Vizebgm. Martin Panosch: „ÖVP treibt uns in Arme der Anderen“

Die Bürgerliste und sogar die FPÖ würden sich staatstragender verhalten als die ÖVP, sagt Stadtrat Martin Panosch (SPÖ). Warum er dennoch kein Koalitionssystem bevorzugt und wie er seine Freunde auf Facebook unterhält, erzählt er im Stadtblatt-Interview.

STADTBLATT: ÖVP und SPÖ in der Stadtregierung können nicht gut miteinander.
MARTIN PANOSCH: „Was ich mir wieder herbeiwünsche, ist die alte, staatstragende ÖVP. Immer, wenn es ein Projekt gibt, dass der SPÖ zugeschrieben wird, dann holt die ÖVP die größte Keule heraus und schlägt darauf ein. Und das macht das Regieren schwierig.“

STADTBLATT: Regiert Rot-Grün?
MARTIN PANOSCH: „Wir werden sehr oft in die Arme der Grünen, aber auch in die der Freiheitlichen getrieben. Und der Umgang der Landes-ÖVP mit uns ist auch nicht der Stilvollste.“

STADTBLATT: Inwiefern?
MARTIN PANOSCH: „Es herrscht ein rauer Ton und einer Verrohung der Sitten. Da braucht man sich über den mangelnden Respekt der Bürger vor der Politik nicht wundern.“

STADTBLATT: Beim Proporzsystem – wie es in der Stadt ist – sind die stärksten Fraktionen automatisch an der Regierung beteiligt. Würden Sie sich manchmal ein Koalitionssystem wünschen, bei dem sich der Stärkste den Koalitionspartner aussucht?
MARTIN PANOSCH: „Die Hoffnungen, die ich an den Wegfall des Proporzes geknüpft habe, haben sich nicht erfüllt. Möglicherweise weil wir in Österreich – anders als etwa in Großbritannien – kein parlamentarisches Selbstverständnis entwickelt haben. Anstatt eines Gegengewichtes ist der Landtag nur der verlängerte Arm der Landesregierung. Und in einer Koalition ist man dem Partner ausgeliefert – obwohl man mit anderen Partnern und einer echten direkten Demokratie vielleicht mehr weiterbrächte. Sich Mehrheiten mit der FPÖ zu suchen, so wie wir es im Gemeinderat machen, das geht in einer Koalition nicht.“

STADTBLATT: Sie haben Übergangswohnungen für Frauen – und deren Kinder – in schwierigen Lebenssituationen eingeführt. Wie sehr werden die angenommen?
MARTIN PANOSCH: „Wir haben derzeit fünf solche Wohnungen und drei bis vier Frauen haben ihr Interesse bekundet und eine Wohnung ist derzeit belegt. Das ist ein relativ neues Angebot und muss sich erst einspielen. In einem Jahr werden wir wissen, ob wir mit den fünf auskommen oder auf zehn erhöhen.“

STADTBLATT: Die Stadt Salzburg hat bisher noch keinen einzigen Quadratmeter Vorbehaltsflächen für sozialen Wohnbau ausgewiesen – obwohl sie das seit dem neuen Raumordnungsgesetz tun hätte können.
MARTIN PANOSCH: „Wir haben ja gerade erst das REK fertig gemacht und sind dabei die Entwicklungszonen für die Zukunft auszuweisen. Die Vorbehaltsflächen sind ein notwendiges Instrument, aber man kann Wohnbau nicht wie einen Lichtschalter an- und ausknipsen. Da reden wir von Entwicklungszeiträumen von fünf Jahren und mehr. Aber: Wenn man hier einmal etwas übersieht, dann zieht man einen Rattenschwanz an Problemen hinterher. Und beim Thema Wohnbau setzten wir zusätzliche Schwerpunkte wie „Wohnen im Alter oder Barrierefreiheit.“

STADTBLATT: Apropos Barrierefreiheit: Weil Sie vorhin über direkte Demokratie gesprochen haben: Das Rathaus und damit die Gemeinderatssitzungen sind immer noch nicht barrierefrei zugänglich.
MARTIN PANOSCH: „Nein, aber der Lift kommt, der Baubeginn kann nicht mehr allzu weit weg liegen, ich bin aber nicht mehr dafür zuständig, das ist jetzt Baustadträtin Claudia Schmidt. Aber es ist hoch an der Zeit, dass das Rathaus barrierefrei wird.“

STADTBLATT: Die Stadt muss sparen, die Verwaltung effizienter werden. Wo sehen Sie in Ihren Ressortbereichen Möglichkeiten, Aufgaben, Kosten und Personal einzusparen?
MARTIN PANOSCH: „Fakt ist, wir müssen bei den laufenden Kosten sparen, sonst geht uns das Geld für Leistungen aus. Und da werden wir nicht drum herumkommen, unsere Strukturen schlanker zu machen. Dabei sollten wir nicht schon vorher alles klein reden und uns in Schützengräben einzementieren. Ein bisschen mehr Gelassenheit täte hier Allen gut.“

STADTBLATT: Immer wenn es um das Thema Verwaltungsreform geht, schreit automatisch die Personalvertretung auf. Und dann rudert die Politik zurück.
MARTIN PANOSCH: „Die Personalvertreter haben nur einen Blickwinkel – nämlich die Interessen der Magistratsbediensteten zu vertreten. Wir Politiker hingegen müssen alle Blickwinkel im Auge haben. Ich habe mir die jetzt auf dem Tisch liegenden Vorschläge vorurteilsfrei angeschaut und finde dort sehr viel Vernünftiges. Aber es wird auch das Eine oder Andere geben, über das ich sicher diskutieren werden.“

STADTBLATT: Wo konkret sehen Sie Einsparungspotenzial?
MARTIN PANOSCH: „Das werde ich jetzt sicher nicht hier besprechen. Aber es gibt sicher Bereiche, in denen es nicht möglich sein wird, einzusparen: das sind etwa die Seniorenheime.

STADTBLATT: Viele Eltern haben das Gefühl, dass die schulische Nachmittagsbetreuung nur ein schlechteres Angebot für ihre Kinder ist: Es fehlen pädagogisch Konzepte, aber auch Räume, in der eine kindgerechte Freizeitgestaltung möglich ist. Sehen Sie selbst da auch solche Unterschiede?
MARTIN PANOSCH: „In beiden Fällen sind Pädagogen am Werk – die Einen sind Kindergartenpädagogen, die Anderen ausgebildete Lehrer. Was am ehesten ein Problem ist, sind die starren Zeiten. Denn laut Gesetz ist Nachmittagsbetreuung gleichzusetzen mit Schulzeit. Und da kann man nicht kommen und gehen wie in einem Kaffeehaus. Sonstige Unterschiede gibt es höchstens noch bei den Räumlichkeiten, weil das Hortgesetz hier sehr hohe Vorgaben hat. Was wir also tun müssen – und das tun wir auch – ist, die Schulstandorte auszubauen und damit tauglich für die Nachmittagsbetreuung zu machen. Im Übrigen glaube ich, dass sich hier die Eltern oft mehr Sorgen machen als die Kinder – mein Sohn Paul ist in der Nachmittagsbetreuung und er fühlt sich dort sehr wohl.“

STADTBLATT: Sie sind als Vizebürgermeister auf Facebook vertreten – welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
MARTIN PANOSCH: „Für mich war das ein Anfreunden mit dem Phänomen Facebook und ich freue mich immer, wenn jemand ein ‚Fan‘ von mir wird oder ich manchmal alte Weggefährten wiederfinde, die ich aus den Augen verloren hatte. Die meisten Einträge schreibe ich übrigens wirklich selbst.“

Interview: Stefanie Osman-Schenker

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