Wenn`s dunkel wird, fehlt der Antrieb
Viele Menschen verlieren im Herbst Energie, fühlen sich lustlos, sind weniger aktiv, spüren vermehrt Müdigkeit und benötigen mehr Schlaf als sonst. Untersuchungen haben gezeigt, dass in den Wintermonaten Fehler am Arbeitsplatz oder auch Anfragen zum Thema Depression bei Google um bis zu 15 Prozent ansteigen. Es scheint also zumindest bei einem Teil der Bevölkerung einen Zusammenhang zwischen der psychischen Befindlichkeit und der Tageslänge zu geben.
Winterdepression, worum geht`s?
„Bei der Winterdepression geht es hauptsächlich um Anpassungsstörungen an das verminderte Tageslicht. In der Psychiatrie ist seit langem bekannt, dass fehlende Lichtquellen den inneren Biorhythmus stören und Depressionen verursachen können. Die depressive Episode mit atypischen Merkmalen tritt vermehrt in den Wintermonaten auf – und zwar über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren – und bildet sich stets im Frühjahr wieder zurück“, erklärt Prim. Dr. Elmar Windhager, Leiter der Abteilung für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Psychologie und Psychotherapie im Klinikum Wels-Grieskirchen. Symptome für eine Winterdepression sind Energiemangel, Antriebslosigkeit, vermehrte Nahrungsaufnahme mit erhöhtem Appetit auf Kohlenhydrate und folglich Gewichtszunahme, vermehrtes Schlafbedürfnis und Tagesmüdigkeit, Libidoverlust, Störungen des Menstruationszyklus sowie depressive Verstimmung.
Mehrheit leidet unter Winterblues
„Bis zu 25 Prozent der Menschen behaupten, dass sie in der Winterzeit einfach lustlos sind. Hier spricht man vom sogenannten „Winterblues“, einer milderen, nicht krankhaften Form der saisonalen Depression. An einer „echten“ Winterdepression leiden in etwa fünf Prozent der Menschen. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer“, so Windhager.
Der Norden ist depressiver
Studien zufolge ist die Depressionshäufigkeit vom Breitengrad abhängig. Je weiter nördlich Menschen zuhause sind, desto häufiger konnten Depressionen nachgewiesen werden. Weiters weiß man, dass Menschen, die in höheren Breitengraden aufwachsen, sich an das verminderte Tageslicht genetisch und damit evolutionsgeschichtlich anpassen. Jene, die aus südlichen Klimazonen in nördliche Regionen immigrieren, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an Depressionen zu erkranken.
Expertentipps: Was bei einer Winterdepression hilft
Hauptsächlich wird die Winterdepression mit einer ambulanten Lichttherapie behandelt, das Klinikum Wels-Grieskirchen bietet aber auch eine stationäre Behandlung an.
• Lichttherapie: Zusätzliches Licht wird eingesetzt, um den verkürzten Wintertag künstlich zu verlängern. Es wird ein Sommertag mit Vollspektrumlampen mit 2.500 bis 10.000 Lux nachgeahmt. Empfohlen wird eine tägliche Morgensitzung von 30 bis 60 Minuten. Eine Verbesserung tritt schon nach drei bis fünf Tagen ein.
• Dämmerungs-Simulation: Ein Lichtwecker simuliert eine natürliche Morgendämmerung. Etwa 45 Minuten lang wird die Lichtintensität langsam bis auf 300 Lux erhöht.
• Sowohl die Lichttherapie als auch die Dämmerungs-Simulation dienen ebenso zur Prophylaxe. Lichtgeräte werden von der OÖGKK verliehen bzw. sind im Fachhandel zu kaufen.
• Eine hellere Beleuchtung am Arbeitsplatz ist eine zusätzliche vorbeugende Maßnahme (mehr als 300 Lux).
• Schwerere Krankheitsfälle profitieren von einer kombinierten Licht- und Medikamententherapie. Psychotherapeutische Maßnahmen unterstützen die medikamentöse Behandlung.
Dem Winterblues entgegenwirken
Der Facharzt empfiehlt eine regelmäßige körperliche Aktivität – möglichst bei Tageslicht – und eine bewusste Ernährung. Tägliche Spaziergänge im Freien sind wohl die gesündeste und preiswerteste Maßnahme gegen den Winterblues.
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