Hans Haid: "Bequem und gezähmt"

Prof. Hans Haid blickt für Tirol trotz seiner Meinung nach  herrschenden Visionslosigkeit optimistisch in die Zukunft.
  • Prof. Hans Haid blickt für Tirol trotz seiner Meinung nach herrschenden Visionslosigkeit optimistisch in die Zukunft.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

TIROL. Es scheint der Eindruck, es ist ruhig um Hans Haid geworden.
Hans Haid: "Der Tod meiner Frau Gerlinde vor zweieinhalb Jahren hat mich gesundheitlich getroffen. Nur langsam kommt mein Lebensmut zurück, langsam bin ich auch wieder fähig, meine Arbeit fortzusetzen."

Das "Lesebuch II" ist 2013 erschienen. Wann kommt Neues von Hans Haid?
Haid: "Geplant wäre, ein dreibändiges Werk mit Prosa, Texten und Aufsätzen von mir und eine zweite Promemoria als Broschüre herauszubringen."

„Das Land ist tot, das Land ist kalt, das Land, das stirbt, wenn es so weitergeht." Ihre Worte 2010. Ist es so weitergegangen?
Haid: "Es ist schlimmer geworden. Das Abrutschen in die Belanglosikeit, in einen biederen und miesen Folklorismus, geht schleichend weiter. Es wird nur perfekter zelebriert und ist g'schmachiger aufbereitet."

Hat sich Tirol weiter verändert in den letzten zehn Jahren?
Haid: "Es herrscht eine Kleinkrämerei vor, besonders der öffentliche Rundfunk verliert an Substanz, es gibt minderwertige Produkte, keine Volkskultur, keine kritischen Stimmen mehr. Auch politisch hat es sich zum Negativen gewendet. Die Ära Platter ist eine Weiterführung von Armseligkeit und Visionslosigkeit. Der verstorbene ORF-Intendant Bacher war noch mutig. Es bräuchte Mut und Toleranz für eine neue Kulturpolitik, auch die Grünen sind zu schwach, hier zu verändern."

In "Mit Tränen füllt man keine Betten" warnen sie vor der Klimakatastrophe. Ist es eingetroffen, wovor Sie gewarnt haben?
Haid: "Nicht ganz, es geht langsamer, aber es kommt erst. Die Natur stellt sich derzeit um. Ich brauch' nur an die Gefährdung der Bienen zu denken. Das gefährdet auch den Menschen. Darum stimmen mich solche Aussagen wie in der Umweltenzyklika des Papstes sehr hoffnungsvoll."

Wie müsste der Tourismus in Tirol aussehen, um nachhaltig und wirtschaftlich zu sein?
Haid: "Derzeit muss alles bequem und gezähmt sein, im Tourismus dürfen kein Ansprüche gestellt werden. Wenn der Trend weiter zunimmt, dann werden viele Tiroler Dörfer im Sommer keinen Tourismus mehr haben. Und obwohl die Umweltpolitik auf einem guten Weg ist – man denke nur an die Naturparks – so wird der Mensch zu wenig eingebunden. Für Tirol gäbe es gute Möglichkeiten, ich denke da an Osttirol oder etwa an den Verein 'Bio vom Berg', das sind große Chancen für die Menschen, den Tourismus und auch für die kleinbäuerliche Struktur."

Warum ist der Mensch zu wenig eingebunden?
Haid: "Die Macher der Umweltpolitik sind Beamte im Land, die Politik ist zu wenig mutig. Ich habe ein fertiges Projekt für das Ötztal, das Schnalstal und das Passeiertal als 1. UNESCO Biosphäre ausgearbeitet und eingereicht. Von Felipe hieß es nur lapidar, das sei alles durch die Naturparks abgedeckt. Es ist aber nur der Naturschutz abgedeckt, nicht das umfassende Denken für die Menschen. Eine große Enttäuschung und Visionslosigkeit."

Frage an den Bergbauern Hans Haid: Wie kann die Landwirtschaft überleben?
Haid: "Weite Teile der extremen Bergbauern betreiben ihre Landwirtschaft engagiert als Hobby. Die größeren und mittleren Bauern sind abhängig von Kammer und Förderungen. Biobauern, regionale, gesunde Lebensmittel und gesunde Tiere bieten in Zukunft die größten Chancen in der Landwirtschaft."
In Ihrer Rede zum Otto Grünmandl-Preis sagten Sie: "… Schneekanonen und Gewehrkolben haufenweis' und ein solcher Pseudopatriotismus eppan goor…“ Ist Patriotismus für die Zukunft ungesund?
Haid: "Nein, überhaupt nicht, es braucht den gesunden, kritischen, echten Patriotismus, der in Tirol auch noch vorhanden ist. Es wird zum Beispiel wieder mehr kritisch gesungen und musiziert."

Sie schreiben im Dialekt, denn da, sagen Sie, „treffe ich besser, greife ich tiefer, bin ich konkreter und zugleich poetischer". Ist der Dialekt in Tirol in Gefahr?
Haid: "Überhaupt nicht. Natürlich verschwimmt in gewissen Bereichen der Dialekt, wird angepasster. Auch der Tourismus hat es nicht geschafft, den Tiroler Dialekt in seinen unglaublich vielen Facetten zu zerstören. Und bei der Jugend, denken Sie nur an die SMS-Sprache, die findet fast ausschließlich im Dialekt statt. Das ist auch ein Schritt zu einer neuen sprachlichen Identität."

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