RMagazin Buchtipp: Ulrike und Manfred Jacobs: „Sisis Vermächtnis“
Wiener Geldsegen für normannische Küste – von Mirjam Dauber
Das ist der Stoff, aus dem Romane sind: eine Familie mit Geschichte im herrschaftlichen Wien, ein verschlafenes Nest an der Küste der Normandie mit überraschend aufgeweckten und gewitzten BewohnerInnen, historische Verstrickungen, eine leidenschaftliche Liebe auf den ersten Blick und nicht zuletzt ein unverhoffter Geldsegen, der Personen in Bedrängnis und einen Staat in den vermeintlichen Ruin treibt. Dr. Joseph Kaiser, Wiener Jurist mit Hang zum Schöngeistigen, wird dank mütterlicher Einflussnahme zu höheren Weihen berufen. Als neuer Direktor der staatsnahen Stiftung für Kultur verwaltet er ein seit vielen Jahrzehnten geschickt gemehrtes Vermögen. Gleich am ersten Arbeitstag erreicht ihn ein Schreiben eines neu gewählten französischen Provinzbürgermeisters mit der Bitte um die fällige Erhöhung der jährlichen Zuwendung aus der Stiftung. Warum um alles in der Welt zahlt eine österreichische Stiftung eine erkleckliche Summe an ein kleines Dorf in der Normandie und das noch dazu seit dem 19. Jahrhundert? Beflissen, diensteifrig, um Gerechtigkeit und Klarheit bemüht, reist Kaiser nach Frankreich und forscht auf eigene Faust. Dort durchschaut er eine eilig zusammengeschachtelte Provinzposse, verliebt sich nebenbei in die auf der Leuchtturminsel beheimatete Tierärztin Elisabeth Doutreleau und versucht zu ergründen, was Sisi von Österreich seinerzeit dazu veranlasst hat, aus ihrer Privatschatulle eine wahnwitzig hohe Leibrente zu stiften. Zwei einnehmende Hauptfiguren, skurril-authentische NebendarstellerInnen, Lokalkolorit und ein geschickter Spannungsbogen: dem schreibenden deutsch-österreichischen Ehepaar Ulrike und Manfred Jacobs ist ein Roman reich an Intrigen gelungen, der manche Geheimnisse lüftet und manche bewahrt, der schließlich auf ganz eigene Art vergnügliche Lesestunden beschert. (md)
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