Interview Silvio Vitale
Steht die Baubranche vor einem Umbruch?
Silvio Vitale, Geschäftsführer von Waizenauer, spricht im Interview über die Entwicklung der Baubranche.
TAUFKIRCHEN AN DER PRAM. Wie er die Entwicklung der Auftragslage einschätzt und was sich in den nächsten zehn Jahren ändern könnte.
Wie würden Sie die Stimmung in der Baubranche beschreiben?
Durchwachsen, es herrscht viel Unsicherheit. Vor allem bei den Preisen sind keine Planung möglich, da wir täglich mit Ankündigungen von Preissteigerungen konfrontiert sind. Auch in Bezug auf die Auftragssituation fürs kommende Jahr ist Nervosität zu spüren.
Wie wird sich die Auftragslage 2023 entwickeln?
Die Auftragslage für 2023 abzuschätzen, käme fast Kaffeesudlesen gleich. Es gab aber auch schon heuer viele Verschiebungen von Bauvorhaben in eine "sicherere", besser planbare Zeit. Bei Waizenauer waren es heuer immerhin circa 30 Projekte, die schon während der Angebotsphase gestoppt wurden. Es wird keinesfalls auf dem bisherigen Niveau bleiben. Vor allem der Neubau von Einfamilienhäusern wird rückläufig werden, schon aufgrund der geänderten Finanzierungsbedingungen.
Gibt es Unterschiede zwischen Privatbauten, Firmen oder dem öffentlichen Sektor?
Im Gewerbe- und Industriebau bemerken wir den geringsten Rücklauf, auch wenn hier das Niveau der letzten drei Jahre bei Weitem nicht erreicht werden wird. Privatbauten, vor allem im Wohnhausbau, sind sehr stark eingeschränkt. Das öffentliche Bauvolumen im Hochbau ist ohnehin schon seit Jahren auf Sparflamme. Im Infrastrukturbereich ist noch immer großer Nachholbedarf, bestes Beispiel dafür ist der Zustand der Straßen.
Wie steht es um die Auftragslage bei Waizenauer für 2023?
Unsere Auftragslage ist derzeit auf dem Niveau vor Einsetzen der Pandemie 2020. Also noch normal, obwohl man einen Rückgang der ausgeschriebenen Projekte bemerkt – ein Zeichen dafür, dass jetzt notwendige Investitionen nach hinten verschoben werden.
Wie wird sich die Baubranche in den nächsten 5 bis 10 Jahren entwickeln?
Der zu verteilende Kuchen wird kleiner werden, was die Projekte betrifft. Die Organisation auf den Baustellen wird sich verbessern müssen, um auf den sich verändernden Markt zu reagieren. Die Umnutzung bestehender Gebäude muss durch Restriktionen bei Umwidmungen, Gewerbeverfahren und auch in preislicher Hinsicht wieder mehr angedacht werden. Versiegelung der Oberflächen, Flächenausnutzung und nachhaltige, umweltschonende Maßnahmen müssen mehr berücksichtigt werden. Auch Digitalisierung wird im Baugewerbe wichtiger: Ob sich BIM (Building Innovation Modeling) durchsetzen wird – was meines Erachtens wünschenswert wäre – wird sich wohl in den nächsten fünf Jahren zeigen. Durch die in Österreich herrschende Baukultur wäre der flächendeckende BIM-Einsatz mit viel Aufwand verbunden. Vor allem kleinere Handwerksbetriebe können das momentan nicht leisten.
Welche Trends gibt es in Sachen Bauen und Wohnen?
Generell ist ein Trend zu umweltbewussterem und nachhaltigerem Bauen spürbar.
Welche Tipps würden Sie privaten Häuslbauern geben?
Gut geplant ist halb gebaut. Nur ein Fachmann bringt die notwendige Kompetenz mit, eine Baustelle sorgenfrei für den Bauherrn abzuwickeln. Eine Vorstellung, wie das Traumhaus aussehen soll, verbunden mit einer umsichtigen Planung, kann viel Ärger und Kosten ersparen. Und noch ein Sprichwort: Wer billig kauft, kauft teuer. Ein Haus baut man wahrscheinlich nur einmal, da sollte nicht nach ein paar Jahren saniert werden müssen.
Ein Wunsch-Projekt?
Um weiterhin erfolgreich wirtschaften zu können, braucht es eine möglichst große Auslastung. Das Lentos in Linz würde ich gerne nochmal baue
Ihr eigenes Traumhaus in drei Worten?
Funktionell, großer Bereich zum Kochen und Essen, stilvoll.
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