Kinderbetreuung: Bezirk unter den Schlusslichtern - aber es gibt auch Lichtblicke

- Susi Göschl und Andrea Lindtner betreuen 16 Kinder. Anfragen gibt es weit mehr als sie bewältigen können.
- hochgeladen von Peter Zellinger
Arbeiterkammer ortet im Bezirk Versäumnisse was Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft und fordert Ausbau der Infrastruktur.
BEZIRK. Niederösterreich gilt als Vorreiter bei der Kinderbetreuung. Der Gratiskindergarten, der bei uns längst Alltag ist, wird in anderen Bundesländern zaghaft eingeführt. Trotzdem gibt es noch immer weiße Flecken in der Versorgung. Die Arbeiterkammer hat diese im Kinderbetreungsatlas erhoben, der Bezirk Waidhofen erhielt darin ein schlechtes Zeugnis. Wir haben uns im Bezirk umgehört, wo es bereits gut funktioniert und wo noch Aufholbedarf besteht.
Andrea Lindtner und Susi Göschl hüten in der Krabbelstube "Märchenwald" in Groß Siegharts eine Rasselbande aus 16 Kindern im Alter von acht Monaten bis drei Jahren. Der Bedarf für Kinderbetreuung schon in jüngsten Jahren steigt ständig, weiß Lindtner: "Wir haben noch Anfragen rund 30 weitere Kinder aufzunehmen", berichtet die Sieghartserin. Seit 22 Jahren leitet Lindtner die Krabbelstube und möchte keinen einzigen Tag missen: "Ich habe bislang rund 400 Kinder betreut. Die ersten, die bei mir waren, bringen mir heute schon ihre Kinder", lacht die Betreuerin. Laut ihrer Meinung müsste das Angebot vor allem für Kleinkinder im Bezirk weiter ausgebaut werden: "Es tut sich zwar etwas, aber in sehr kleinen Schritten. Mich wundert, dass wir nach all den Jahrzehnten noch immer die einzige Kinderkrippe im Bezirk sind", so Lindtner. Ihre Schützlinge kommen aus Groß Siegharts, Karlstein, Raabs, Göpfritz, Thaya, Dobersberg und Waidhofen. Die Kinderkrippe in Groß Siegharts wird mit Geldern des Landes und der Gemeinde finanziert.
In der Bandlkramerstadt kommt man derzeit mit dem Ausbauen der Angebote zur Kinderbetreuung nur schwer nach, wie auch Bürgermeister Gerald Matzinger bestätigt. Im Vorjahr gab es eine Gruppe für die Nachmittagsbetreuung, heuer sind es schon zwei und sollte der Bedarf weiter steigen, ist auch eine dritte Gruppe bald realistisch. "Die Nachfrage von den Eltern ist auf jeden Fall da und steigt auch", so Matzinger. "Aber wir sind natürlich über jeden jungen Gemeindebürger froh."
Dennoch: In der Analyse der Arbeiterkammer orten die Autoren insgesamt kaum Verbesserungen bei der Kinderbetreuung im Bezirk. "In Waidhofen ist es schwer, für Kleinkinder Betreuungsplätze zu finden", so Christoph Kunz, der Autor der Analyse.
Das Waldviertel weist ein schwaches Betreuungsangebot auf. So bleibt auch in Waidhofen die Infrastruktur trotz leichter Verbesserungen mangelhaft. Christoph Kunz, Autor der AKNÖ-Analyse „Institutionelle Kinderbetreuung in Niederösterreich“, stellt fest: „In Waidhofen erweist sich die Suche nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder nach wie vor schwierig“. Eine altersgemischte Einrichtung, wo ebenfalls kleinere Kinder betreut werden, unterstützt Eltern auch bei der Versorgung von Kindern unter zweieinhalb Jahren.
Keine einzige Kinderbetreuungseinrichtung erfüllt alle so genannten VIF-Kriterien, die Indikatoren für eine Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung sind. Auch Einrichtungen die nur ein Kriterium verfehlen werden nur von rund einem Fünftel der Kinder besucht – ein Minderheitenprogramm. Passende Öffnungszeiten, qualifiziertes Personal und ein angebotenes Mittagessen gehören unter anderem zu diesen Kriterien.
AKNÖ-Präsident Markus Wieser fordert angesichts der Analyse mehr Engagement für die Kinderbetreuung in Niederösterreich. „Die mangelhafte Infrastruktur führt zu einer Nicht-Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die vor allem zu Lasten der Frauen geht. Sie haben Einkommensverluste, Karriereknicks und nehmen Einbußen in ihrer Pension wegen der Kinderbetreuung hin“, kritisiert Wieser. "Wir brauchen eine flächendeckende und leistbare Versorgung mit passenden Öffnungszeiten und genügend Krippenplätzen. Erst dann haben wir echte Wahlfreiheit für die Eltern“, so der AKNÖ-Präsident.
Zur Sache: Die Kriterien für Kindergärten
Um die volle Punktezahl zu erreichen muss ein Kindergarten alle VIF-Kriterien erfüllen. Diese erfüllt ein Kindergarten durch:
1. qualifiziertes Personal
2. an mindestens 47 Wochen im Kindergartenjahr,
3. im Umfang von mindestens 45 Stunden wöchentlich
4. werktags von Montag bis Freitag
5. mit Angebot von Mittagessen
Um in Kategorie A zu landen, muss ein Kindergarten sämtliche Kriterien erfüllen. Alle Kriterien erfüllt im Bezirk kein Kindergarten. Vier Anforderungen werden von drei Kindergärten erfüllt - um einer weniger als im Vorjahr. Die meisten Kindergärten (14) finden sich in Kategorie D. Das heißt sie erfüllen drei oder vier VIF-Kriterien nicht.
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