Leben als Pflegefamilie
„Kind kommt nur selten in Herkunftsfamilie zurück“
Die eine Familie lebt in Pöckau, die andere in Arnoldstein. Was beide vereint ist die Aufnahme von Pflegekindern. Im Interview räumen sie mit einer weit verbreiteten Angst auf.
REGION VILLACH. Franz und Petra Bramberger aus Pöckau haben mit Fabio seit elf Jahren einen Pflegesohn. „Er ist damals mit zwei Jahren zu uns gekommen. Das hat sich so ergeben, wir kannten ihn schon als Baby“, erzählt Petra Bramberger. Wenn sie davon spricht, kommt schnell die Frage auf, wie sie damit umgehen würde, wenn es eine Rückführung zu Fabios Ursprungsfamilie gebe. „Ja, das kann passieren. Aber zum Großteil ist es nicht so, ich habe bei Treffen mit anderen Pflegefamilien noch kein einziges Mal von einer Rückführung gehört. Bevor man ein Pflegekind aufnimmt haben viele Angst, dass sie das Kind wieder abgeben müssen, das passiert in Wahrheit aber fast nie.“
Kontakt mit Eltern
Im Gegensatz zu einer Adoption verpflichtet man sich aber dazu, dass das Pflegekind Kontakt zu den leiblichen Eltern hält und halten kann. „Aber das ist alles nicht so schlimm. Anfangs traut man sich gar nicht, das Kind richtig lieb zu haben, aus Angst es wieder zu verlieren. Aber diese Angst muss man ablegen, dann wird man auch lockerer und auch für das Kind ist das besser. Aus diesem Grund wollen viele kein Pflegekind. Ich würde aber jedem, der die Möglichkeit dazu hat ein Kind aufzunehmen, dazu raten. Es ist ein Unterschied ob man in einem Heim aufwächst oder in einem Zuhause.“ Als Fabio mit zwei Jahren zu den Brambergers kam, war er auf dem Stand von einem sechsmonatigen Baby. „Da muss man erstmal umdenken. Aber er hat soviel gelernt und ist heute allen weit voraus. Ein stabiles Familienleben bewirkt viel, er ist einfach unser Kind.“ Auch für die drei leiblichen, inzwischen erwachsenen, Kinder der Familie ist Fabio wie ein Bruder. „Zu seinem leiblichen Papa hat Fabio einen guten Kontakt, zur Mutter gar nicht, aber wir reden da sehr offen darüber.“
Viel Hilfe
Was immer sehr geholfen habe war die psychologische Unterstützung vom SOS-Kinderdorf und vom Jugendamt. „Man ist nie allein, bei Problemen gibt es sofort Ansprechpartner. Weil natürlich ist die Aufnahme eines Pflegekindes eine Herausforderung.“ Der Bedarf an Pflegefamilien sei hoch. „Mein leiblicher Sohn möchte später vielleicht auch ein Pflegekind aufnehmen. In Frage dafür kommt man mit einem fixen Wohnort, einem geregelten Leben und Platzmöglichkeiten. Es ist schon ein Weg dahin, ob man wirklich geeignet ist, aber nichts, was man nicht bewältigen könnte.“
Down-Syndrom
Louisa und Elias heißen die Pflegekinder von Heidrun Galli-Hirschmann und Harald Hirschmann aus Arnoldstein. „Wobei Louisa das leibliche Enkerl von meinem Mann ist. Sie lebt bei uns, seit sie zwei Monate alt ist. Elias kam mit eineinhalb Jahren zu uns, er ist unser Wunschkind. Er hat das Down-Syndrom, wir wollten immer ein Kind mit besonderen Bedürfnissen weil die schwer zu vermitteln sind und auch Louisa sollte nicht ohne Geschwister aufwachsen“, erzählt Heidrun Galli-Hirschmann. Auch für das Paar war die Aufnahme von Elias Neuland. „Obwohl sie anfangs gefragt hat, ob man Elias zurückgeben könnte, sind sie heute ein Herz und eine Seele. Louisa ist heute sechs Jahre alt, Elias neun Monate jünger.“ Im Gegensatz zu Elias wird bei Louisa auf eine Rückführung hingearbeitet, jedes Wochenende verbringt sie auch bei Mama oder Papa. „Bei uns hat sie unter der Woche ihren gewohnten Ablauf. Elias hat Kontakt zu seinem Papa, zu der Mutter telefonischen Kontakt.“
Oma und Opa
Bei Aufnahme der Kinder war das Ehepaar bereits über 50 Jahre alt. „Daher sehen wir beide uns auch mehr als Oma und Opa, so nennen uns die Kinder auch, sie haben ja Eltern. Viele haben uns gefragt, warum wir uns das noch antun. Aber unsere eigenen Kinder sind groß, wir hatten ein paar Jahre nur für uns. Also haben wir die Motorräder verkauft und uns aus dem Bauch heraus für die Pflegekinder entschieden – ich möchte es nicht anders haben. Es ist schön, wie sie sich entwickeln, vor allem Elias.“ Auch sie würden jedem, der keine eigenen Kinder haben kann, zu einem Pflegekind raten. „Es gibt heute so viele verschiedene Formen von Familien. Und auch mit leiblichen Kindern ist es nicht immer einfach. Wichtig ist, dass man die Kinder gern hat. Und es ist ein Blödsinn, dass man ein fremdes Kind nicht so lieb haben kann wie ein eigenes, es gibt viele Arten von Liebe und man kann da sehr tiefe Gefühle entwickeln.“
Infos
Falls Sie sich vorstellen können, einem Kind ein zweites Zuhause zu geben und sich über die Aufgaben und Rahmenbedingungen informieren möchten, wenden Sie sich sehr gerne an das Land Kärnten: Andrea Hartlieb (050 536 14605).
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