RMagazin Schmuckstück: Friedhofskapelle Pfarrkirche Schwaz

Gotische Friedhofskapelle in Schwaz | Foto: Anton Prock
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In dieser Woche begibt sich Historiker Anton Prock auf eine geschichtliche Reise zur gotischen Friedhofskapelle der Pfarrkirche Schwaz. – von Anton Prock

Nördlich der Pfarrkirche Schwaz erhebt sich am Rand des einstigen Friedhofs die einstöckige Friedhofskapelle. Im Erdgeschoss werden in der Michaelskapelle die Verstorbenen bis zum Begräbnis aufbewahrt, im ersten Geschoss befindet sich die Veitskapelle mit einem spätgotischen Flügelaltar.

Tod allgegenwärtig

Früher war für die Bevölkerung der Tod allgegenwärtig. Begräbnisse gab es fast jeden Tag. Viele Menschen starben an Krankheiten, Seuchen und Unfällen. Die Sterberate bei Säuglingen und Kleinkindern war sehr hoch. Auch die Schwangerschaft bei den Frauen verlief nicht immer gefahrlos. Die hygienischen Zustände waren schlecht, die medizinische Versorgung äußerst mangelhaft. Bevor die Menschen am Morgen zur Arbeit gingen, war der Messebesuch meist Pflicht. Ständig wurde man mit dem Tod konfrontiert, während man heute versucht, dieses Thema möglichst zu vermeiden.

Michaelskapelle

Bleiben wir vorerst bei der ebenerdigen Michaelskapelle. Über dem linken Eingang erinnert ein Relief mit einem Totenkopf, Knochen und einer Schlange an die Vergänglichkeit des Körpers. Die Inschrift rechts daneben lässt sich folgendermaßen übersetzen: „Hier liegen wir alle gleich, Ritter, Edel(mann), Arm(e) und auch Reich(e) – 1506“. Das rechte Portal ist mit den Bergwerksgeräten Schlägel und Eisen, dem Wappen der Bergleute und dem der Stadt Schwaz verziert. Es wird von zwei Handsteinen – Gesteinsstücke mit Erzeinschlüssen – flankiert. Das Innere ist von einem Rautennetzgewölbe überzogen. Zu den Kunstwerken zählen Statuen des Hl. Michael aus dem 17. Jh., des gegeißelten Christus aus dem 18. Jh. sowie Reliefs von Christus und von zwei Aposteln (um 1510) aus einer gotischen Ölberggruppe. Besonders wertvoll ist die gotische Kreuzigungsgruppe (um 1510).
Warum ist die Totenkapelle dem Hl. Michael geweiht? Der Erzengel ist mit der Seelenwaage und dem Schwert dargestellt. Er stürzte laut Legende mit seinem Kreuzstab die abtrünnigen Engel vom Himmel in die Hölle hinab. Beim Jüngsten Gericht tritt er als Seelenwäger auf, der die guten und schlechten Tagen der Menschen aufzeigt. Ihm fällt die Aufgabe als Friedhofswächter zu.

Veitskapelle

Eine steile Stiege mit Arkaden führt zur Oberkapelle, die dem Hl. Veit geweiht ist. In die schöne Steinmetzarbeit sind der österreichische Bindenschild (rot-weiß-rot) sowie an der Brüstung eine Kröte, eine Eidechse und eine Schlange, die leider nur mehr in Resten erkennbar sind, eingearbeitet. Kröten und Schlangen halten sich am Erdboden auf und meiden das Sonnenlicht. Sie stehen für das Böse. Eidechsen hingegen suchen die Sonne und symbolisieren das Gute. Häufig geht es in der christlichen Kunst um die Darstellung des Kampfes zwischen Gut und Böse, zwischen dem Glauben und dem Unglauben, wobei immer das Gute, also der Glaube, siegt. Dieses Gute wird durch das Wort Gottes verkündet. Durch ein breites Portal mit reicher Schlosserarbeit von Meister Andre (1509) gelangt der Besucher in die Veitskapelle. Sie weist ein schönes spätgotisches Rautensterngewölbe auf und beherbergt als große Kostbarkeit den Veitsaltar, einen gotischen Flügelaltar des Meisters Christof Scheller aus Memmingen im Allgäu (1510/11). Leider ist der Altar nicht öffentlich zu besichtigen.
Der Hl. Veit, auch Vitus genannt, wird in Tirol als Bauernheiliger häufig verehrt. Er erlitt zahlreiche Martern, wobei er meist in einem Kessel mit siedendem Öl dargestellt wird.
Nur wenige Schritte von der Kapelle entfernt steht ein einzelnes Grabkreuz. Der kleine Mittelteil kann aufgeklappt werden und berichtet von einem verstorbenen Dekan. Interessant ist jedoch die kleine Metalltafel darunter: „Ehemaliger Armenfriedhof. Auf der Nordseite der Kirche wurden Arme, Konfessionslose und unschuldige Kinder bestattet.“ 

Zum Autor:

Anton Prock ist nicht nur Direktor der NMS 1 Jenbach, sondern auch Kunsthistoriker und als solcher seit über 20 Jahren in der Ausbildung der Tiroler Fremdenführer tätig. Mehr Informationen auf www.antonprock.at

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