Doyen der österreichischen Luftfahrtgeschichte
Trauer um DI Reinhard Keimel
WIENER NEUSTADT (Red.). Am 12. April 1944 in Wien geboren verbrachte er seine Jugend und Studienzeit vorwiegend in Wien und am Grundlsee im steirisches Salzkammergut.
Schon im Alter von 12 Jahren verbrachte er unzählige Stunden damit, Flugzeuge aus einem damals monatlich erscheinenden Flugzeugmagazin nachzuzeichnen und eigene 3-Risszeichnungen anzufertigen. Sein Traum Flugzeugkonstrukteur zu werden, war aber in Europa und insbesondere Österreich Mitte der 60er Jahre nicht so leicht zu realisieren.
Er wollte daher Maschinenbau an der TU Wien studieren. Als er jedoch von der Immatrikulation heimkam und die Familie ihn fragte, wie es war, antwortete er zum Erstaunen aller: „Die Warteschlange beim Maschinenbau war so lang und bei der Architektur nur wenig los, weshalb ich mich spontan dafür entschied, Architektur zu inskribieren.“
Das Studium wurde in Mindestdauer abgeschlossen – für die 4-stündige Abschlussprüfung in Darstellende Geometrie (DG) benötigte er nur ½ Stunde!
Während und nach dem Studium arbeitete er zeitweise bei einem Baumeister in Bad Aussee, wo er auch am Entwurf und der Konstruktion einiger Einfamilienhäuser in der Umgebung, und an zahlreichen Umbauten mitwirkte. Daneben blieb Zeit, einer weiteren Leidenschaft nachzukommen: er galt als herausragenden Segler beim Steirischen Yachtclub Grundlsee, wo er mehrere Regatten gewann.
1969 begann Reinhard Keimel als Kustos für Schifffahrt im Technischen Museum Wien, zusätzlich ab 1972 für die Luftfahrt und die Bautechnik. Für die Wiedereröffnung des Museums im Jahre 1999 nach der Generalsanierung konzipierte er den Luft- und Schifffahrtsbereich als Sonderausstellung. Als Leiter der Abteilung Verkehr ging er 2003 in Pension, und war zu diesem Zeitpunkt einer der längstdienenden Mitarbeiter des Hauses.
Im Laufe seiner Tätigkeit fertigte er unzählige Risse mittels Entzerrung alter Fotos von österreichischen Baumustern an, die heute oft die einzige Plangrundlage zu zahlreichen Flugzeug-Typen darstellen. Veröffentlichungen wie die Flugzeuge der österreichischen Firma Lohner 1909-1923 oder Flugzeuge der ÖLAG und der Austrian Airlines vermitteln einen guten Eindruck, mit wieviel Akribie und Hingabe Reinhard Keimel seine Skizzen ausfertigte.
Zahlreiche der von ihm gebauten Modelle, wie jenes vom Flugplatz Wien Aspern, befinden sich heute im Sammlungsbestand des Technischen Museums.
Ab 1979 übernahm er von Hans Schatzer die Leitung des österreichischen Luftfahrtarchivs und etablierte es mit der ab 1983 regelmäßigen erscheinenden Vereinszeitschrift FLUG-Informationen als wichtigstes Medium zur Geschichte der österreichischen Luftfahrt.
Daneben versuchte er mit Toni Kahlbacher (1914–2004) ein Österreichisches Segelflugmuseum in Hundsheim am Spitzerberg / NÖ zu gründen, was aber vorerst scheiterte. Erst 1993 fanden sich mit der Stadt Wiener Neustadt, dem Land Niederösterreich und der Firma Diamond Aircraft Industries GmbH entsprechende Partner, mit denen das Projekt umgesetzt werden konnte. 1999 konnte am Flugplatz Ost das Flugmuseum Aviaticum eröffnet werden. 2019 musste das Museum in einen historischen Flugzeughangar auf der gegenüberliegenden Seite der Landebahn übersiedeln, wo er bis zuletzt selbst noch maßgeblich an der Neueinrichtung verantwortlich mitarbeitete.
Bei all diesen Arbeiten, Forschen, Zeichnen und Basteln war er ehrgeizig, sehr genau, ja pedantisch. Im Gegensatz dazu, war er privat stets bescheiden und zuvorkommend. Ein liebevoller und fürsorglicher Ehemann, Vater, Onkel und Großvater: freundlich, hilfsbereit, optimistisch, durchwegs lustig und mit einem spitzbübischen Gemüt. Eher zurückhaltend vertiefte er sich gerne in seine Modellbauprojekte.
Völlig überraschend verstarb er am 9.11.2021 nach kurzer schwerer Krankheit in Wien.
Neben zahlreichen Buch-Veröffentlichungen in den letzten fünf Jahrzehnten publizierte DI Reinhard Keimel die 2003 erschienene Enzyklopädie über den Luftfahrzeugbau in Österreich, die als das Standard-Nachschlagewerk heimscher Baumuster bezeichnet werden kann.
Auf Amazon wird dabei nicht nur sein Buch, sondern auch sein Werk wie folgt zusammengefasst:
Die Aufarbeitung der österreichischen Geschichte des Luftfahrzeugbaues wurde hier in einem wissenschaftlich präzisen und erschöpfenden Umfang erarbeitet, welcher selbst für Kenner der Szene erstaunlich ist. Nun ist natürlich der Autor, Reinhard Keimel, allein aufgrund seiner bisherigen luftfahrthistorischen Publikationen, dem aviatisch interessiertem Leserkreis ein Begriff, die Informationsdichte in diesem Werk lässt auf eine Recherche schließen, welche den Fachbereich erschöpfend erfasst. (13. April 2012)
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