Traurige Bilanz bei Delikten und Drogentoten
"Bei Drogen sticht Stadt Wels heraus"
Suchtgift und seine Folgen waren jetzt Thema im Welser Gemeinderat. Wie groß ist das Problem?
WELS, WELS-LAND (mb). Mehr Streetwork, mehr Polizei, Videoüberwachung – die Antworten auf das Thema "Drogen" sind vielfältig. Welche davon greifen und wie groß das Problem ist, sollte jetzt eine Anfrage im Gemeinderat klären.
Den Ruf als Drogenhochburg hat die Stadt seit Jahren. "Das hat mit der Heroinwelle zu tun, die Ende der 1990er losging", sagt Tanja S. (Name geändert). Die Welserin begann mit 13 Jahren, Suchtgift zu nehmen, rutschte schnell ab. Schließlich landete die heute 26-Jährige beim Heroin. "Es war überall zu haben, kam direkt vom Balkan her." Das deckt sich mit polizeilichen Erkenntnissen: "Wels liegt verkehrstechnisch günstig, an der Schmuggelroute Wien–Linz–Salzburg", sagt Franz Scheiböck, Bezirkspolizeikommandant von Wels-Land. "Die rollende Landstraße", nennt es Stadtpolizeikommandant Klaus Hübner. In Folge sind auch andere Mittel leicht in der Stadt verfügbar. "Es ist ein urbanes Zentrum, wo man Kontakte knüpft", so Scheiböck. "Deshalb konzentriert es sich hier, während es im Bezirk nur wie eine Randerscheinung wirkt."
Drei Mal mehr Anzeigen
Tatsächlich hat die Stadt drei Mal mehr Suchtgiftanzeigen als der Bezirk Wels-Land (siehe unten). "Wels sticht als Stadt bei Drogen hervor", so Hübner. Lage und Bedeutung schlagen sich auch im Landes-Vergleich nieder: Wels verzeichnet rund zehn Prozent aller Drogenfälle in OÖ. "Es sind Kontrolldelikte", so der Stadtpolizeichef. Sprich: Je mehr die Polizei tut, desto mehr Anzeigen fallen an. Das Problem aber ist da, wie sich auch im medizinischen Bereich zeigt: Laut Gebietskrankenkasse sind rund ein Drittel aller oö. Heroinabhängigen in Behandlung in Wels zu finden.
Dazu gehört auch das traurigste Faktum: die Zahl der Drogentoten. Sie bewegt sich "zwischen zwei und fünf jährlich", so die zuständige Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger (FPÖ) in ihrer Beantwortung einer Anfrage der Grünen. "Die Dunkelziffer dürfte tatsächlich noch höher liegen, viele Fälle werden falsch eingestuft", sagt der Stadtpolizeikommandant. "Ich weiß alleine zehn Freunde, die zwischen April 2017 und Oktober 2018 in Wels gestorben sind", so Tanja S.. In Oberösterreich starben im Jahr 2017 insgesamt 19 Menschen an Suchtgift, im Jahr davor 16 – bis zu einem Drittel davon also alleine in Wels – Tendenz steigend. Und das Thema "Drogen" ist und bleibt präsent in der Stadt: Seit Jahren steigt die Anzahl derer, die in den Suchtberatungsstellen um Hilfe ansuchen.
Ausbau der Hilfsangebote
Die polizeilichen Mittel sind begrenzt: "Wenn wir einen Treff unter die Lupe nehmen, weicht die Szene aus, es bildet sich der nächste Hotspot", sagt Hübner. "Es ist ein ewiges Spiel." Am Grundproblem ändere das nichts, "das ist nur gesellschaftlich zu lösen." Bleibt also die Frage nach politischen Lösungsansätzen: "Wir kennen die Problematik", sagt Raggl-Mühlberger. "Deshalb soll die Anlaufstelle 'Nikado' erweitert und vergrößert werden, um noch mehr Therapie anbieten zu können." Derzeit sei eine neue Immobilie in Prüfung. Das Angebot werde gut angenommen, was auch der massiv angestiegene Spritzentausch zeige. "Damit lässt sich gesundheitlich viel vorbeugen." Auch die Beratungsstelle "Circle" soll mehr Unterstützung erfahren.
Die Fakten im Überblick:
Abhängige in Behandlung:
Laut GKK sind in Oberösterreich 1.360 Heroinabhängige in Behandlung, 292 alleine in Wels (Wels-Land:17) – insgesamt gut ein Viertel.
Drogendelikte:
Suchtmittelanzeigen gab es in OÖ 7.655, davon 621 in Wels – drei Mal mehr als in Wels-Land (230).
Drogentote:
In OÖ starben 19 Menschen an Drogen, im Jahr davor 16 – bis zu einem Drittel davon in Wels.
Anlaufstellen:
Im Vorjahr wurden 1.374 Suchtberatungen mit Welsern (Wels-Land: 208) – 100 mehr als 2016.
Leitdroge:
Mehr als die Hälfte der Beratungen galten bisher Heroin, 2018 aber erstmals Cannabis.
Hilfe:
– Beratungsstelle "Circle":
Dragonerstr. 22, 07242/45274
– Kontaktstelle "Nikado":
Salzburger Str. 56, 07242/2357968
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.