Vor den Augen und doch blind - Kugelschreibergleichnis

Unlängst wurde mir ein Kugelschreiber geschenkt. Eigentlich nichts besonderes. Viele haben meist viele Kulis, verlieren viele davon. Kulis tauschen oft unabsichtlich ihren Besitzer. Wochen später sieht man sie dann irgendwo, ist sich aber nicht sicher, ob es denn genau dieser gewesen wäre. Macht aber nichts, weil es gibt fast unendlich viele davon. Aber genau mit diesem einen hatte ich eine 14 tägige Erfahrung, die mich zum Nachdenken anregte.

Die Schreibspitze des Kulis ist mit einer Kappe abgedeckt. Bei einer Baubesprechung in Innsbruck nahm ich die Kappe ab, steckte sie an der gegenüberliegenden Seite wieder auf und schrieb die wichtigsten Punkte in Stichworten auf. Die Stunden vergingen, wiederholt wechselten wir den Standort, um die einzelnen Punkte auch vor Ort im Detail zu besprechen.

Die Besprechung ging zu Ende und ich....suchte verzweifelt nach der Kappe. Ich schaute überall, fragte die Besprechungsteilnehmer, durchkramte meine Tasche. Doch alles vergeblich. Die Kappe blieb verschwunden. So steckte ich den Kuli in meine Tasche und verwendete ihn unverschlossen in den folgenden Tagen für viele weitere Notizen.

Nach 2 Wochen hatte ich das Ding wieder in der Hand und zog zufällig an beiden Enden. Siehe da! Schreibspitze und die von mir selbst aufgesteckte Kappe teilten sich und ich hielt das langgesuchte gute Stück in Händen. Ich dachte mir: "Das darf ich niemandem sagen. Man lacht mich sicher dafür aus." Es mag auch an meiner diesbezüglichen Unachtsamtkeit liegen und mag sein, dass das kaum jemandem anderen in dieser Wesen zustoßen würde. Jedenfalls kam mir in den Sinn, dass viele guten Dinge dieses Lebens unmittelbar vor unseren Augen liegen und obwohl die Lösung näher liegt als man meint. Man sieht sie einfach nicht.

Manchmal will man sie auch nicht sehen. Doch das Sehen kann - nicht nur bei Kugelschreibern - ziemlich befreiend sein.

http://www.mormon.org/deu/ostern?cid=HP_FR_3-27-2015_dMIS_fMRMN_xLIDyL1-A_