Sepp Praxmarer
Ein "Amtsleiter aus Berufung"

Sepp Praxmarer blickt auf über 45 Dienstjahre in der Verwaltung der Gemeinde Natters zurück. | Foto: Hassl
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Sepp Praxmarer war 45 Jahre im Dienst der Gemeinde Natters und hat vor kurzem den wohlverdienten Ruhestand angetreten. Wir baten um einen Rückblick auf ein außergewöhnliches Berufsleben.

Zugegeben: Es ist kein leichtes Unterfangen für den Berichterstatter: Zum einen sollen 45 Jahre in eine beschränkte Zeilenanzahl gepackt werden. Andererseits handelt es sich bei Sepp Praxmarer (Hausname: „Steixner“) um einen bescheidenen Mann, der dem Begriff „Amtsgeheimnis“ stets besondere Bedeutung beigemessen hat. „Auf die Pauke hauen“ war und ist bei ihm nur dann angesagt, wenn es um die Musikkapelle Natters geht – dort verstärkt er seit 40 Jahren die Schlagwerkabteilung!

Besonderheiten

… müssen an dieser Stelle erwähnt werden. Sepp Praxmarer war ein „Amtsleiter aus Berufung“. Er arbeitete mit Michael Pfurtscheller, Josef Bramböck, Luis Falschlunger, Stefan Moisi und Karl-Heinz Prinz unter fünf Bürgermeistern – die beiden letztgenannten gehören der SPÖ an. Dieser Hinweis ist insofern wichtig, weil Praxmarer von 1980 bis 2004 als Gemeinderat und Gemeindevorstand der ÖVP-Bauernliste im Ortsparlament ein Mandat ausübte. Bei der Zusammenfassung dieser Tätigkeit blitzt der „stille Humor“ in besonderer Weise auf: „Am Anfang sitzt man als junger Mensch im Gemeinderat unter renommierten Persönlichkeiten. Dann ist man unter Gleichaltrigen – und am Ende ist man selbst der Alte!“

Arbeit mit fünf Bürgermeistern: Michael Pfurtscheller, Josef Bramböck, Luis Falschlunger, Stefan Moisi (auf den Bildern von links nach rechts) und der aktuelle Amtsinhaber Karl-Heinz Prinz | Foto: Hassl
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Spannungsfelder

… habe es mit allen Bürgermeistern – egal aus welcher politischen Richtung – schon gegeben. „Alle Amtsinhaber waren grundverschieden und sehr gegensätzlich. Vieles läuft ja sozusagen amtswegig, da gibt es wenig Spielraum. Dann kommt natürlich jeder mit seinen eigenen Ideen und Vorstellungen. Da ist ein gewisses Maß an Flexibilität und Verständnis von allen Seiten gefragt.“

Dienstbeginn

Am 1. Oktober 1975 trat Praxmarer seinen Dienst als „Kanzleikraft“ an. „Das war sofort nach Beendigung der Schulzeit. Der damalige Bürgermeister Michael Pfurtscheller übte gleichzeitig auch das Amt des Gemeindesekretärs aus – eine Verstärkung wurde gesucht. Das Interesse war bei mir sofort geweckt. Ich bin in Natters aufgewachsen und der Arbeitsplatz in der Gemeinde bot die Chance, im Ort zu arbeiten und auch in der heimischen Landwirtschaft mitzuhelfen.“ Alsbald ging es zur Einschulung als Gemeindesekretär und der „stille Übergang“ in dieses Amt wurde vollzogen. Hilfestellung gab es damals von einer Halbtagskraft.

Ein "Comeback am langjährigen Arbeitsplatz" gab es nur für den Fotografen. | Foto: Hassl
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Eine andere Zeit

Die Erinnerung an die ersten Jahre entlockt Sepp Praxmarer ein Schmunzeln. „Es war eine andere Zeit, in der ein einziges Telefon, eine mechanische Schreibmaschine und eine bescheiden ausgeführte Rechenmaschine zur Büroausstattung zählten. In der Buchhaltung wurden Kontoblätter geführt. Im Meldeamt wurde mit farbigen ‚Reiterlein‘ als Markierungshilfe gearbeitet. Baubescheide mittels Pauspapier in siebenfacher Ausführung auszustellen, war ebenso ein großes Abenteuer wie die Anfertigung von Kopien.“
Die technische Entwicklung im Lauf der vielen Jahre hat der Amtsleiter (so die spätere offizielle Bezeichnung) natürlich von Grund auf miterlebt. „Einfach enorm, was sich da getan hat. Früher war mehr Kopfarbeit und Strategie angesagt. Von Maschinen gab es in der Anfangszeit keine Unterstützung.“

Feierabend

Das Speichern von Daten per EDV ist das eine, das Speichern von Erlebnissen in der Amtsstube im Kopf das andere. „Beides gehört nicht öffentlich ausgebreitet“, legt sich der Amtsleiter a.D. fest. „Wenn man als Amtsleiter aus dem Dorf stammt und am Abend bei der Tür hinausgeht, dann muss in jeder Beziehung Feierabend sein.“ Dass er „im Beruf gewissermaßen gefangen war“, wird aber nicht verschwiegen. „Man ist doch immer eine Anlaufstelle für vieles, was im Dorf passiert. Und wenn ich Sachen gesehen habe, die mich gestört haben, dann mussten gewisse Dinge sofort erledigt werden.“ Einen „etwas rescheren Tonfall im Parteienverkehr“ habe es manchmal schon gegeben, mit außergewöhnlichen Vorfällen könne er aber nicht dienen.

Großereignisse

Die dörfliche Entwicklung (dazu zählen auch rund 1.400 Bauansuchen) hat Sepp Praxmarer natürlich aufmerksamst verfolgt. Als „Großereignisse“ bezeichnet er die zweimalige Durchführung der Versehrtenolympiade mit Promis vom Bundespräsidenten bis zu schwedischen Königin ebenso wie die Realisierung des Altersheimes. „30 Jahre wurde darüber gesprochen, dann ist es mit dem Erwerb des Baugrundes vom Stift Wilten und der Zusammenarbeit mit Mutters und Götzens plötzlich schnell gegangen. Grundsätzlich musste früher mit viel weniger Geld viel geschaffen werden.“

Der letzte Tag

Den letzte Arbeitstag hat sich der nunmehrige Pensionär anders vorgestellt. „Ich dachte immer, dass es langsam auslaufen würde. Dann kam die Pandemie, die Arbeit wurde nicht weniger und es gab quasi bis zur letzten Minute Parteienverkehr. Da blieb wenigstens nicht viel Zeit für große Wehmut. Den Zentralschlüssel abzugeben, war dann aber doch ein emotionaler Moment.“
Die Würdigung des Amtsleiters obliegt dem aktuellen Bürgermeister Karl-Heinz Prinz: „Ich habe ihn ja erst im Amt richtig kennen und schätzen gelernt. Es hat nie ein Problem gegeben. Er war mit seiner Erfahrung ungemein wertvoll und ich sage offen, dass er mich auch manchmal vor Fehlern bewahrt hat. Es gibt wohl nicht viele Personen in Natters, die nicht wissen, was Sepp Praxmarer für unsere Gemeinde geleistet hat. Der erste Tag, an dem er nicht mehr zur Arbeit kommen musste, war sehr hart. Ebenso die Erkenntnis, dass wir aufgrund der Situation keine würdige Abschiedsfeier organisieren konnten – aber das wird nachgeholt!“

Vom Sepp „ungnommen“

Apropos Nachfolger: Mit Matthias Tanzer steht nunmehr ein junger Amtsleiter dem Team vor. Dass er in der Lage ist, in die (großen) Fußstapfen seines Vorgängers treten zu können, beschreibt Bgm. Karl-Heinz Prinz wie folgt: „Ich habe von meinem Büro aus mitgehört, wie ein Antragsteller zu Matthias folgendes gesagt hat: ‚Du håsch a schon vom Sepp ungnommen‘ – ein größeres Kompliment für einen jungen Amtsleiter ist nicht vorstellbar …“

www.westliches-mittelgebirge.at

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