Theaterfestival "Bloody Crown"
Zeitgeistige Königsdramen: sinnlich, spannend, mysteriös und top-aktuell
WIENER NEUSTADT. Eine heruntergkommene Tafel, ein zerfetzter Thron, ein eingebrochenes Klavier und dahinter ein Schlachtross.
Was in den diffus erhellten Gemäuern der Wiener Neustädter Kasematten gezeigt wird, ist chaotisch, morbide und in seiner Art faszinierend. Es sind die Vorbereitungen zu Shakespears Königsdrama "König Johann", das im Rahmen des Theaterfestivals "Bloody Crown" am 5. März Premiere hat. Zwischen all den morbiden Requisiten sitzt Anna Maria Krassnig, Regisseurin dieses von Friedrich Dürrenmatt übersetzten Stückes, das in beängstigender Weise mit den Begriffen Macht, Verantwortung und Nationalismus spielt.
"Shakespears Drama zeigt die erschreckende Aktualität mittelalterlich feudalherrschafticher Fehden in Europa", so Krassnig. Für die Regisseurin ist die einzigartige Architektur der Kasematten eine ideale Location, um hier "Europa in Szene" zu setzen. Schon eine Woche später setzt sich der Zyklus mit der Premiere von Olga Flors "Die Königin ist tot" fort. In einer atemberaubenden Bühnenkonstruktion, getragen von drei mächtigen Betonpfeilern und einer Rolltreppe, die geradewegs in einen Teich mündet, bewegt sich die zeitgenössische Lady Macbeth. Eine ehrgeizige Protagonistin, die im Sumpf der Schönen und Reichen, im Luxustaumel eines mächtigen Medienunternehmens in Chicago der Macht hinterhältiger Alphatiere ausgesetzt wird und damit ein zerstörerisches Bild einer kalten, machtgierigen Gesellschaft nachzeichnet.
Das Publikum - und das ist das Eizigartige dieser Inszenierungen - verfolgt das Spiel aus nächster Nähe, ist gewissermaßen in das Spiel einbezogen. "Es ist eine grandiose Möglichkeit, dieses Konzept in den Kasematten umzusetzen - damit erlebt das Publikum hautnah all die emotionalen Aspekte der Macht, des Beherrscht- und Unterdrücktwerdens, der Zerrissenheit", so Regisseurin Krassnigg. Mit ihren Inszenierungen gibt Anna Maria Krassnigg Denkanstöße, provoziert und lässt ihre Figuren dennoch feinsinnig analysieren.
Krassnigg: "Theater als Denkanstoß ist eine zentrale Säule der wortwiege, der künstlerischen Vereinigung von Theatermachern und Experten aus Literatur und Wissenschaft." Der historische Saal der Kasematten wird daher kurzerhand zum "Salon Royal" umfunktioniert, das Publikum findet hier ein "Theater des inhaltlichen Austausches", an dem sich Wissenschaftler und Literaten der Diskussion stellen. So etwa laden am 5. März Philosoph Franz Schuh, am 7. März Schriftsteller Slobodan Snajder und Politikwissenschafterin Ulrike Guérot am ersten langen Wochenende zum Dialog im Salon. Mehr Informationen unter www.bloodycrown.at
König Johann
von Friedrich Dürrenmatt nach Shakespeare
Do 5. Mär - So 19. Apr 2020
In den historischen Wiener Neustädter Kasematten wählt die wortwiege ein Königsdrama mit Ortsbezug – hat doch das Lösegeld von Richard Löwenherz die Gründung der Stadt ermöglicht, und taucht sein Widersacher, der Herzog von Österreich, selbst im Stück auf. Eine rasante Einführung in die europäische Geschichte im Spiegel der Gegenwart.
Die Königin ist tot
nach dem Roman von Olga Flor
Do 12. Mär - So 19. Apr 2020
Als Beichte einer zeitgenössischen Lady Macbeth, die sich keinen Fehler in der Verwaltung ihres Körpers und ihrer Gefühle leisten kann, verführt uns Olga Flor in ein dystopisches Universum der Schönen und Reichen, die über Leichen zu gehen bereit sind, um ihre Privilegien zu verteidigen.
Salon Royal
Impuls und Dialog
Do 5. Mär - So 19. Apr 2020
Ein historischer Saal der Kasematten wird zum höchst gegenwärtigen Salon, einem geistigen und ästhetischen Ort, einem „Theater des inhaltlichen Austausches“. Renommierte Wissenschaftler*innen und Literat*innen stellen ihre Thesen persönlich und unmittelbar zur Diskussion. Weiterdenken, Weiter-Sprechen ist erklärtes Ziel! Kein Salon ohne Bar!
Termine und Gäste
Do 5.3. (18:00) mit FRANZ SCHUH (Philosoph)
Sa 7.3. (18:00) mit SLOBODAN ŠNAJDER (Schriftsteller)
So 8.3. (18:00) mit ULRIKE GUÉROT (Politikwissenschaftlerin)
Do 12.3. (18:00) mit OLGA FLOR (Schriftstellerin)
Sa 14.3. (18:00) mit DARIO GENTILI (Moralphilosoph)
So 15.3. (18:00) „DIE VIERTE MACHT“ Podium in Kooperation mit Die Presse
Sa 21.3. (18:00) mit MONIKA MEISTER (Theaterwissenschaftlerin)
So 22.3. (18:00) mit WYNFRIED KRIEGLEDER (Germanist)
Sa 4.4. (18:00) mit SUSANNE JALKA (Psychoanalytikerin, Konfliktforscherin)
So 5.4. (18:00) mit TAMARA SCHEER (Historikerin)
Sa 18.4. (18:00) mit WOLFGANG MÜLLER-FUNK (Kulturwissenschaftler)
So 19.4. (18:00) mit ANNA MARIA KRASSNIGG (Theatermacherin)
Moderation (wechselnd): Anna Maria Krassnigg und Wolfgang Müller-Funk
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