RMagazin Buchtipp: Ralf Rünther "Die Badende von Moritzburg"
Ein Sommertag zwischen Konvention und Freiheit
– von Mirjam Dauber
Ob Petra Hartlieb und Ralf Günther, beide Geburtsjahr 1967, persönlich miteinander bekannt sind, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Fakt ist jedoch, dass uns die bekannte österreichische Autorin und Buchhändlerin kurz vor Weihnachten des Vorjahres mit „Ein Winter in Wien“ einen knappen historischen Roman rund um den Dichter Arthur Schnitzler bescherte, eine Liebesgeschichte gepaart mit sozialkritischen Ansätzen. Ersetzt man den Winter durch den Sommer, Wien durch die ländliche Gegend um Dresden, das Milieu der bürgerlichen Dramatiker durch die expressionistischen Maler der Künstlerkolonie „Die Brücke“, dann, ja dann ist man schon fast am Ziel. Verlag (Kindler) und Jahrhundert (das „lange“ 19.) dürfen die gleichen bleiben. „Die Badende von Moritzburg“ ist eine Sommernovelle, schnell zu lesen, fesselnd, prägnant und poetisch. Im Mittelpunkt steht Clara Schimmelpfennick, eine junge Frau aus gutem Hause, Halbwaise, kränklich. So landet die Berlinerin aufgrund ihrer Atemnotanfälle in einem Sanatorium, in dem moderne Heilverfahren zur Anwendung gelangen. Vegetarische Ernährung, Luftbäder, Nährsalze; der junge Arzt Dr. Brandstetter versteht sich sogar auf die Freudsche Psychoanalyse. Doch der Kuraufenthalt bleibt eintönig, die blütenweißen Seiten des Tagebuches mangels Berichtenswertem unbeschrieben. Bis Brandstetter die Frau per Bahn nach Moritzburg schickt, wo ein einzelner Sommertag und eine Begegnung mit Künstlern und ihren Modellen am Wasser dazu führen, dass Clara in eine völlig neue Welt eintaucht. Diese Stunden sprengen ihr vertrautes wie enges Korsett aus Sitte und Moral und bleiben nicht ohne Folgen. Ob Petra Hartlieb und Ralf Günther nun persönlich miteinander bekannt sind oder nicht: im Bücherregal werden sie künftig Seite an Seite stehen. Auf dass sie häufig hervorgeholt werden!
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