Geschichten zum Fürchten
"Moderne Sagen" aus dem Bezirk Schärding
Der gebürtige Enzenkirchner Roger Allmannsberger sammelt "Moderne Sagen" – auch aus dem Bezirk Schärding sind einige dabei.
BEZIRK SCHÄRDING (bich). Der Bruder des Freundes einer Bekannten hat von seiner Nachbarin eine unglaubliche Geschichte erzählt bekommen. So oder ähnlich beginnen "moderne Sagen", die auch als "Urban Legends" bezeichnet werden. Und sie erzählen von außergewöhnlichen Ereignissen und unglaublichen Erscheinungen, die Angst und Unbehagen bereiten, weil sie klingen, also wären sie tatsächlich passiert.
Drei Beispiele gefällig? Eine Schülerin aus St. Willibald hätte etwa auf dem Nachhauseweg von der Schule neben einem Haus ein schwarzes Kreuz gesehen. Am nächsten Tag wurde ein Mädchen an der Bushaltestelle von einem Bus überrollt und starb. Sie lebte in genau diesem Haus. Beim Steinbruch zum "Roten Kreuz" in Raab, seien auf dort aufgenommenen Fotografien Menschen zu sehen gewesen, die im See tödlich verunglückt waren. Und in den 1990er-Jahren ging bei größeren Partys in Eggerding und St. Marienkirchen das Gerücht um, mehrere Personen seien von einem Unbekannten mit einer HIV-infizierten Spritze gestochen worden.
Erheben Anspruch auf Glaubwürdigkeit
"Der Wahrheitsanspruch und die mündliche Überlieferung sind verbindende Elemente alter und moderner Sagen. Die behandelnden Motive haben sich jedoch bei letzteren grundlegend verändert und sich vom Volksglauben großteils gelöst", berichtet Allmannsberger. So spielen die Geschichten im Hier und Jetzt und drehen sich um Bereiche wie "Auto und Verkehr", "Urlaub und Fremde", "Essen und Trinken", "Medizin und Drogen", "Außerirdische" oder Haus und Wohnung". Während in klassischen Sagen der Teufel, Dämonen und der Tod zu den Hauptprotagonisten zählen, sind diese in Modernen Sagen fast gänzlich ausgestorben.
Auch Fernsehen, Radio, Zeitung und das Internet spielen bei der Entstehung von "Urban Legends" eine wichtige Rolle, denn:
"Moderne Sagen entstehen aus einem Wechselspiel zwischen mündlichen Überlieferungen und Medien", berichtet der Historiker.
Werden sie in erster Linie übers Netz und moderne Social Media-Plattformen verbreitet, so nennen Wissenschafter sie "creepy pasta" – abgeleitet vom englischen "copy and paste", da die Geschichten hauptsächlich in dieser neuen Form der Kommunikation übermittelt werden.
Fehlende Quelle verweist auf "Urban Legends"
Doch wie erkennt man, ob eine unglaublich klingende Geschichte echt ist oder eher zu den "Modernen Sagen" zählt? "Als ausgebildeter Historiker würde ich sagen, wenn der Quellenverweis fehlt", meint Allmannsberger. Darauf verweise etwa die foaf-Formel, wenn die Geschichte etwa vom "friend of a friend" stamme. Nicht wenige Historiker hätten sich, so der Experte, schon auf die Suche nach dem "wahren" Ursprung der einen oder anderen "Urban Legend" gemacht, diese oft über hunderte von Kilometern und Jahren verfolgt und das Ergebnis sei immer ernüchternd gewesen: "Den ersehnten 'wahren Kern' findet man selten bis gar nicht," so Allmannsberger.
Sammlung "Moderner Sagen" aus Bezirk Schärding online
Der Historiker Roger Allmannsberger sammelt seit beinahe 20 Jahren "Moderne Sagen". Ein Großteil davon stammt aus dem Bezirk Schärding. Einige davon hat er als E-Book unter dem Titel "Die unheimliche Anhalterin - Moderne Sagen aus Schärding" herausgebracht.
Wer sich in das Thema einlesen möchte, hat dazu auf folgender Homepage die Gelegenheit: www.zeitenblicke.eu/forschungsauftraege/. Roger Allmannsberger publizierte dort 25 Moderne Sagen aus dem Bezirk Schärding.
Kennen Sie auch eine "Urban Legend", die hier bei uns spielt? Hat Ihnen ein Bekannter von einer unglaublichen Geschichte berichtet, die einem Freund passiert sei? Roger Allmannsberger würde sie gerne in seine Sammlung aufnehmen. Schicken Sie sie uns an schaerding.red@bezirksrundschau.com
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