HTL-Wels-Austronautin Michaela Hochbaumer landet im International Space Camp in Huntsville, Alabama, USA

- hochgeladen von Dietmar Spöcker
Ein Erfahrungsbericht
7:00 am, Flug nach Frankfurt. Beginn eines Abenteuers mit zwei Mitreisenden, die ich, Mia Hochbaumer, Schülerin der HTL Wels, kaum kenne. Amerika, Alabama, Huntsville, Spacecamp. Da.
Abgeholt werden Harald und ich (bye-bye Alex, wir sehen uns beim International Evening) mit einem Bus, ganz für uns alleine. Gleich nach der Ankunft im gut eingezäunten Spacecamp-Gelände werden wir mit Sandwiches „verköstigt“ und genießen die gefühlten 15° der heruntergekühlten Räume.
Lektion 1: Du bist nie ohne Beaufsichtigung
Dass dies nicht von langer Dauer ist, bemerken wir relativ bald. Mit anderen Internationals & kleinen Kindern zu einer Gruppe zusammengewürfelt, werden wir in den „Vergnügungspark“ und das Museum gebracht (Lektion 1: Du bist nie ohne Beaufsichtigung). Die Freude über dieses „Lückenbüßerprogramm“ hält sich bei allen Internationals ziemlich in Grenzen, somit gleich ein Gesprächsthema zum Anfreunden! Als „Shrek“ mit den Kleineren am Programm steht, wollen die Größeren nur noch ins Bett (es gibt doch noch Wunder).
Lektion 2: Amerika ist in manchen Belangen wirklich sehr konservativ
Der Morgen beginnt früh und der Duft von Sternchen-Pommes, Speck und gebackenem Hühnchen liegt in der Luft (hoch lebe das Amerikanische Frühstück!). Nach einem mehr oder weniger glücklichen Versuch eines Crewtrainers, mit uns Frisbee zu spielen, steht ein weiterer Museums-Vergnügungs-Tag auf dem Programm. Danach weist uns ein ziemlich schrulliger Typ in die „Habitatrules“ ein, okaaayy!? No Tighty Whities, okaaayy! No huggy-huggy, no kissy-kissy, okaaayy! Okaaayy, Sir! (Lektion 2: Amerika ist in manchen Belangen wirklich sehr konservativ).
Lektion 3: Die Nationalhymne Amerikas wird hier öfter gespielt als jeder Hit auf
Youtube oder im Radio
Samstagabend ist International Evening! Großer Einmarsch, großes TamTam, großes Gesinge (Oh say can’t you see, bla bla bla bla bla STAR SPANGLED BANNER, bla), große Worte (Robert „Hoot“ Gibson). Ein schöner Abend mit viel Spaß. (Lektion 3: Die Nationalhymne Amerikas wird hier öfter gespielt als jeder Hit auf Youtube oder im Radio).
Lektion 4: Amerikaner lieben ihre Airforce
Der nächste Tag beginnt mit einem sehr abwechslungsreichen Ausflug … ins Museum! Am Nachmittag beginnt dann aber der wahre Alltag des Spacecamps. Vollgestopft bis in die letzte Minute. Der Bus bringt uns auf das Gelände der „Aviation Challenge“. (Lektion 4: Amerikaner lieben ihre Airforce). Dort erwartet uns ein kleiner Teich mit einem riesigen tankähnlichen Teil, das einen Helikopter darstellen soll. Rette sich wer kann! Wir notwassern! Unterhaltsam und abkühlend.
Danach werden wir gewirbelt, bis uns schlecht wird (nein, wir waren standhaft). Astronauten-Trainings-Gadget Nr. 1: der Multi Axis Trainer!
Nach etwas Team-Time ist es bereits Zeit fürs Bett. Keinen stört‘s. Wir sind müde.
Am nächsten Morgen geht es nach einer Überdosis zuckerhaltigen Frühstücks Richtung Area 51 für einige Teambuilding Activities. Sicherheit wird hier groß geschrieben und so stehen wir mit Helmen auf dem Kopf 10 Zentimeter über dem sicheren Grund des Waldes.
Lektion 5: Filme über den Krieg sind auch für Kinder unter 6 Jahren geeignet, zumindest hier
Nach diesem Ausflug in die Botanik gilt es noch weitere Astronauten-Trainingsgeräte zu probieren. Nr.2: der 1/6th Gravity Simulator, bei dem man wie ein Hase über die Mondoberfläche aus Plastik hüpft, und Nr.3: der 5DF Chair, bei dem man sich wie ein Astronaut im Weltraum fühlen soll. Hinzu kommt noch ein Film über die American Airforce, der den Krieg als eine Art Spiel darstellt (Lektion 5: Filme über den Krieg sind auch für Kinder unter 6 Jahren geeignet, zumindest hier).
Lektion 6: Pilotin wär was für mich
Vorm Schlafengehen beginnt noch das Training für unsere erste Mission. Als Pilotin sitze ich hier im Spaceshuttle und drücke Knöpfe, dass es eine Freude ist (Lektion 6: Pilotin wär was für mich).
Lektion 7: Pilotin ist doch nichts für mich, wir sind abgestürzt…
Der Dienstag besteht großteils aus Mission-Training (Beta-Mission: Mission Scientist, Gamma-Mission: CAPCOM), einem Film im IMAX-Dome über die Weiten des Weltalls, Raketenbau-Workshop und Zipline in der Area 51. Besonderen Spaß machte uns die Alpha-Mission (Lektion 7: Pilotin ist doch nichts für mich, wir sind abgestürzt…).
Am Mittwoch absolvieren wir unser letztes Mission Training (Delta-Mission: ISS Scientist). Weiters macht Patrick, unser Crewtrainer und Fotograf mit bis zu 10 Kameras, ein Gruppenfoto, auf dem wir in unserer Shuttleswag-Manier posieren. Danach geht es darum, ein Hitzeschutzschild für ein Ei zu bauen. In manchen Fällen läuft dies etwas schief (ja, Eier können wirklich explodieren), unser Hitzeschild hingegen ist ziemlich gut.
Der Nachmittag steht ganz im Zeichen unserer selbstgebauten Raketen. Der Raketentest zeigt: Hier sind wir alle gleich schlecht. Unsere Rakete fliegt ganze 120 Zentimeter … nach unten, weit nur 15.
Lektion 8: Gut, dass ich mich vom Pilotendasein verabschiedet habe
Später fliegen wir noch einen Kampfjet im Flugsimulator (Lektion 8: Gut, dass ich mich vom Pilotendasein verabschiedet habe.) und werden in einer Zentrifuge mit 5G belastet.
Lektion 9: NIE WIEDER (in die Tiefe stürzen)!
Am nächsten Tag: Ein weiterer Programmpunkt ist der sogenannte Pamperpole in der Area 51. Sieht aus wie ein Leitungsmast, ist aber ein schrecklich wackelnder Baumstamm, den es hochzuklettern gilt. Nach fünf Minuten Zittern schaffe ich es endlich auf die Plattform und stürze mich gleich wieder in die Tiefe. (Lektion 9: NIE WIEDER!).
Als prominenten Gastredner hören wir Don Thomas, Ph.D, der uns über seine Erfahrungen als Astronaut erzählt.
Lektion 10: Wir sehen alle fantastisch aus in unseren blauen Anzügen!
Und dann ist es soweit: wir starten unsere letzte Mission, die Extended Duration Mission. Als CAPCOM bin ich hier am Rand des Verzweifelns, da die Crewtrainer etwas sadistisch veranlagt sind und die gesamte Besatzung des Orbiters sterben lassen – bevor sie wiederbelebt wurden. (Lektion 10: Wir sehen alle fantastisch aus in unseren blauen Anzügen!)
Für den Freitag bleibt nur noch die Graduation. Wir bekommen unsere „Advanced Academy Wings“ und den „Outstanding Team Award“ verliehen (man hörte uns, bevor man uns sah).
Nach einer Woche wie dieser fällt der Abschied extrem schwer. Fazit: Es war grandios!
Mia Hochbaumer, HTL Wels, Mechatronik, 5BHMEA
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