Verwirrung um den Stadlinger Jugendtreff

In Franz Keims Geburtshaus befindet sich noch bis 31. März der Stadlinger Jugendtreff.
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STADL-PAURA/BEZIRK. In 14 von 24 Gemeinden in Wels-Land existiert laut Jugendservice des Landes Oberösterreich ein Jugendtreff, in dem Jugendliche miteinander und mit einem Sozialbetreuer über Alltägliches und Probleme sprechen sowie ihre Freizeit im Warmen und Trockenen ohne Konsumzwang verbringen können. Dazu kommen regelmäßige Ausflüge. Bald sind es nur mehr 13, denn der laut Jugendausschuss-Obfrau Renate Schöberl (SPÖ) älteste Jugendtreff des Bezirks in Stadl-Paura wird nach etwa 20 Jahren am 31. März geschlossen. "Die Besucherzahlen sind kontinuierlich nach unten gegangen. Das ist aus meiner Sicht ein üblicher Ablauf, denn es sind mal mehr und mal weniger. Das Thema ging allerdings in den Gemeinderat ein, ohne dass ich als Ausschuss-Obfrau zuvor informiert wurde", sagt Schöberl, die sich vor den Kopf gestoßen fühlte. "Im Ausschuss haben wir uns dagegen gewehrt, denn man kündigt seine Wohnung nicht, bevor man eine neue hat." Im Anschluss bekam sie den Auftrag, ein neues Konzept zu erstellen. Dieses sei bis spätestens Anfang 2018 fertig.

Mit Ausschuss unzufrieden

Laut Bürgermeister Christian Popp (FPÖ) sind seit einiger Zeit nur mehr zwei, drei Jugendliche zum Jugendtreff gekommen. Er hätte sich eine intensivere Suche des Ausschusses nach einem neuen Standort gewünscht und sich zuletzt um einen ortsübergreifenden Jugendtreff in Edt, Lambach, Neukirchen oder Stadl-Paura bemüht. Aus verschiedenen Gründen sei daraus jedoch nichts geworden. Der Impuls zur Schließung des Jugendtreffs in der Waschenberger Straße sei von der Bürgerliste "Lebensraum" gekommen. "In einer Sitzung vor Weihnachten wurden ein neues Konzept mit Räumlichkeiten im Zentrum und ein neues Betreuungssystem thematisiert. Der Lebensraum hat dann aber gesagt, dass nicht erfüllt wurde, was er wollte und hat in der Sitzung aufgedreht, wie unsozial es sei, dass man den Jugendtreff schließt. Obwohl von ihm der Impuls kam", sagt Popp.

Mit Bürgermeister unzufrieden

Das sieht Lebensraum-Gemeinderat Christian Raidl anders: "Nur der Standort war nicht optimal, aber dann kam der Antrag der FPÖ, den Jugendtreff zuzusperren. Ich habe interveniert. Pro Jahr hat der Betrieb die Gemeinde zirka 22.000 Euro gekostet, aber das Gebäude gehört sogar der Gemeinde." Ralf Müller, der mit seinem in Regau ansässigen Verein "Jugend im Zentrum" den Jugendtreff in Stadl-Paura sowie Bad Wimsbach, Gunskirchen, Krenglbach und Thalheim betreibt, bedauert das Ende des Jugendraums "CheckIn". "Es gehört ein anderer Standort her, dieser ist zu weit außerhalb des Zentrums. Die Jugend muss zum Teil ein ganz schönes Stück zurücklegen." Der Verein habe Schulen aufgesucht und Streetworking betrieben, um mehr Jugendliche in den Jugendtreff zu locken, jedoch ohne Erfolg. "Das Problem haben wir sonst nirgends. Normal kommen 15 bis 30 Jugendliche in die Jugendtreffs. Für die zwei, drei in Stadl-Paura ist die Schließung eine Katastrophe. Gerade Stadl-Paura ist ein Ort, der so etwas unbedingt braucht. Viele haben Bedarf an Betreuung, das Familienleben ist nicht überall rosig", sagt Müller.

Mit Gemeinde unzufrieden

Er sieht in Stadl-Paura ein hohes Potenzial an Jugendlichen, die in die Drogenszene abgleiten könnten. "In Stadl-Paura findet man zwar nichts, aber die meisten sind in der Lambacher, Vorchdorfer und Welser Szene. Ein starkes Thema ist hier auch jenes der Migranten, die ziemlich abgegrenzt sind und einen schlechten Ruf haben." Laut Bürgermeister Popp habe Stadl-Paura vor einigen Jahren ein "riesiges Drogenproblem" gehabt. "Das waren aber nicht diejenigen, die einen Jugendraum aufgesucht haben. Daher würde ich eher in Richtung Streetworker gehen." Auch Sozialpädagoge Müller wünscht sich verstärktes Streetworking, die Gemeinden würden sich dagegen jedoch verwehren. Außerdem möchte er, dass der Staat Gemeinden ab einer gewissen Einwohnerzahl zur Führung eines Jugendtreffs verpflichtet. "So nehmen sich die Gemeinden fein raus. Aber wo sollen Jugendliche denn hingehen, wenn es regnet oder kalt ist? In einer Gaststätte mit Konsumzwang wollen sie sie nicht haben, und bei uns können sie sogar auch mal einfach nur Computer spielen", meint Müller.

Mit Jugendverein unzufrieden

So wie der Sozialpädagoge mit der Gemeinde ist auch die Gemeinde mit Müller nicht zufrieden. "Eine Woche, nachdem ich als Bürgermeister angelobt wurde, kamen fünf Jugendliche zu mir und haben gefragt, ob sie im Winter zum Fußballspielen mal in die Turnsäle können. Die sind also von sich aus gekommen, der Verein hat ihnen das aber dann nicht ermöglicht", schildert Popp. Außerdem würden die Jugendlichen im "CheckIn" hauptsächlich Computer spielen. Der Jugendtreff werde nicht aus finanziellen Gründen geschlossen, sondern weil er nicht mehr funktioniert habe. "Wir zahlen das Geld bis Jahresende an Vereine, die sich für die Jugend engagieren." Der Bürgermeister schlägt vor, den Jugendtreff in Räumlichkeiten der Neuen Mittelschule neu zu eröffnen. Ausschuss-Obfrau Schöberl befürchtet jedoch, dass die Jugendlichen nicht gerne in ein Schulgebäude gehen. Weiters findet sie das vom Jugendverein praktizierte System der stetig wechselnden Sozialbetreuer nicht optimal. "Auch, wenn wir von Anfang an davon wussten." Bei einem sind sich alle jedoch einig: Der Standort muss zentraler liegen.

Krenglbach ist zufrieden

Müllers Verein würde gerne auch in Buchkirchen einen Jugendtreff eröffnen. Laut Bürgermeisterin Regina Rieder steht dies aus Platzmangel aber nicht zur Debatte. In Krenglbach funktioniert der Jugendtreff, auch von Müllers Verein betrieben, gut. "Er hat zweimal die Woche für jeweils fünf Stunden geöffnet und es sind durchschnittlich 20 Jugendliche anwesend. Die sind ganz bunt durchgemischt. Es sind Jugendliche dabei, die auch bei anderen Vereinen sind, und viele, die sich in keinen sozialen Problemlagen befinden", sagt Sozialausschuss-Obfrau Daniela Nömeyer. Dass sich der Jugendtreff im Ortszentrum befindet, ist für sie ein wichtiger Faktor. Auch, wenn das Gebäude hohe Heizkosten verschlinge und renovierungsbedürftig sei.

Teurer Welser Jugendtreff

In Wels existieren zwölf Jugendtreffs. Vier davon (je einen in Lichtenegg, Neustadt, Pernau und Vogelweide) betreibt die Stadt. Ein weiterer mit Baukosten von rund 700.000 Euro ist in der Noitzmühle in Plan. Die Finanzierung ist noch unklar, da nur etwa 400.000 Euro dafür zur Verfügung stehen. Die vier Jugendtreffs zählten laut Jugendreferent Gerhard Kroiß im vergangenen Jahr 15.533 Besucher, davon 82 Prozent Burschen und 18 Prozent Mädchen. Zirka zwei Drittel davon sind zwischen zwölf und 18 Jahren alt, der Rest zwischen acht und zwölf. Die weiteren acht Jugendtreffs sind bis auf geringfügige Subventionen seitens der Stadt eigenständig.

480.000 Euro pro Jahr

Laut Kroiß funktionieren die Treffs gut. "Jugendliche können sich mit Gleichaltrigen treffen, auch wenn das Wetter nicht so gut ist. Es gibt keinen Konsumzwang und sie haben trotzdem einen Ansprechpartner. Der Betreuer ist zum Beispiel behilflich, wenn es um Stellenbewerbungen geht." Zehn der Jugendlichen haben es so bis zu einem Vorstellungsgespräch bei der eww gruppe geschafft, einer wurde aufgenommen. "Die haben sonst nie den Sprung zu einem Bewerbungsgespräch geschafft, auch weil die Zeugnisse nicht gut waren", meint Kroiß. Manche der Welser Jugendtreffs, beispielsweise das D22 im Alten Schlachthof, befinden sich jedoch in Gegenden, die als Drogenumschlagplatz bekannt sind. "Das mag sein, aber gerade das D22 ist eine gewachsene Struktur. Dort trachtet man danach, genau diese Dinge zu vermeiden", entgegnet Kroiß. Zirka 480.000 Euro gibt die Stadt pro Jahr für die Jugendtreffs aus, hauptsächlich für die Jugendbetreuer. Dennoch zeigt sich Kroiß mit den Jugendzentren zufrieden.

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