Ärzte in Oberösterreich: In Zukunft immer knapper?

Die Anzahl der Mediziner bereitet Experten schon seit geraumer Zeit Sorge. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Versorgung von Patienten in Oberösterreich zukünftig nicht auf gewohnte Weise sichergestellt sein könnte. Lange Wartezeiten, weite Wege bis zur nächsten Praxis und überlastetes Personal sind mögliche Folgen. Wie sich die Situation gegenwärtig darstellt, was die Zukunft bringen könnte und welche Maßnahmen als hilfreich im Kampf gegen den Fachkräftemangel gelten.

Die Zahlen wirken nur auf den ersten Blick gut

Es ist immer wieder zu hören, dass die medizinische Versorgung innerhalb Österreichs auf einem guten Niveau liegt. Mit einer Dichte von über fünf Medizinern je 1.000 Einwohnern rangiert Österreich im europäischen Vergleich sehr weit oben. Insgesamt gibt es in Österreich derzeit rund 15.000 Allgemeinmediziner. Während sich die Lage also keineswegs dramatisch gestaltet, mahnen Experten dennoch zur Vorsicht bei der Interpretation aktueller Zahlen.

Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es in Österreich einzelne einschränkende Faktoren. Dazu gehört die Tatsache, dass Ärzte hierzulande mit Aufgaben aus dem pflegerischen und administrativen Bereich beschäftigt sind und dass Turnusärzte in die Statistik einfließen. Auch der Präsident der Ärztekammer, Thomas Szekeres, betont dies in einer Mitteilung. So sinkt die Ärztedichte bei Berücksichtigung der Arbeitszeit und der tatsächlichen Erlaubnis zur selbständigen Ausübung des Berufs auf 3,56 Mediziner je 1.000 Einwohner.

Die Berücksichtigung der Arbeitszeit ist beim Blick auf die medizinische Versorgung besonders wichtig. Dies zeigt sich auch in anderen Ländern wie Deutschland. Wer hier ausschließlich darauf konzentriert bleibt, die „Köpfe“ zu zählen, verliert die reale Situation aus den Augen. So ist ein Allgemeinmediziner in Vollzeit für die Versorgung wertvoller als ein Teilzeit-Mediziner. Da Teilzeit als Arbeitsmodell heute aber immer beliebter wird, muss die Versorgungssituation stets in Abhängigkeit davon beurteilt werden.

Die Lage in Oberösterreich: Das Land verliert an Attraktivität

Mit Blick auf die Situation in Oberösterreich fällt auf, dass sich diese im Bundesland weniger gut als anderenorts darstellt. So liegt die Ärztedichte in Oberösterreich bei nur rund 4,25 Medizinern je 1.000 Einwohnern. Wien beispielsweise kommt hingegen auf eine Ärztedichte von 6,84 je 1.000 Einwohnern. Im landesweiten Vergleich rangiert Oberösterreich daher auf dem letzten Platz. Eine mögliche Verschärfung des Fachkräftemangels könnte das Bundesland deshalb besonders zeitig treffen.

Mitverantwortlich für die Entwicklung ist der steigende Anteil an Wahlärzten und das derzeit gültige Honorarsystem. Etwa 40 Kassenstellen in Oberösterreich sind aktuell nicht besetzt, berichtete Felix Wallner, Direktor der Oberösterreichischen Ärztekammer. Ein Problem stellt diesbezüglich auch die nahende Pensionswelle dar. Viele Mediziner, die zurzeit noch in einer Praxis tätig sind, werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen.

Etwa 96 Prozent der Arztstellen im Bundesland sind augenblicklich besetzt. Fraglich bleibt, ob dies in der Zukunft noch gewährleistet sein wird. Schließlich ist Oberösterreich von der geringeren Attraktivität ländlicher Regionen betroffen: Viele Medizinstudenten entscheiden sich nach dem Studium für einen Job in der Stadt, da ihnen dieser bessere Voraussetzungen – unter anderem für die Gründung einer Familie – ermöglicht.

Zudem rechnen sich Praxen in städtischen Regionen meist schneller als im ländlichen Bereich. Auf dem Land wird das Versorgungsnetz auch deswegen dünner. Selbst mit der modernen Telemedizin lässt sich die Belastung der Praxen langfristig kaum lindern. Experten fordern aus diesem Grund bereits seit geraumer Zeit, neue und verbesserte Bedingungen für Landärzte zu schaffen.

Die Gründe für den Mangel: Schon das Studium entscheidet

Der sich abzeichnende und verstärkende Ärztemangel in Österreich hat laut Experten unterschiedliche Gründe. Viele von ihnen bemängeln die Zugangskriterien zum Medizinstudium, welche auch Studenten aus dem Ausland anlocken. Der hohe Anteil ausländischer Studenten wiederum führt zu einer recht hohen Abwanderungsquote nach dem Abschluss. Etwa 40 Prozent verlassen Österreich nach dem Studium wieder, da sie in anderen Ländern bessere Arbeitsbedingungen vorfinden.

Das Abwanderungsproblem betrifft jedoch nicht nur ausländische Studenten, die später wieder in ihre Heimat zurückkehren. Auch gebürtige Österreicherinnen und Österreicher entscheiden sich nicht selten für einen Wegzug, weil sie beispielsweise lieber in Deutschland oder Skandinavien arbeiten möchten. Da der Ärztemangel kein rein österreichisches Problem ist und sich in zahlreichen Ländern zeigt, stehen die Chancen, eine Stelle im Ausland zu bekommen, gut.

Zeitgleich sind die Universitäten voll und es gibt einen starken Überhang an Bewerbern für das Medizinstudium. Immer wieder kommt es zwar wie vor kurzem zu Rekordzahlen bei den Bewerbungen, die Universitäten können allerdings nur einen extrem geringen Teil aufnehmen. Dies wirkt sich ebenfalls auf das soziale Gefüge aus, denn von der Knappheit der Plätze profitieren vor allem Bewerber aus Haushalten mit akademischem Hintergrund.

Dem Mangel entgegenwirken

Der Mangel an Fachkräften im medizinischen Bereich treibt zweifellos auch Politik und Verbände um. Die Österreichische Gesundheitskasse hat daher ein 7-Punkte-Programm entwickelt, das dabei helfen soll, die Situation zu verbessern. Zu den Inhalten des Programms gehören

• ein höherer Anteil allgemeinmedizinischer Inhalte in der Ausbildung,
• Unterstützung bei der Gründung einer Praxis,
• attraktive Einkommen
• sowie modernisierte Kassenverträge.

Wenngleich dieses Programm durchaus einen Anfang darstellt, sieht die Ärztekammer Oberösterreich weiteren Handlungsbedarf. Direktor Felix Wallner sprach sich für veränderte Zugangsbedingungen beim Medizinstudium aus, um die benachteiligenden Effekte künftig zu mildern.

Darüber hinaus erachtet Wallner weitere Schritte als sinnvoll. So könnten Spitäler beispielsweise wieder zur Bereitstellung von ausreichend Ausbildungsplätzen für Mediziner verpflichtet und Lehr- sowie Mentoringpraxen gefördert werden. Damit Kassenstellen, welche sich als schwer besetzbar erweisen, schneller wieder zur Versorgung beitragen können, schlägt Wallner die Einführung öffentlicher Förderungen vor. Ein Abbau administrativer Hürden, welche Mediziner vor der Gründung einer Praxis zurückschrecken lassen, könnte ebenfalls zu den sinnvollen Maßnahmen zählen.

Einführung einer Landarztquote gefordert

Was das Studium betrifft, so fordert die Österreichische Gesundheitskasse deutliche Veränderungen. Die Experten orientieren sich dabei am Vorbild Deutschlands, das vielerorts bereits eine Landarztquote eingeführt hat. Bei der Vergabe von Studienplätzen könnten dann Bewerber bessere Chancen auf einen Platz haben, wenn sie sich vorab dazu verpflichten, nach dem Abschluss in einer Landarztpraxis tätig zu werden.

Ferner sprechen sich Vertreter zahlreicher Verbände dafür aus, die Belastungssituation der derzeit in Österreich tätigen Mediziner zu optimieren, indem administrative und pflegerische Aufgaben aus dem Verantwortungsbereich genommen werden. Die Bedenken vieler Absolventen und Studenten, später einmal eigenverantwortlich in einer Praxis tätig zu sein, könnten durch die Möglichkeit, Aufgaben zu delegieren und sich wieder mehr auf die Arbeit mit dem Patienten zu konzentrieren, wesentlich abgeschwächt werden.

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