Daheim sein auf der Schranne
Viele Salzburgerinnen und Salzburger sind ja überzeugt, dass die Schranne so etwas wie mein zweites Wohnzimmer ist. Nach fast 3 Jahrzehnten Schranneberichterstattung für Radio Salzburg fühle ich mich auf "meinem" Markt natürlich daheim. Ich erinnere mich noch gut an einen Donnerstag, an dem ich mich hoffnungslos verschlafen hatte. Der Taxifahrer den ich bat, zu fliegen statt zu fahren, hat beruhigend gemeint: "Aber Frau Geiblinger, bis zum Radioeinstieg um 10 nach 8 schaffen wir das. Und ich bin sicher, wenn man sie aufweckt und ein Mikrofon in die Hand gibt, können sie sofort so über die Schranne reden, das man gleich hingehen möchte".
Ich habe dort Begegnungen gehabt und Dinge erlebt, die es vielleicht nur auf der Schranne gibt. Eines Morgens sind 3 oder 4 Standler beisammen gestanden in ein eifriges Gespräch vertieft. Als ich dazu kam, haben sie mir erzählt, dass sie sich große Sorgen um einen langjährigen Kunden machen. 14 Tage fehlt er ihnen schon auf der Schranne und weil sich der alte Herr nicht abgemeldet hatte, sind sie beunruhigt. Es könnte ja sein meinten sie, dass er hilflos und krank ist und etwas braucht. Diese starke Bindung zwischen Kunden und Standlern ist etwas ganz Typisches für die Schranne. Dabei geht es natürlich auch um Vertrauen, das die Kundinnen und Kunden auch mir geschenkt haben. Eines Tages kam ein Standler zu mir und erzählte, was er gerade erlebt hatte. Ich hatte in meinem Bericht von einem extra guten Käse erzählt den es bei ihm gab. Im Laufe des Vormittags kamen viele Kunden zu ihm und fragten nach diesem Käse. Er bot allen an, ihn vor dem Kauf zu kosten. Eine Kundin sagte: "Nein danke. Wenn die Geiblinger sagt der Käse ist gut, dann weiß ich, dass er wirklich gut ist".
Natürlich ist auch auf der Schranne nicht alles Gold, was glänzt. Hin und wieder gibt es auch einen Händler, der zu horrenden Preisen Produkte anbietet, die ganz und gar nicht dem sonst hohen Qualitätsstandard auf der Schranne entsprechen. Man muss schon die Augen aufmachen und auch einmal kosten, bevor man kauft. Aber auch manche Kunden versuchen mit Tricks zu arbeiten. Da gibt es zum Beispiel den eifrigen Kunden, der zu einer Standlerin kam und furchtbar jammerte. Er hatte bei ihr einen Fisch gekauft und seine Frau wäre ganz böse gewesen mit ihm, weil der nicht gut war. Die Standlerin entschuldigte sich und gab ihm sicherheitshalber kostenlos einen anderen Fisch. Als er nach 6 Wochen wieder mit der gleichen Geschichte kam, kam ihr das schon sehr seltsam vor. In einem Gespräch mit anderen Standlern stellte sich heraus, dass er das bei allen versuchte. Und weil er so bildhaft das Schimpfen seiner Frau schilderte, hatte er damit meistens Erfolg.
Eigentlich tun mir alle leid, die nicht auf der Schranne einkaufen können. Denn ihnen entgeht eine ungeheure Vielfalt und ein Einkaufserlebnis, das alle Sinne anspricht.
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