„Hab’ nie aufgegeben“: Sankt Andrä-Wörderner Alireza Göktas im Gespräch

Alireza mit seinen Puppen, mit denen er im Verein „Grenzenlos“ auch Theaterstücke aus seiner Heimat aufführt.
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ST. ANDRÄ-WÖRDERN. Schon von Weitem wirkt das große, helle Haus, welches Alireza Göktas mit seiner Familie bewohnt, freundlich und einladend – genauso wie der Inhaber selbst. Seit ungefähr zehn Jahren lebt der gebürtige Kurde hier in diesem ruhigen Viertel – ohne Zäune und ohne Barrieren. Denn das ist das Letzte, was Alireza nach seinem dramatischen Leben noch braucht. Wann genau Alireza Göktas das Licht der Welt erblickte, weiß er selber nicht so genau, es war auf jeden Fall ein Frühlingstag – denn das erzählten ihm seine Schwestern. Seine Kindheit verbrachte der mittlerweile zweifache Vater in dem kleinen Bergdorf Xerbo nahe des Terzengebirges. Eine Region, in der größtenteils Kurden lebten. „Ich hatte eine sehr schöne Kindheit inmitten vieler Tiere“, schwärmt der Kurde lächelnd.

Dem Todesurteil entkommen
Doch es gab auch Schattenseiten, weil es ihnen schon damals untersagt war, kurdisch zu sprechen oder zu schreiben. „Unsere Lehrer beauftragten Mitschüler, uns daheim auszuspionieren, welche Sprache wir sprechen“, erzählt Alireza mit einem wehmütigen Blick. Ein Blick, der noch trauriger wird, als er weiter von seinen Jugendjahren berichtet: „Mit 15 Jahren wurde ich verhaftet, weil ich ein Zeichen setzen wollte. Ich habe mit Freunden an unserer Schule Parolen wie ,Keine Gewalt in der Schule‘ und ,Freiheit für Kurden‘ an die Wand geschrieben.“ Die Jugendlichen wurden gefasst und von der Polizei brutal verhört. Eine Woche schlugen die Beamten mit Fäusten und Füßen auf die Kinder ein, um ihre Auftraggeber herauszufinden.
Schließlich wurden Alireza Göktas und seine Freunde zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde zum Glück nach zwei Berufungsverfahren auf sieben Monate verkürzt, da sie noch minderjährig waren.
Ab diesem Zeitpunkt wollte Alireza sich erst recht politisch engagieren und kämpfte weiter für die Menschenrechte in seinem Land. „Als ich 18 Jahre alt war, wurde ich erneut verhaftet. Diesmal wurde ich zwei Jahre lang gefangen gehalten und immer wieder brutal gefoltert“, so der Kurde. Nach seiner Entlassung hatte er nur ein paar Monate Zeit, um sich bei seiner Familie zu erholen. Dann stand die Polizei wieder vor der Tür. Sie brachte ihn in ein Folterzentrum. Die folgenden zwei Monate dort waren die schlimmsten seines Lebens: Elektroschocks, Schläge und Essensentzug standen auf der Tagesordnung. In seinem Buch „Domane Asmên – Kinder des Himmels“ versucht er, diese Erlebnisse aufzuarbeiten.
1985 gelang ihm schließlich die Flucht nach Österreich. Doch anstatt der erhofften Menschlichkeit stieß er zu Beginn auch hier auf Mauern. Fremdenhass kann und will Alireza nicht verstehen. „Hinter jedem Menschen steckt eine Geschichte, warum er sein Heimatland verlässt. Denn freiwillig und ohne Grund macht das niemand.“

Kurdische Märchen in NÖ
Gemeinsam mit einigen Freunden gründete Alireza in St. Andrä-Wördern den Verein „Grenzenlos“, der sich zum Ziel gemacht hat, Menschen aus aller Herren Länder zusammenzubringen und der Gemeinde diese Vielfalt im wahrsten Sinne des Wortes „schmackhaft“ zu machen. Und bei ungefähr 60 unterschiedlichen Nationen, die in dem Ort leben, gibt es schon einiges zum Kosten. Doch es blieb nicht beim Kochen: ein Sommerfest, gemeinsames Singen, Spielen, Lesen, Sporteln und eine eigene Puppenbühne runden das vielfältige Angebot ab. Die Puppenbühne ist übrigens ein Verweis auf Alirezas Heimat: Mit großem Stolz zeigt er seine Puppen, mit denen er auch kurdische Märchen vorführt.

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