"Kann heute viel freier über die NS-Zeit reden"
Widerstand, Verfolgung, Gedenkkultur: Diese Themen stehen im Mittelpunkt der Festschrift "VerGegenKunft".
BEZIRK. Warum immer wieder in der Vergangenheit herumwühlen? Es ist doch längst alles gesagt, alles aufgearbeitet. Lasst die Vergangenheit Vergangenheit, die Gegenwart Gegenwart und die Zukunft Zukunft sein. Solchen Aussagen erteilt Gottfried Gansinger eine klare Absage. Für ihn fließen diese drei Elemente ineinander – zur "VerGegenKunft". Und genau diesen Titel trägt auch die von ihm verfasste Festschrift zum zehnjährigen Jubiläum der zeitgeschichtlichen Veranstaltungsreihe "Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen".
Lesbarer Überblick
Das Buch bietet erstmals einen leicht lesbaren Überblick über Rieder Opfer des Nationalsozialismus, es geht um das Erkennen verbrecherischer Ideologien, um Menschenrechte, Demokratie und Frieden. Gleichzeitig ist die Schrift eine Dokumentation der zeitgeschichtlichen Reihe, eine Rückschau darauf, was alles erreicht wurde. Gemeinsam haben die Träger – das OÖ. Volksbildungswerk, das BZ St. Franziskus, der Treffpunkt der Frau und der Verein M.u.T. – mehr als 120 Veranstaltungen organisiert. "Wir wollen mit der Festschrift auch unsere Erfolge feiern. Straßenbe- oder umbenennungen sind nur ein Teil davon. Zudem kann man heute viel freier über die NS-Zeit reden. Wir haben gezeigt, dass es nicht umsonst ist, für Frieden und Menschenrechte einzutreten. Wir müssen aus der Geschichte lernen und das haben wir auch", ist Gansinger überzeugt. Er selbst sieht seine Arbeit nicht als Verfolgung von Tätern, sondern im Aufzeigen der Schicksale der Opfer.
Muss in die Schulen
Ziel ist, die Festschrift auch in die Schulen zu bringen. "Unsere Kinder und Enkel müssen über die NS-Zeit Bescheid wissen", so Gansinger. Laut seinen Erfahrungen sei die Jugend vor allem von Einzelschicksalen sehr berührt. "Jugendliche stehen dieser Zeit sehr kritisch gegenüber, wenn sie sie personalisiert erleben. Sie haben kein Verständnis für Schweigen und Verdrängung", so Gansinger. Er verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es kaum einen Ort gab, in dem kein Todesopfer zu beklagen war. Nach seinen Recherchen sind im Bezirk Ried 3475 gefallene und vermisste Soldaten, 110 Euthanasie-Opfer, davon zehn Kinder, sowie 51 zivile Todesopfer zu beklagen.
Die Festschrift "VerGegenKunft" ist zum Preis von 14,90 Euro in den Rieder Buchhandlungen erhältlich. Mit diesem Geld und jeder zusätzlichen Spende wird an Zukunftsplänen gearbeitet. Diese sehen einen Lern- und Gedenkort für Ried sowie eine wissenschaftliche Aufarbeitung von "Widerstand und Verfolgung 1938-1945 im Bezirk Ried" vor. Mehr Infos zu Spendenmöglichkeiten oder M.u.T.-Mitgliedschaften erhalten Sie per Mail an gottfried@gansinger.at
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