Illegale Erinnerungen an die "schönste Zeit im Jahr"
Vom Fernseher bis Korallenaschenbecher: Was Urlauber so alles mitgehen lassen.
BEZIRK SPITTAL. Was haben Fernseher, Bobbycars, Bademäntel und Klobrillen gemeinsam: Sie gehören zu den illegalen "Souvenirs", die Urlauber gerne aus Hotels mitgehen lassen. Jetzt, zum Ende der Saison, ziehen die Gastgeber Bilanz. Auch darüber, was im Laufe der vergangenen Monate so alles abhanden gekommen ist. Die WOCHE hat sich umgehört.
Der absolute "Renner" sind Bademäntel und Handtücher, vor allem dann, wenn sie ein hoteleigenes Logo enthalten. Deshalb hat das Vitalhotel Weißenseerhof inzwischen darauf verzichtet, im Spa-Bereich Badetücher mit den Initialen des Hauses auszulegen. "Ich kann das einfach nicht nachvollziehen", gibt sich Geschäftsführerin Stefanie Pfeifer ratlos. Regelmäßig fehlt auch in den Appartements nach der Abreise Besteck. "In solchen Fällen erheben wir einen Aufschlag von 30 bis 40 Euro", erklärt die Geschäftsführerin, die den jährlichen Verlust auf "mehrere 1.000 Euro" beziffert. Immerhin: Ein als gestohlen gemeldetes E-Bike tauchte nach zwei, drei Tagen unversehrt in Villach auf.
Verlust von 30.000 Euro im Jahr
Den wohl größten Verlust aller befragten Hoteliers hat Siggi Neuschitzer in seinem Babyhotel in Trebesing mit geschätzten 30.000 Euro zu beklagen. So müssten Jahr für Jahr mehr als 100 Bademäntel nachbestellt werden, wobei einmal in der Wäsche auch zwei in einem Tiroler Hotel gemopste Bademäntel auftauchten. An Regenschirmen wurden gerade 500 Exemplare nachgeordert.
Weil die 50, jeweils 48 Euro teuren Bobbycars überall im Haus verteilt herumstehen, werden auch sie allzu gerne mitgenommen. "Wer hat zu Hause schon einen so teuren Kinderwagen?", fragt Neuschitzer rhetorisch und zeigt ein 400 Euro teures Exemplar der Marke "Gesslein". Diese Luxusmodelle seien nur allzu "verführerisch". Weniger verlustreich, dafür aber kurios genug: Bei einer Promotionsveranstaltung im Haus im Liesertal waren 35 Familien eingeladen, Hipp-Babynahrung und Pig-Bobbycars zu testen: Die ersten 20 Familien verstauten anschließend alle 35 Plastikautos und Nahrungsmittel im Kofferraum, so dass die übrigen 15 Familien ohne Testmaterial waren.
Mit Kinderbesteck erwischt
Als morgens um 6 Uhr deutsche Stammgäste die Heimreise antraten, erwischte sie ein Lehrling, wie mehrere Sets an wertvollem Kinderbesteck mit Gravur und Perlen hinausgetragen wurden. Und, hat sie Diebe zur Rede gestellt? Neuschitzer: "Sie traute sich nicht!" Ein fünftes Mal ist diese Familie nicht gekommen.
Mit Galgenhumor nimmt der Eigner des Moserhofs Gerhard Winkler die Klaumanie: "Wer sich zu Hause mit unserem Handtuch abtrocknet, hat das Gefühl eines zusätzlichen Urlaubs." Der Seebodener hat den Eindruck, wie er sagt, dass besagte Hotelgäste die illegale Souvenierjagd als "Abenteuer" empfinden, daraus ein regelrechtes "Hobby" machten.. Dabei seien alle begehrten "Mitbringsel" im hoteleigenen Shop oder per Internet erhältlich, doch sei diese Form überhaupt nicht begehrt.
Fernseher von der Wand geschraubt
Wofür Winkler allerdings überhaupt kein Verständnis hat, ist der Verlust von hochwertigen, 25 Euro teuren Seifenständern. Oder der einer 25 mal 30 Zentimeter kleinen Holzschachtel mit 20 zusammengerollten Minihandtüchern. Oder der eines TV-Gerätes, das von der Wand abgeschraubt und wohl in einer "Nacht- und Nebelaktion" vor der Abreise ins Auto bugsiert wurde. Der besagte Dieb hatte sich wohlweislich unter falschem Namen eingescheckt.
Wie die übrigen befragten Hoteliers hat auch Markus Steindl vom gleichnamigen Familienhotel in Pesenthein die Erfahrung gemacht, dass immer mehr Gäste darauf erpicht seien, alles mitzunehmen, was nicht niet- und nagelfest ist. Über die begehrten Bademäntel und Handtücher hinaus, von denen jedes Jahr 80 bis 100 nachgekauft werden müssten, fehlten häufig auch wenig originelle Alltagsgegenstände wie Batterien, Glühbirnen oder Radios und TV-Fernbedienungen. Einmal hatte ein Mädchen alle Stofftiere aus dem Kinderzimmer eingepackt, was die entsetzten Eltern von Maria erst zu Haus in Holland festgestellt hatten. Neben den Plüschtieren enthielt das Paket aus den Niederlanden auch noch eine Tafel Schokolade.
Daniela Platzer vom gleichnamigen Hotel in Gmünd muss auch regelmäßig den Verlust von Kleiderbügeln, Decken, Glühbirnen und WC-Papierrollen beklagen. "Einmal wurde sogar eine Klobrille geklaut. Da haben wir nur gelacht!"
Hotelier: Hätte ich selbst geklaut
Gegen den Trend stellt Thomas Helml fest, dass in den vergangenen 17 Jahren noch nie etwas in der Villa Verdin gestohlen worden sei, im Gegenteil: die Gäste hinterließen häufig etwas, zum Beispiel Bücher, Dessous oder jüngst einen nostalgischen Nicky-Pullover. Plötzlich überkommt es den unorthodoxen Hotelier: "Halt, es wurde doch mal etwas gestohlen: zwei venezianische Korallaschenbecher aus den 1950-er Jahren: "Die hätte ich auch geklaut!"
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