Interview
Landespolizeidirektor Helmut Tomac über die Exekutive und ihre Herausforderungen

LPD Helmut Tomac ist ein Mann klarer Worte. Die Polizei ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert.  | Foto: Walpoth
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  • LPD Helmut Tomac ist ein Mann klarer Worte. Die Polizei ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert.
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Helmut Tomac trat im Jahr 1988 in die damalige Bundesgendarmerie ein und ist heute Landespolizeidirektor. Nach der Grundausbildung hat er Streifendienst versehen, die Aufnahme in den leitenden Dienst erreicht und nach der Offiziersausbildung nebenberuflich das Jurastudium absolviert. 2003 bis 2005 konzipierte er bundesweit verantwortlich die Planstellenbewirtschaftung des 2005 neu entstandenen Wachkörpers Bundespolizei. Nach seiner Referententätigkeit für die Innenminister Platter und Fekter wurde er 2008 Landespolizeikommandant von Tirol.

STANS/SCHWAZ (fh) Nach der Behördenreform 2012 – an der er ebenfalls führend mitwirkte – erster Landespolizeidirektor von Tirol. Mit Jänner 2020 holte ihn Innenminister Nehammer als Generalsekretär an seine Seite nach Wien. Auch Innenminister Karner setzte auf seine Expertise und übernahm ihn 2022 weiterhin als Generalsekretär und damit als höchsten Beamten im Innenministerium. Anfang März 2023 ist Tomac wieder als LPD nach Tirol zurückgekehrt. Tomac ist ein Mann klarer Worte und weiß, dass die Exekutive mit der Zeit gehen muss. Im BB-Interview erklärt der charismatische Staner wie er die Führung der Polizei anlegt und worauf es ankommt.

BB: Wie geht es Ihnen seit der Rückkehr aus dem Innenministerium nach Tirol. War es eine große Umstellung wieder in die Heimat zurückzukehren?
TOMAC: "Die Rückkehr ist genau so verlaufen wie geplant. Ich wurde damals gefragt als Generalsekretär im Innenministerium nach Wien zu gehen und habe damals schon intern klargestellt, dass ich wieder als Landespolizeidirektor nach Tirol zurückkommen und in das neue Sicherheitszentrum in Innsbruck übersiedeln werde. Die Jahre in Wien waren sehr anspruchsvoll, denn ich war in der Bundeshauptstadt gleich von Beginn an mit einer Serie von Krisen konfrontiert. Das Ganze begann mit einem Cyberangriff im Außenminsterium. Einen Monat später kam die Pandemie und mit der Migrationsproblematik war man ohnehin durchwegs beschäftigt. Am 2. November 2020 kam es dann zum Terroranschlag in Wien und das war schon eine massive Herausforderung. Neben der Bewältigung all dieser Krisen galt von Anbeginn meiner Funktion ein Hauptaugenmerk der Neuorganisation des Verfassungsschutzes. Nach illegalen Hausdurchsuchungen im BVT kam dieses Amt über Monate in der öffentlichen Diskussion nicht mehr zur Ruhe. Es galt unter meiner Verantwortung einen „Reset“ zu machen und diesen Dienst völlig neu aufzustellen. Trotz all der Krisenbelastungen ist dies binnen eines Jahres gelungen. Die DSN (Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst) löste mit 1. Dezember 2020 das BVT ab. Besonders hervorzuheben ist, dass die dafür erforderlichen Rechtsgrundlagen im Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen wurden."

BB: Waren Sie bei der Planung des Sicherheitszentrums von Beginn an dabei?
TOMAC: "So ein Projekt wird nicht irgendwo initiiert. Vielmehr müssen die örtlichen Verantwortungsträger einen solchen Gedanken entwickeln und alle „möglichen und unmöglichen Stellen“ vom Bedarf und der Wirtschaftlichkeit überzeugen. Darüber hinaus sind auf dem Weg zur Umsetzung unglaubliche Hürden zu überwinden. Ja, ich kann bei aller Bescheidenheit sagen, dass ich den Gedanken aufgegriffen und vorangetrieben habe. Mit der Zeit habe ich „Mitstreiter“ gewonnen und so sukzessive ein für Tirol historisches Projekt in Umsetzung bringen können. 2015 erfolgte mit einem bemerkenswerten Grundstückstransfer der Durchbruch für den Standort Kaiserjägerstraße und damit für das Projekt. Dabei war die Unterstützung des Landes Tirol sowie von einzelnen Funktionsträgern in Innsbruck von entscheidender Bedeutung. Ja, ich war und bin bei jedem Schritt hin zum Sicherheitszentrum mit dabei. Unter anderem war ich auch Teil der Jury beim Architektenwettbewerb. In die Planungsarbeiten waren schließlich alle Abteilungen involviert und es wurde ein eigenes „Büro Sicherheitszentrum“ eingerichtet.

BB: Bei der damaligen Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie waren Sie maßgeblich beteiligt. Würden Sie rückblickend sagen, dass das ein gute Idee war?
TOMAC: "Die Zusammenlegung der Wachkörper im Jahr 2005 war zweifellos eine historische und unglaublich wichtige, richtige Reform. Ich war nach Abschluss meines Jus-Studiums damals Personalchef der Gendarmerie und wurde 2003 angefragt, österreichweit in einem Reformteam (Team04) mitzuwirken. Zwei Jahre haben die sehr umfassenden Projektierungsarbeiten in Anspruch genommen, ehe die Reform im Juli 2005 umgesetzt wurde. Dass das Ganze umgesetzt wurde ist keineswegs selbstverständlich. Vielmehr wurde vorher über dreißig Jahre lang vergebens versucht die Wachkörper zusammenzuführen. Dass es dieses Mal gelungen ist, ist nicht nur einem tollen Team zu verdanken, sondern auch der Entschlossenheit der damaligen politischen Verantwortungsträger. Die Erfahrungen seit 2005 haben mit all den Großereignissen und Katastrophen deutlich gezeigt – die Reformen 2005 und 2012 (anknüpfende Behördenreform) waren unverzichtbar. Aus 69 Kommanden und Direktionen wurden 9 (!) Landespolizeidirektionen geschaffen und damit eine flache, schlanke Struktur, die rasche Entscheidungen ermöglicht und einen effizienten Einsatz sicherstellt. Dass die Wachkörperreform (2005) und die Behördenreform (2012) in zwei Schritten erfolgten war der Überlegung geschuldet, die Dimension der Veränderung nicht unüberwindbar zu machen und den Reformerfolg sicher zu stellen. Diese Reform war einschneidend, zukunftsweisend und vor allem auch politisch sehr mutig, denn viele haben hier Funktionen verloren und dass das nicht einfach ist, muss nicht weiter erklärt werden."

BB: In einem Interview haben Sie einmal von der Effizienz der Polizeiarbeit gesprochen. Ist die Polizei effizient bzw. wo gibt es Verbesserungsbedarf?
TOMAC:
"Dass eine Organisation wie die Polizei sich permanent verändern und den Gegebenheiten anpassen muss, ist für mich eine Grundnotwendigkeit. Oft hört man dass die Beamten reformmüde sind, aber für mich gibt's so etwas nicht. Wer sich nicht weiterentwickelt bleibt stehen und ist nicht mehr am Puls der Zeit. Das ist bei uns gerade auch jetzt besonders wichtig, weil sich die Polizei mit dem Wandel des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der technischen Entwicklung massiv verändert. Derzeit ist die Kriminaldienstreform in Österreich im Gange und das ist eine Reaktion darauf, dass sich das Kriminalitätsgeschehen zusehends in den Cyberbereich bzw. den virutellen Raum verlagert. Die Polizistinnen und Polizisten auf den Dienststellen sind tagtäglich damit konfrontiert, dass Leute zu ihnen kommen, die über Sachverhalte im Internet Anzeige erstatten. Die technische Entwicklung wird immer rasanter und der Ermittlungsradius immer globaler. Da als Polizei Schritt zu halten ist eine riesengroße Herausforderung. Wir müssen uns gerade im Cyberbereich nachhaltig weiterentwickeln und das ist eigentlich der Hauptpunkt für diese Kriminaldienstreform. Erst kürzlich hat Innenminister Karner das von mir als Generalsekretär in Auftrag gegebene Projektergebnis zur Umsetzung freigegeben und es werden hier österreichweit über 700 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Auf Bezirksebene werden in Polizeiinspektionen Kriminaldienstgruppen eingerichtet, in Regionen Kriminalassistenzdienststellen geschaffen und dort Spezialisten für Cyberforensik, Tatortarbeit und Prävention eingesetzt. Sie stehen den Polizistinnen und Polizisten, die als Generalisten agieren, als Unterstützung, als Rückfallsebene und Koordinatoren zur Seite. Auf Landesebene wird das Landeskriminalamt mit einem Schwerpunkt auf Cyberforensik und -ermittlungen organisatorisch angepasst. Auch ein Cybertrainingszentrum wird dort eingerichtet und damit jede Polizistin, jeder Polizist „cyberfit“ gemacht. Es wird immer wichtiger für die Polizei, dass die Strukturen hier nicht nur national, sondern auch international funktionieren um Täter zu überführen. Das heißt in weiterer Folge, dass dieses Kirchturmdenken im Bezug auf Sicherheit nicht mehr zeitgemäß ist. Ich verstehe gut, dass jeder Bürgermeister gerne eine Polizeiinspektion möchte, aber das ist nicht mehr der Puls der Zeit. Es braucht ein ausgewogenes Maß, dass man weiterhin lokal bei der Bevölkerung ist, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie es vor Jahren noch gegeben war. Dienststellenfusionierungen gab es in Tirol ja schon im Jahr 2014 und da und dort wird es auch künftig Anpassungen geben müssen.

Das Interview führte: Florian Haun

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