Kommentar
Wohin geht die Reise?

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Zugegeben, nach den Herbstferien eine solche Frage zu stellen, stimmt zeitlich gesehen nicht ganz. Besser wäre entsprechend: Wohin ging die Reise? Viele in Vorarlberg haben die Herbstferien genutzt, um eine Reise ins Ausland zu machen. Vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass dies in naher Zukunft wohl nicht mehr so schnell möglich sein wird. Die Zahlen der Neuinfektionen und Hospitalisierungen lassen nichts Gutes erahnen. Und so ganz nebenbei hat die Grippesaison noch nicht einmal richtig begonnen. Natürlich sind mediale Schlagzeilen wie „Grippefälle doppelt so hoch wie 2020“ derzeit nicht wirklich sinnvoll. Lag doch die Infektionsrate im Jahr 2020 durch Lockdowns und Co. quasi bei null. Also machen solche Aussagen derzeit wenig Sinn. Trotzdem - jetzt kommt das große ABER: Ältere Menschen, Menschen mit einer Immunschwäche oder mit schweren Krankheiten sollten jetzt noch mehr geschützt werden. Warum? Neben der Grippe ist eben noch Corona in der Deltavariante und der weniger bekannten Lambdavariante unterwegs. Zusammengenommen eine schlechte Grundlage für unser Gesundheitssystem. Die Intensivbettenauslastung ist im Vergleich zu 2020 noch im grünen Rahmen. Und ohne Panik schüren zu wollen, wünsche ich mir, dass dies so bleibt. Kann sein – muss es aber nicht. Ich bin kein Experte, aber ich mache mir, wie viele andere auch, Gedanken über mögliche Verläufe gerade in Anbetracht unser aller Verhalten.

Immer wieder hört man von sogenannten Impfdurchbrüchen. Verkürzt erklärt sind das Infektionen mit dem Coronavirus trotz doppelter Impfung oder Impfung und Genesung. Einen Impfdurchbruch kann es allerdings bei allen Impfungen geben. Auch bei einer Grippeimpfung. Impfungen funktionieren eben nicht wie ein Schutzschild bei einem Raumschiff im Star Trek Universum, obwohl das offensichtlich viele glauben. Die Impfung, auch wenn doppelt, garantiert keinen 100-prozentigen Schutz. Ich stecke mich vielleicht weniger an, habe einen milderen Verlauf, den ich mitunter gar nicht bemerke oder habe so wenig Viren in mir, dass ich dadurch nicht andere anstecken kann. Das sind aber alles kausale Möglichkeiten. Keine Garantien. Was eine Coronaimpfung bewirkt, sind offensichtlich mildere Verläufe. Bleiben wir beim Raumschiff mit 100 Prozent geladenem Schutzschild. Wird dieses mit Photonentorpedos bombardiert, dann sinkt die Leistung pro Treffer. Ähnlich ist es auch bei uns. Wir werden nicht drumherum kommen, unseren Schutzschild aufzufrischen. Und wenn ich mir die Durchimpfungsrate in Österreich und manch anderen Ländern ansehe, dann ist eine Auffrischung wichtig, denn wir sind noch weit entfernt von einer richtig guten Impfquote bezüglich der Erst- und Zweitimpfung. Die Gründe für Impfmüdigkeit im Vergleich zu anderen Ländern liegen mittlerweile auf der Hand. In Ländern, in denen Impfempfehlungen von Politikern und der Regierung ausgesprochen wurden, hat die Bevölkerung weniger Vertrauen in die Impfung als in Ländern, in denen diese von Wissenschaftlern, Ärzten und Virologen empfohlen wurden. Warum? Weil das Vertrauen in Regierungen eh schon sehr geschwächt war. Auch schon vor der Pandemie.

Wohin geht nun die Reise? Ich kann es Ihnen leider nicht beantworten. Ich bin aber ehrlich gesagt schon vorab etwas müde vor möglichen zukünftigen Konsequenzen und Regelungen, was meine freien Entscheidungen anbelangen. Denn ich habe mich bisher an alle Regeln gehalten. Inklusive Impfungen. Und noch ein Punkt an diejenigen, die immer noch Zweifel haben: Die Long Covid Auswirkungen werden uns in den nächsten Jahren noch um die Ohren fliegen. Sprechen Sie doch einmal mit einem oder einer Betroffenen. Deren Verständnis gegenüber Impfverweigerern geht gegen null. Die Pandemie und was noch kommen mag, ist nicht vorbei.

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