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Was macht es mit uns?

Frei nach Wofgang Ambros... | Foto: pixabay
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Nun ist er endlich da und bedeckt das ganze Land. Teilweise nur als dünne Schicht, in höheren Lagen ist er schon richtig angekommen. Die Rede ist vom Schnee. Das weiße Gold für den Tourismus, zumindest im Winter und zumindest in den alpenländischen Regionen. Mit dem derzeitigen Frost könnte ein echt gefühltes Weihnachten wieder funktionieren. Nicht wie in den letzten Jahren bei schon fast frühlingshaften Temperaturen, als der Glühwein einfach nicht abkühlen wollte. In Vorarlberg gehört Schnee automatisch zu Schifahren. In manch anderen Ecken der Welt verbindet man ihn eher mit Langlaufen, Schlittenhundefahren oder Saunieren. Aber im Ländle ist es das Schifahren. Mit Katharina Liensberger, Nina Ortlieb und Johannes Strolz sind wir als Bundesland im Skizirkus wieder ganz oben vertreten. Ich möchte dabei die Leistung aller anderen Wintersportathleten in Vorarlberg nicht schmälern, aber jetzt geht es ums Schifahren. Wie bei vielen anderen Sportarten auch, hoffen die Schiverbände, dass durch die genannten Spitzensportler ein Boom ausgelöst wird. Soll heißen, mehr Menschen üben das Schifahren als Breitensport aus. Der Haken dabei ist aber die Leistbarkeit. Schifahren ist im Vergleich zu Fußball oder anderen Sportarten immer noch sehr teuer. Angefangen von der Ausrüstung bis hin zu den Schiliftkarten und der Erreichbarkeit, eben zeit- und kostenintensiv. Das schreckt viele ab und unterm Strich muss man es, obwohl es keiner sagen will, zugeben: Schifahren ist eine Frage von Luxus. In Zeiten wie diesen sowieso.

Was macht das aber mit uns und unserem Bild von der Gesellschaft? Früher waren die Kinder egal welcher Talschaft, ja sogar im Rheintal spätestens am Nachmittag nach Schule und Mittagessen auf den Pisten. Oft wurden die kleinsten Hügel in der Gegend für Abfahrten, Schanzen und einem oft halsbrecherischen Torlauf verwendet. Daneben gab es noch einen Bereich für die Rodler und Bobfahrer. Etwas abseits noch die Ecke der Schneemann(-frau)bauer. Diese Gruppe war aber meist nur bei Neuschnee anzutreffen, denn je härter der Schnee wurde, umso schlechter für Schneeskulpturen, aber besser für eisige Pisten. Dieses doch sehr idyllische Bild gab es wirklich. Heutzutage sieht man es aber leider immer weniger. Das hat nicht so sehr mit der Leistbarkeit zu tun, vielmehr mit dem sehr reduzierten Bewegungsdrang vieler Kinder und Jugendlicher. Wahrscheinlich gibt es mehr Daumenverstauchungen aufgrund von erhöhten Spielekonsolengebrauch als den klassischen Schidaumen.

Hinzu kommt der negative Trend, dass immer weniger Schulen Schulschitage und/oder Schiwochen anbieten. Grund sind die Kosten und auch die Tatsache, dass immer mehr Kinder und Jugendliche noch nie auf Schiern gestanden sind. Da fehlt dann oft die Zeit für das Lehrpersonal, um es den Kindern beizubringen. Viele im Lehrkörper können und wollen sich das auch ganz einfach nicht mehr antun. Das sind Tatsachen und als solche mehr als bedauerlich.

Das ändert sicherlich auch das Bewusstsein über den Nationalsport Schifahren vor allem in Vorarlberg. Die Zeiten sind schon lange nicht mehr da, als die gesamte Familie in den Wintermonaten an den Wochenenden im Fernsehzimmer ihr Mittagessen schreiend, zitternd und ekstatisch die Helden und Heldinnen der Eispisten anfeuerten. Selbst die Kitzrennen haben mittlerweile den Status des Heldenhaften verloren.

Diese Entwicklung zeigt zwei Dinge: Ein Land hat immer weniger Interesse an einer tollen Sportart und zusätzlich geht ein Gefühl verloren, das mehr ist als eine Frage von Luxus. Ja, es macht etwas mit uns, was genau, ist noch nicht klar erkennbar. Ich hoffe, es verschwindet nicht wie unsere Gletscher ganz.

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ
Frei nach Wofgang Ambros... | Foto: pixabay
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