante Therapie. „Dort wurde mein Selbstwertgefühl aufgebaut und der Gedanke in mir gefestigt: Ich bin in Ordnung, wie ich bin.“ Im Jänner 2011 startete die heute 29-Jährige eine vierwöchige stationäre Intensivtherapie. Dort lernte sie, ein normales Essverhalten an den Tag zu legen. „Ich kann nicht sagen, dass ich zu 100 Prozent gesund bin. Aber ich lebe symptomfrei, bin wieder glücklich und kann mit Genuss essen. Ich habe ein neues Leben geschenkt bekommen beziehungsweise habe ich es mir selbst geschenkt.“ Jetzt, da Wieser offen über Bulimie spricht, merkt sie, wie präsent die Krankheit ist. Ihr Anliegen ist es nun, Aufklärungsarbeit zu leisten. Ein erster Schritt dazu ist der Vortrag in Zusammenarbeit mit FRIEDA (siehe unten). Infos an Schulen sollen folgen. „Ich möchte zeigen, dass Bulimie eine ernste Krankheit ist, hinter der mehr steckt, als der Wunsch, schlank zu sein. Außerdem möchte ich Betroffenen Mut machen, die Krankheit zu überwinden“, sagt Wieser. Auch eine E-Mail-Adresse für Betroffene soll eingerichtet werden.
Vortrag: Außer Kontrolle!
Essstörung, Bulimie, Magersucht: Elisabeth Wieser (Foto) erzählt beim Vortrag „Außer Kontrolle! Wenn Essen das Leben bestimmt“ ihre Empfindungen und Erfahrungen mit Bulimie. Auch Psychotherapeutin Michaela Mayer steht für Fragen zur Verfügung. Der Vortrag findet am Mittwoch, 11. April, von 19 bis 20.30 Uhr im Seminarraum RIFA, Froschaugasse 19, Ried, 1. Stock statt.
Veranstalter ist FRIEDA – das Zentrum für Frauengesundheit Innviertel. Anmeldung erforderlich unter 07752/88755-10 oder 0699/17151517.
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