"Übergriffe wurden häufiger"

SALZBURG (lg). Passanten, die absichtlich Becher für die Spenden umwerfen, ein Stoß mit dem Ellenbogen, vermehrte Beschimpfungen a la "Geht's endlich heim, jetzt dürfts eh nicht mehr hier sein" - auch das sind einige der Begleiterscheinungen des sektoralen Bettelverbotes, das mit zweiten Juni in Kraft getreten ist. Das Stadtblatt begab sich mit der Salzburger Sozialarbeiterin Alina Kugler, die auch beim Roma-Integrationsverein "Phurdo" arbeitet, auf Lokalaugenschein rund um den Mirabellplatz. "Seit die Diskussion rund um das Bettelverbot aufgeflammt ist, herrscht unter den Notreisenden, so nennen wir die Roma-Bettler, eine verstärkte Angst. Viele fürchten sich, dass sie von der Polizei heimgeschickt werden und sind verunsichert", erklärt Kugler während sie die Roma-Bettlerin "Alina", die in einer Seitenstraße des Mirabellplatzes sitzt, auf rumänisch begrüßt. Alina kommt aus der Siedlung Troislav in dem rumänischen Dorf Pauleasca. Sie ist hier in Salzburg, weil ihre Familie in Rumänien dringend Geld benötigt. "Die Verhältnisse in Pauleasca sind unvorstellbar. Die Hauptstraße ist ein Bach, darum herum auf einem schlammigen Untergrund sind die Hütten errichtet, wo die Menschen wohnen. Eine Infrastruktur ist de facto nicht vorhanden. Diese Menschen kommen her, weil sie in Rumänien nichts haben", erzählt Kugler, die sich bereits selbst ein Bild vor Ort machen konnte. Dass die Übergriffe und die Aggressivität seit dem Beschluss des Bettelverbotes mehr wurden, kann auch die Roma-Bettlerin Alina bestätigen. "Eine Frau ist hergekommen und hat mir Wasser ins Gesicht gespritzt und gesagt, dass wir jetzt alle nach Hause gehen müssen. Auch ich habe Angst, weggeschickt zu werden. In Rumänien habe ich nichts, wovon wir leben können", erzählt sie auf rumänisch während Kugler als Dolmetscherin und Vertrauensperson für die Notreisenden agiert. Verunsicherung herrsche auch dahingehend, auf welchen Plätzen und Gassen das stille Betteln nun verboten ist. "Wenn ich auf meinen Rundgängen durch die Stadt die Notreisenden besuche, dann ist eine der ersten Fragen immer 'Darf ich hier sitzen?'", erzählt Kugler. Neben ihr sorgen auch Sozialarbeiter der Caritas für Information, verteilen die Zetteln an die Bettler und erläutern das Verbot. Auch die Polizei setzt auf Information - vorerst noch. In rund zwei Wochen müssen Bettler bei Missachtung des Verbotes mit Geldstrafen rechnen. Dass die Roma-Bettler nun verstärkt in Richtung Einkaufszentren und Wohnsiedlungen ausweichen, kann Kugler nicht bestätigen. "Sie weichen auf jene angrenzenden Seitengassen aus, die vom Verbot ausgenommen sind." Für Kugler ist der Beschluss des Bettelverbotes ein "Affront in der Menschenrechtsstadt Salzburg. Betteln ist ein Grundrecht, das zu verbieten ist ein schlimmes Zeichen." Ein Zeichen, das laut Kugler auch zu Selbst-Ermächtigungen führt. "Leider Gottes nehmen viele das zum Anlass, um die Notreisenden auf aggressive Weise auf das Verbot aufmerksam zu machen", berichtet die Sozialarbeiterin und fügt hinzu: "Daneben gibt es aber auch viele Salzburger, die sich mit den Notreisenden solidarisch zeigen, sie unterstützen und sich um sie kümmern. Das darf man auch nicht unerwähnt lassen."

Nach Ansicht Kuglers müsse man vermehrt im Bereich Transnationale Bildung ansetzen, Alphabetisierungs- und Deutschkurse für die Notreisenden anbieten und sozialarbeiterische Maßnahmen für die Bettler verstärken. Um das Thema grundlegend anzugehen, würde es laut Kugler einer Systemumstellung bedürfen. "Da müsste man in Rumänien ansetzen, die dortige Regierung in die Verantwortung ziehen. Einzelne Projekte sind gut und wichtig, aber eben oft nur ein Tropfen auf dem heißen Stein." Ein Tropfen auf dem heißen Stein sind wohl manchmal auch die Geldspenden, die an einem Tag in den aufgestellten Bechern der Bettler landen - während des halbstündigen Gesprächs mit Roma-Bettlerin Alina landete kein Cent von Passanten in ihrem Becher.

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