Patientenverfügung: "Will ich das im Notfall immer noch?"

- Bis zu 40 Personen erstellen jährlich im Notariat Schärding eine verbindliche Patientenverfügung.
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Eine Patientenverfügung ermöglicht es, bis zum Lebensende autonom zu bleiben – aber was ist das Für und Wider? Die BezirksRundschau hat nachgefragt – bei Notfallmediziner Thomas Meindl, Notar Bernhard Eder und beim Palliativteam Innviertel.
BEZIRK SCHÄRDING (ska). Mit dem Sterben setzt sich kein Mensch gerne auseinander: Nur eine Handvoll Personen sind es im Landeskrankenhaus Schärding im Jahr, bei denen auf eine Patientenverfügung Rücksicht genommen werden muss. Das teilt Thomas Meindl, Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin sowie Ärztlicher Direktor, mit.
Mit einer Patientenverfügung kann festgelegt werden, welche Behandlungen im Falle eines Unfalls oder einer unheilbaren Krankheit zu unterlassen sind. Diese Möglichkeit besteht in Österreich seit 2006. In Anspruch genommen wird sie aber immer noch selten.
Im Notariat Schärding sind es laut Notar Bernhard Eder "überschaubare 30 bis 40 Personen", die eine Patientenverfügung wünschen. Viel mehr auf dem Vormarsch sei die sogenannte Vorsorgevollmacht. Diese ermöglicht es, einer ausgewählten Person, etwa dem Ehepartner, zu entscheiden, wenn der Patient selbst seinen Willen nicht mehr kundtun kann. In Verbindung mit einer verbindlichen Patientenverfügung sei diese Vorsorgevollmacht das "beste Modell", wie Eder beschreibt. "Die verbindliche Verfügung geht nach fünf Jahren automatisch in eine beachtliche über. So muss man nur einmal zahlen und hat dennoch vorgesorgt", erklärt der Notar. Mehr zum Unterschied zwischen beachtlicher und verbindlicher Patientenverfügung lesen Sie unten.
Anfang Februar dieses Jahres gab Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bekannt, die Patientenverfügung reformieren zu wollen. Die Laufzeit soll von fünf auf acht Jahre verlängert werden. Und: Die Patientenverfügung soll zentral in der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) gespeichert werden.
"Möchte der Patient das, was er festgelegt hat, in der entscheidenden Minute immer noch?"
Thomas Meindl, Ärztlicher Direktor am LKH Schärding
Denn bisher obliegt es dem Patienten, beziehungsweise dessen Angehörigen, die Dokumente vorzuweisen. "Wir in der Notfallmedizin müssen nicht nach der Patientenverfügung suchen", beschreibt Meindl vom LKH Schärding. "Solange wir sie nicht in der Hand halten, gibt es sie für uns de facto nicht." Meindl steht was die Patientenverfügung betrifft auf der Seite der Kritiker. Er stellt die grundsätzliche Frage: "Möchte der Patient das, was er festgelegt hat, in der entscheidenden Minute immer noch?" Außerdem gibt er zu bedenken: "Der Hausarzt ist zwar der Arzt des Vertrauens, aber nicht der Arzt, der damit konfrontiert wird." Meindl ist der Meinung, dass eine intensivmedizinische Aufklärung hier zu kurz kommt. "Es sollte darauf vertraut werden, dass Patient oder Angehörige mit den Medizinern und dem Pflegepersonal auf ethischer, kommunikativer Basis die richtige Entscheidung treffen."
Eine Rolle spielt eine Patientenverfügung nicht nur für das Krankenhaus, sondern auch etwa für das Mobile Palliativteam Innviertel. Dieses betreut unheilbar kranke Menschen, die in den letzten Wochen ihres Lebens zu Hause bleiben möchten. Von den 80 Klienten im Jahr haben etwa zwei eine Patientenverfügung, teilt Leiterin Gabriele Sternbauer-Leeb auf Anfrage mit. "Diese Willensäußerung ist auf jeden Fall zu akzeptieren", sagt sie. Die Hospiz-Expertin ist der Meinung, dass Menschen mithilfe einer Patientenverfügung ihre Selbstbestimmtheit so lange wie möglich wahren möchten. "Und sie möchten ihre Angehörigen bei der Entscheidung über lebensverlängernde Maßnahmen unterstützen", sagt sie.
Zur Sache: Beachtliche vs. Verbindliche Patientenverfügung
Es gibt zwei Arten von Patientenverfügungen – die verbindliche und die beachtliche. An die verbindliche Verfügung sind Arzt, Pflegeteam und Angehörige ausnahmslos gebunden. Besteht eine beachtliche Verfügung müssen alle Beteiligten auf den Willen des Patienten Bedacht nehmen. Sie sind aber nicht unter allen Umständen daran gebunden. Eine verbindliche Patientenverfügung muss alle fünf Jahre verlängert werden. Geschieht das nicht, geht sie automatisch in eine beachtliche über.
Und so funktioniert's:
Im Internet gibt es verschiedene Plattformen, die Formulare für die Patientenverfügung anbieten. Auch beim Hausarzt sind diese auf Anfrage erhältlich. Der Hausarzt ist es auch, der mit dem Patienten das Formular ausfüllt und die Situationen bespricht, die sich gesundheitlich einstellen können. Wird eine verbindliche Patientenverfügung erstellt, braucht es zusätzlich einen Termin beim Notar oder Rechtsanwalt.
Achtung: Kommt der Patient akut ins Krankenhaus, haben die Ärzte nicht die Pflicht, nach einer Patientenverfügung zu suchen. Der Patient oder seine Angehörigen müssen selbst darauf hinweisen. Hilfreich ist eine Karte, die zur e-card dazugesteckt wird. Vorlagen gibt es im Internet.
Mehr Infos auf: www.patientenverfuegung.or.at oder www.bmf.gv.at
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