Nach dem Unwetter im Gegendtal
"Mehr in Selbstschutz investieren"
Nach dem großen Unwetter im Gegendtal Ende Juni: Josef Brunner, Wildbach- und Lawinenverbauung, über zukünftige Gefahrenzonen und aktuelle Schutzprojekte.
VILLACH LAND. Das verheerende Unwetter im Gegendtal Ende Juni beschäftigt uns nach wie vor – und wird es noch länger, wurden doch Existenzen von den Schlammmassen regelrecht vernichtet. Die Prognosen sind nicht gut. So betont Christian Salmhofer, Geschäftsführer Klimabündnis Kärnten: „Es muss längerfristig bewusst gemacht werden, dass ein „hundertjähriges Hochwasser“ heute nicht mehr heißt, dass es erst in hundert Jahren wiederkommt. Dadurch, dass sich der Klimawandel inzwischen massiv einschaltet, sind diese Verhältnisse nicht mehr real.“ Stark mit diesem Thema konfrontiert ist die Wildbach- und Lawinenverbauung. Gibt es neue Erkenntnisse, die man aus den aktuellen Geschehnissen im Gegendtal ziehen kann? „Als Erstes mussten die Bachläufe und Geschieberückhaltebecken möglichst schnell geräumt werden, um für Nachfolgeereignisse wieder frei zu sein. Parallel, ohne Beteiligung am Katastropheneinsatz, begann ein Team mit der Ereignisdokumentation. Es werden die Schäden, die Ablagerungshöhen, die Erosionstiefen etc. erhoben. Dann wird überprüft ob die Gefahrenzonen mit dem Schadbild übereinstimmen. Die Niederschlagswerte werden nachgeprüft und meist für die gesamte Region erhöht“, sagt Sektionsleiter Josef Brunner.
Kein Versickern
Warum werden Wildbäche heute vermehrt zur Bedrohung? „Das passiert, weil Menschen Gebiete besiedeln, die von Natur aus gefährdetet sind. Eine Erhöhung der Gefährdung entsteht noch zusätzlich durch die zunehmende Versiegelung der Flächen. Pflasterungen verhindern das Versickern von Regenwasser. Es sammelt sich dadurch viel mehr Wasser an, das infolge zu reißenden Bächen wird. Zudem kommt es seit einigen Jahren zu erhöhten Niederschlägen.“ Nach jedem Ereignis werden die bestehenden Gefahrenzonen auf ihre Übereinstimmung überprüft. Brunner: „Generell ist eine Änderung der Gefahrenzone erforderlich, wenn sich die Verhältnisse im Einzugsgebiet des Wildbaches verändern.“
Selbstschutz
Es gibt keine Statistik über die Anzahl der Gefahrenzonen, aber eine Auswertung über die Anzahl von gefährdeten Objekten in Gefahrenzonen. In Villach-Land und Stadt befinden sich derzeit rund 650 Wohngebäude, 34 Hotels und 55 Gewerbebetriebe in roten Gefahrenzonen. Welche Projekte im Bereich Villach Land müssen künftig am dringendsten realisiert werden? Brunner: „Der Hoferbergbach in Feld am See und der Pöllingerbach in Treffen sind aktuelle Schutzprojekte in Umsetzung. Es werden mit größter Wahrscheinlichkeit die von der Katastrophe betroffenen Wildbäche in das Ausbauprogramm aufgenommen. Zwei wichtige Angelegenheiten sollten jedoch unabhängig von den Schutzprojekten der Wildbach- und Lawinenverbauung in Angriff genommen werden: Objekte, die zerstört oder schwer beschädigt wurden, sollten nicht mehr am selben Standort aufgebaut werden. Für sie müssen sichere Standorte gefunden werden. Die Menschen sollten viel mehr in den Selbstschutz investieren, etwa Türen, Fenster, Kelleröffnungen wasserdicht nachrüsten. In roten Gefahrenzonen sind häufig Verstärkungen der Außenwände und Fundamente erforderlich.“
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