Die „Simsi“-Festspiele
Gold und Silber für Simona Rehberger bei der Stockschützen WM in Deutschland
Ihr Goldschuss führte ins Finale.
ST. JOHANN. Warum Simona nach dem „Goldschuss“ gezittert hat wie ein „nackerter Hund“, erzählte die frischgebackene Weltmeisterin der BezirksRundschau Rohrbach.
„Halbfinale gegen Deutschland: Letzte Kehre; der letzte Schuss von mir ist entscheidend. Wenn ich die Maß auf ein Meter genau lege, haben wir gewonnen und steigen ins Finale auf. Dieser Verantwortung war ich mir nicht bewusst“, schildert die Athletin ihren entscheidenden Schub. 3000 Zuschauer, fast alles Deutsche, feuerten die Gegner an.
„Nach diesem Schuss hat es Glückshormone geregnet, ich bin vor lauter Freude in die Knie gegangen. Dann hat es mich gerissen wie einen nackerten Hund“, erzählt Rehberger davon, wie sie Österreich ins Finale geschossen hat. Mit einem 61:3 über den Finalgegner Tschechien war schließlich der Weltmeistertitel „Team Mannschaft“ im Trockenen. Was sie zuvor auf facebook gepostet hatte: „Wir zeigen ihnen, wo der Bartl den Most holt“, hat sich also bewahrheitet.
Vize-Titel zum Drüberstreuen
Zum Drüberstreuen gab es auch noch den Vizeweltmeistertitel im Bewerb „Mannschaft Ziel“ (Maßlegen, Stockschießen, auf Ring Maß legen). 1994 hat es den bisher letzten WM Titel für Österreichs Damenmannschaft gegeben. Die lange Durststrecke ist somit also beendet.
Zwölf Platten sind bei der WM erlaubt: „Ist der Asphalt wärmer, wird er zäher, du musst mehr antauchen. Blau wähle ich oft zum Stock schießen, orange zum Maß legen. Nach einigen Probeschüssen wähle ich die hoffentlich richtige Farbe“, lacht sie.
Nach ihrer Rückkehr von der WM waren viele Menschen auf den Beinen, um die berühmte Tochter zu feiern. „Einen Kilometer vor meinem Elternhaus hat mich mein Vater mit dem Traktor abgeholt. 900 Meter weiter waren die Schneestangen mit Schnüren verbunden und mit hunderten Luftballons geschmückt“, ist Simona Rehberger vom Empfang begeistert, bei dem es schließlich eine „Sektdusche“ übers Auto gab.
Nervenstärke ist ihre Stärke
„Bei jedem Wettkampf stelle ich mich auf die Gegnerin ein. Weiß ich, dass sie keinen Stock trifft, lege ich die Maß direkt vor die Daube. Sonst platziere ich meinen Asphaltstock etwa einen Meter im Winkel von 45 Grad rechts oder links vor die Daube. Du zwingst die Gegnerin damit zum Stockschuss. Sie sieht allerdings zwei Ziele (Daube und Stock). Wenn sie nicht trifft, bleibe ich auch in Zukunft auf dieser Seite. Viele Schützen haben eine Links- oder Rechtsschwäche“, schildert die 21-Jährige ihre Taktik.
„Mit dem Stockschießen habe ich mit fünf Jahren begonnen, sobald ich einen Stock halten konnte“, erinnert sie sich. Mama und Papa waren die Entdecker, ersten Trainer und auch die Trainer ihres Talents. „2005 habe ich im Verein zu schießen begonnen. Von Anfang an war ich vorne dabei. Im ersten Jahr war ich bereits Vizelandesmeisterin U18 und U23. Ich bin sofort zu den Lehrgängen für angehende Nationalteamspielerinnen eingeladen worden“, sagt die Senkrechtstarterin über die ersten zwei Pokale ihrer Sammlung. 200 sind es inzwischen geworden. Sie alle im Haus unterzubringen, könnte vielleicht bald einen Anbau nötig machen. Sechsmal österreichische Meisterin, dreizehn Landesmeistertitel, zwölf Vizelandesmeistertitel und einmal Staatsmeisterin stehen auf den Urkunden im heimatlichen St. Johann. Bei der Zielstaatsmeisterschaft heuer einen Top Platz zu erreichen, sieht sie als Sahnehäubchen auf ihrer Titelsammlung an.
Wer auf hohem Niveau Erfolg haben will, muss hart dafür arbeiten. „Trainingseifer, Kraft, Konsequenz sind wichtig. Du musst Distanzen gut schätzen können, mental gut drauf sein und taktisch gut vorgehen können“, ist Rehberger überzeugt. Die Sekretärin eines Steuerberaters übersiedelt nach der Arbeit sofort „volley“ in die Stockhalle. Damen sind ihrer Meinung nach mehr „Gefühlsschützen“, Männer eher „Kraftschützen“. „Ich baue ein ganzes Jahr lang Kraft auf“, erzählt die Topsportlerin, die das fünf Kilogramm schwere Sportgerät punktgenau platziert.
Höhepunkt des Mentaltrainings im Nationalteam: Der Feuerlauf. „Bei der Meditation vorher versetzt du dich leicht in Trance. Du verinnerlichst dein Ziel: Weltmeisterin werden. Du focussierst einen Punkt in der Ferne. Dann schreist du: Ich schaffe es“ schildert „Simsi“, wie sie 15 Meter weit barfuß über glühende Kohlen geht. Bestärkt hat das auch ihre Überzeugung: es gibt nichts, was du nicht erreichen kannst.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.