Er lehrt die Kunst des Zuhörens
Die Telefonseelsorge Salzburg sucht ehrenamtliche Mitarbeiter, die anderen gerne "ihr Ohr leihen".
SALZBURG (lg). Die Gründe, warum sich Menschen an die Telefonseelsorge wenden, sind vielfältig und reichen von privaten Sorgen bis hin zu Stress im Beruf: "Jeder hat sein Packerl zu tragen, und wenn es irgendwann zu viel wird, dann leihen wir den Betroffenen unsere Ohren", erzählt Gerhard Darmann, der seit 2003 Leiter der Telefonseelsorge Salzburg ist. Im Pinzgau und Lungau gibt es weitere Außenstellen der Telefonseelsorge. Für den Theologen und Psychotherapeuten ist die Dankbarkeit der Menschen, die durch die Telefonseelsorge ein Stück neuen Lebensmut bekommen haben, das Schönste an seinem Beruf. "Manche rufen nur einmal an, einfach um sich ihre Sorgen oder Probleme von der Seele zu reden, andere wiederum begleiten wir über einen längeren Zeitraum hinweg, da geht es dann darum, den Weg der kleinen Schritte wertzuschätzen", führt der 57-Jährige aus. Ein durchschnittliches Gespräch dauert gut und gerne bis zu 45 Minuten. "Es geht um die Qualität des Zuhörens, das "Sich-Zeit-dafür-Nehmen", so Darmann.
Gesellschaftliche Ansprüche
Ob sich die Sorgen und Ängste der Menschen im Laufe der Jahre verändert haben? "Das ist schwer zu beurteilen, weil es immer ganz spezifische Situationen sind. Man soll ja auch nicht die alten Zeiten verklären, aber der Druck in der Gesellschaft ist heute schon größer geworden, sowohl im Beruf als auch im Privatleben. Es fehlt oft die Zeit, um sich auszuruhen. Erschöpfungszustände, Burn-out oder zu hohe gesellschaftliche Ansprüche beschäftigen viele Anrufer. Scheidungen sind heute häufiger als früher, es rufen auch viele alleinerziehende Mütter an, die sich um ihre Kinder sorgen. Und natürlich rufen auch Menschen mit Suizidgedanken an, da muss man besonders feinfühlig sein. Wichtig ist, dass die Menschen darüber sprechen und diesen Gedanken nicht verdrängen. Ich sage immer: Solange noch darüber geredet wird, gibt es noch Hoffnung, dass man helfen kann", schildert Darmann.
Chat für junge Leute
Die meisten Menschen, die bei der Telefonseelsorge anrufen, sind älter als 40, bei den jüngeren Menschen wird eher die ebenso angebotene Mail- oder Chat-Beratung angenommen. "Vor allem auch bei der Kids-Line ist diese Form der Kommunikation gefragt", so Darmann. Die Themen bei der Kids-Line reichen von schulischen Problemen bis zu Streit mit den Eltern, Mobbing oder der Trennung vom ersten Freund. Jetzt sucht die Telefonseelsorge neue ehrenamtliche Mitarbeiter, also "Menschen mit offenem Ohr". Geboten wird eine zweijährige Ausbildung, in der die "Kunst des Zuhörens" und die "Kunst der Gesprächsführung" auf praktische Weise erlernt und eingeübt werden. "Am wichtigsten sind die Bereitschaft zur Selbstreflexion und Empathie sowie die Bereitschaft, sich auf etwas Neues einzulassen", erklärt Darmann.
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