EU-Gemeinderäte im Bezirk

Gottlieb Jäger hat wenig Zeit für seine Funktion als Europa-Gemeinderat. | Foto: Larcher
4Bilder
  • Gottlieb Jäger hat wenig Zeit für seine Funktion als Europa-Gemeinderat.
  • Foto: Larcher
  • hochgeladen von Julia Scheiring

REGION (jus). 2010 wurde die Initiative "Europa fängt in den Gemeinden an" vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) ins Leben gerufen. Gemeindevertreter und Bürgermeister können beim Programm mitmachen und als sogenannten "Europa-Gemeinderäte" agieren - über 900 österreichweit gibt es derzeit. Konkret sind sie Ansprechpartner für Europa- bzw. EU-Themen. Sie erhalten Newsletter über aktuelle europäische Geschehen und können Fortbildungen besuchen. Interessanter sind aber vermutlich die Brüsselreisen: zweimal im Jahr erhalten 25 EU-Gemeinderäte aus ganz Österreich die Chance, für drei Tage nach Brüssel zu reisen und sozusagen einen Blick in die EU zu werfen. Die letzte fand heuer im April statt. Bei voller Kostenübernahme, versteht sich. Die Tätigkeit ist freiwillig, keine Gemeinde ist verpflichtet, einen Europa-Gemeinderat zu haben. Dementsprechend dünn gesät sind diese auch im Bezirk.

Zeitnot macht es schwierig

Einer der wenigen ist der Pollinger Bürgermeister Gottlieb Jäger. Allerdings bleibt ihm kaum Zeit, die Funktion entsprechend auszunutzen: "In einer kleinen Gemeinde wie unserer gibt es immer irgendetwas, das dringender und wichtiger ist. Ich bin noch zu keiner einzigen Fortbildung gekommen." Auch Ersatz zu schicken sei schwierig, die hätten ebenso wenig Zeit. Eine dreitägige Reise nach Brüssel gehe sich schon gar nicht aus. Auch das Interesse in der Bevölkerung hält sich in Grenzen bzw. ist de facto nicht vorhanden: "Das ist zu weit weg für die Leute. Ich bin noch nie etwas in Bezug auf die EU gefragt worden", so Jäger.

Grenzlage als Chance

In Scharnitz sieht die ganze Sache etwas anders aus, was wohl auch an der Grenzlage der Gemeinde liegt. Hier ist ebenfalls die Bürgermeisterin als Europa-Gemeinderätin tätig. Isabella Blaha hat klare Gründe, warum sie dieses Amt übernommen hat: "Wir als Grenzgemeinde brauchen immer wieder Ansprechpartner in der Region. Deshalb bin ich vor einigen Jahren auch mit nach Brüssel gefahren, um dort Kontakte zu knüpfen. Für mich ist es wichtig zu wissen, wohin ich mich wenden kann." Sie habe vor, auch in Zukunft verstärkt grenzüberschreitende Projekte mit dem Großraum Mittenwald durchzuführen. "Ich möchte, dass die jungen Leute Europa nicht nur vor Augen haben, sondern auch leben", so Blaha. Bei ihrem Sohn dürfte sie das geschafft haben: Marco Blaha ist mittlerweile selbst als Europa-Gemeinderat tätig. Von den Bürgern wird sie allerdings auch eher selten angesprochen. "Aber wenn, dann kann ich Auskunft geben - zur Not mithilfe der Newsletter, die ich immer bekomme", meint die Bürgermeisterin.

Die EU als Beruf

Auskunft geben könnte auch Erna Andergassen aus Seefeld, schon alleine ihres Berufes wegen. Sie arbeitet nämlich bei der Euregio ZWK (Zugspitze, Wetterstein, Karwendel) und gibt dort Hilfestellung bei grenzüberschreitenden Projekten. "Das war auch meine Motivation, das ganze auf Gemeindeebene zu übernehmen", erklärt Andergassen. Immer wieder bringt sie Themen, die ihr interessant erscheinen, bei Gemeinderatssitzungen ein. Innerhalb des Rates wird sie deshalb durchaus als "Europabeauftragte" wahrgenommen, in der Bevölkerung sieht das anders aus. "Auf mich zugekommen ist eigentlich noch nie jemand. Die EU ist noch nicht so ganz in den Köpfen der Menschen verankert." Nach Brüssel ist Andergassen noch nie gefahren, sie hat es aber fest vor: "Es ist ein bisschen schwierig mit der Anreise, aber ich möchte - vielleicht mit anderen vom Plateau - in den nächsten Jahren schon einmal hinreisen." Die Arbeit als Europa-Gemeinderat will sie auf jeden Fall fortführen.

Arbeit intensivieren

Ebenfalls fortführen will Marcus Wimmer aus Oberhofen seinen Auftrag als EU-Gemeinderat und noch mehr: "Ich will meine Tätigkeit intensivieren", erklärt er. Der ÖVP-Ortspartei-Obmann ist nämlich äußerst politisch interessiert, auch was die EU betrifft. "Das ist der Grund, warum ich diese Aufgabe im letzten Herbst übernommen habe. Ich wollte an nähere Informationen kommen, die mir selbst und dem Umfeld dienen, kommen", führt er aus. Aber auch für ihn ist die Zeit oft ein Stolperstein und: "Das ganze ist sehr ostlastig. Viele Veranstaltungen finden in Wien statt." Trotzdem würde er gerne einmal bei einer Brüssel-Reise teilnehmen. "Das wäre sicher eine tolle Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und die EU vor Ort anzuschauen. Immerhin sitzen hier viele Entscheidungsträger." In der Bevölkerung sei seine Funktion noch nicht sehr publik: "Das liegt aber vielleicht auch an mir. Wenn ich aktiver wäre, sähe die Sache anders aus", so Wimmer, der seine Aktivität in Zukunft verstärken möchte.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.