Nazi-Kunst im Mirabellgarten für Stadt kein Thema
Die Frage um den Bildhauer Josef Thorak und seine Skulpturen im Mirabellgarten bleibt auch in diesem Jahr weiter unbeantwortet. Die Bürgerlisten-Gemeinderätin Ingeborg Haller stellte bereits ihren zweiten Antrag zur Anbringung von Tafeln, um die Rolle Thoraks in der NS-Zeit zu erklären – und harrt weiter einer Entscheidung. Nun denkt sie auch über die Umbenennung der Josef-Thorak-Straße in Aigen nach.
SALZBURG (drs, sos). Seit Jahrzehnten stehen die mächtigen Skulpturen von Paracelsus und Kopernikus im Mirabellgarten, im Vorjahr fand zu Ehren des Künstlers Josef Thorak in dem nach seinen Plänen errichteten Holzpavillon eine Ausstellung statt. „Doch was viele nicht wissen: Thorak ist ein Nazi-Künstler“, sagt Bürgerlisten-Gemeinderätin Ingeborg Haller. Man feiere ihn als Helden, ohne auf seine umstrittene Vergangenheit zu achten.
Josef Thorak galt als Lieblingsbildhauer und großer Sympathisant von Adolf Hitler. Er fertigte Büsten von Hitler, Goebbels und Mussolini an. Als künstlerischer Berater der SS-Porzellanfabrik überwachte er persönlich die Arbeit der Häftlinge im KZ Dachau.
Kritische Betrachtung
Bereits 2007 stellte Haller einen Antrag auf Anbringung erklärender Tafeln, die die Rolle des Künstlers in ein richtiges historisches Licht rücken sollen. Ende des Vorjahres stellte sie einen zweiten – und wartet noch immer auf einen entsprechenden Amtsbericht. „Die Nichtbeantwortung bedeudet, dass man anscheinend keine Freude mit dem Vorhaben hat“, so die Gemeinderätin.
Gemeinsam mit Historikern der Universität Salzburg soll bei den Skulpturen das Leben Thoraks aufgearbeitet werden. Nun, mit dem Start des mehrjährigen NS-Forschungs- und Aufklärungsprojektes der Stadt ist die Thematik aktueller denn je geworden, findet Haller.
Handlungsbedarf besteht für Haller auch in Aigen: Dort benannte Salzburg 1963 eine Straße nach Josef Thorak. Sie spricht von einer Umbenennung – natürlich unter Einbindung der Anrainer. Sollten diese nicht damit einverstanden sein, möchte sie zumindest eine Aufklärungsreihe starten, mit Diskussionsrunden und Tafeln nach dem (geplanten) Vorbild im Mirabellgarten.
NS-Zeit: Meinung gespalten
Was den Nationalsozialismus angeht, sind die Salzburger gespalten. Einer von den Bezirksblättern in Auftrag gegebenen GMK-Umfrage zufolge sind 57 Prozent der Salzburger grundsätzlich an dem Thema interessiert. Aber: Nur 39 Prozent wollen, dass die Geschichte des Nationalsozialismus in Salzburg aufgearbeitet wird, 43 Prozent sind der Meinung, man solle das Thema ruhen lassen. Die meisten Salzburger – nämlich 60 Prozent – sprechen übrigens selten bis nie im Bekanntenkreis über das Thema Nationalsozialismus.
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