Geschütztes Haus vor Abbruch
Abbruchreife in Währing auf Bestellung?
Es scheint als gäbe es einen Baukrimi in Währing. Ein mehrstöckiges, altes Gebäude in der Pötzleinsdorfer Straße 90 steht vor dem Abriss. Und das obwohl es erhaltenswert wäre und in einer Schutzzone steht. Wurde hier mehrfach getrickst? Die BezirksZeitung ist der Sache nachgegangen.
WIEN/WÄHRING. Pötzleinsdorf. Ruhig ist es hier, die alten Häuser passen ins beschauliche Ortsbild. Doch in der Pötzleinsdorfer Straße 90 könnte es bald laut werden, denn die Bagger drohen zum Abriss anzurollen. Wie kann das sein? Steht das alte Anwesen dort doch in einer Schutzzone, die genau solche Häuser vor Abriss und Immobilienspekulation schützen soll.
Grund dafür ist die "wirtschaftliche Abbruchreife". Diese besagt vereinfacht dargestellt: Häuser müssen hier erhalten werden, außer horrende Kosten dafür rechtfertigen einen Abriss und Neubau. Ein Ziviltechnikerteam aus dem 3. Bezirk bescheinigte diesen Fall hier: 800.000 Euro wurden kalkuliert, 4.000 Euro pro Quadratmeter. Eine Rettung würde den finanziellen Rahmen einfach sprengen.
Das ruft nun Bezirksvize und Vorsitzenden des Bezirksbauausschusses Robert Zöchling (Grüne) auf den Plan, denn diese Kalkulation sei nicht gerechtfertigt. Zöchling hat Akteneinsicht und mehr als 30 Jahre Berufserfahrung in der Architekturbranche. "Nicht alle berechneten Maßnahmen sind für den Erhalt wirklich notwendig und vorgeschrieben", so der Bezirksvize: "Ähnliche Projekte kämen höchstens auf 2.000 Euro Kosten pro Quadratmeter." Und dann würde die Rechnung mit der "wirtschaftlichen Abbruchreife" nicht aufgehen.
Mehrfache Masche?
Er nennt ein Beispiel: Das Fundament sei laut den Ziviltechnikern nicht sicher. In Wien gebe es hunderte Zinshäuser mit gleichem Fundament – ohne Beanstandung. Zöchling mutmaßt: "Man möchte hier ein Investorenobjekt hinstellen – und das Haus ist im Weg, daher hat man es in einem möglichst schlechten Licht dastehen lassen." Es ist für Zöchling bereits der dritte Fall in Währing dieser Art, wo mutmaßlich zu hoch kalkuliert wurde.
Bereits abgerissen wurde ein Haus Dr.-Heinrich-Maier-Straße 35. Das Haus stand zwar in keiner Schutzzone, wurde jedoch vor 1945 errichtet. Auch hier bedarf es einer "wirtschaftlichen Abbruchreife" für den Schliff des Hauses. In der Gentzgasse 4 steht zwar noch ein altes Gebäude, aber auch hier gäbe es bereits ein solches Gutachten, so Zöchling.
Wie er sagt, seien immer die gleichen Ziviltechniker involviert. Was sagen diese zu den Vorwürfen? Die BezirksZeitung hat das Büro aus dem 3. Bezirk damit konfrontiert. "Kein Kommentar", hieß es auf Nachfrage.
Verschachtelte Eigentümerverhältnisse
Ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse in der Pötzleinsdorfer Straße ist besonders interessant. Laut Grundbuch steht mit einem Löwenanteil von 98 Prozent die Pötz90 Immobilien GmbH dahinter. Mehrheitseigentümer der Pötz90 ist die WTV Immobilien GmbH. Und hinter dieser wiederum führt die Spur zur Kubelka-Group. Dort wird die Liegenschaft in der Pötzleinsdorfer Straße auf der Website außerdem geführt.
Alle diese Firmen teilen sich die selbe Postanschrift in Hernals. Wir haben natürlich auch hier nachgefragt, ob man mit einer mutmaßlichen Fehlkalkulation etwas zu tun hat. Und was hat man bis dato eigentlich unternommen, um das Haus zu erhalten? Unsere Anfrage wurde nicht beantwortet.
"Interessenskonflikte kommen vor"
Und wie sehen die Magistratsabteilungen (MA) den Akt? Sie sind dem Büro von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) unterstellt. Dort bestätigt man, dass nun ein Gutachten zur "wirtschaftlichen Abbruchreife" erstellt wurde. Zur Frage nach der Überprüfung der Kalkulation hieß es: "Es kommt durchaus vor, dass es bei Entscheidungen zu Interessenskonflikten, verschiedenen Sichtweisen und verschiedenen Gutachten kommen kann."
Zöchling unterdessen bleibt hartnäckig. Denn noch gibt es keinen Bescheid zum Abriss – hier hat die Bezirksvorstehung und damit auch er das Recht auf Stellungnahme. Diese ist zwar nicht bindend für die Magistratsabteilungen, aber trotzdem wird man diesen Schritt gehen. Übrigens: 30.000 bis 300.000 Euro Strafe stehen auf den unrechtmäßigen Abriss von schützenswerten Objekten. Sollte diese hier fällig werden, dann wäre dies womöglich ein unternehmerisch wirtschaftlicher Abbruch.
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