Deutsch lernen und arbeiten dürfen

Harald Bachmaier, Manuel Diller, Nicole Cujai und Hansjörg Steinlechner (v.l.) in Kufstein.
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  • Harald Bachmaier, Manuel Diller, Nicole Cujai und Hansjörg Steinlechner (v.l.) in Kufstein.
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BEZIRK/KUFSTEIN (nos). Information, Diskussion und Vernetzung standen im Mittelpunkt der Veranstaltung rund um den Themenkomplex "Asyl und Arbeit", zu dem das AMS Kufstein und die Euregio Inntal-Chiemsee-Kaisergebirge-Mangfalltal vergangene Woche ins Untergeschoss des Ämterzentums luden. Unter der Moderation von Euregio-Geschäftsführerin Esther Jennings gaben Harald Bachmeier, GF Tiroler Soziale Dienste GmbH und Manuel Diller, Leiter der Abteilung für kommunale und soziale Angelegenheiten im Landratsamt Rosenheim einen Überblick über die aktuellen Betreuungszahlen und finanziellen Leistungen gegenüber Asylwerbern in Tirol und Bayern. Nicole Cujai (Leiterin Agentur f. Arbeit, Rosenheim) und Hansjörg Steinlechner (GF AMS KU) stellten in einem Kurzabriss die jeweiligen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Menschen mit verschiedenen Aufenthaltstiteln vor. Sie alle gehen davon aus, dass rasche und gelungene Integration besonders durch eine Einbindung in den Arbeitsmarkt funktioniere.
Gekommen waren, wie Jennings zur Begrüßung feststellte, zahlreiche Vertreter von Organisationen, Unternehmen und Gemeinden, mit dem „Interesse und der Bereitschaft in Tirol und Bayern etwas zu bewegen“. Nach der Einführung durch die Experten und Verantwortlichen lotete eine erste Diskussionsrunde die aktuell gesammelten Erfahrungen und laufenden Projekte der Flüchtlingsarbeit in der Region aus.

Erfahrungen direkt Beteiligter

Thomas Dangl, Bezirksgeschäftsführer Rotes Kreuz Kufstein, schilderte Eindrücke aus der täglichen Arbeit im Transitcamp. Er und Peter Mader, Sozialdienst-Referent im Landesverband des Roten Kreuzes, würden sich etwa wünschen, die rund 30 Asylwerber, die freiwillig im Kufsteiner Camp mitarbeiten, auf Drei-Euro-Basis beschäftigen zu können, wie es für Gemeinden möglich ist.
Stefan Müller, BRK, konnte dahingehend bereits Erfahrung sammeln: „Wir bieten gemeinnützige Stellen an und haben eine weit größere Nachfrage als was wir anbieten können.“
Margit Exenberger vom AMS Kufstein berichtete von den aktuell im Arbeitsmarktservice vorgemerkten Asylwerbern und die Ergebnisse der ersten Vorgespräche. 70 Männer und 21 Frauen, vorwiegend aus Afghanistan, sind aktuell im System vorgemerkt. 79 hätten keine oder eine ungeklärte Ausbildung, 51 der 91 zu geringe Sprachkenntnisse. Hier bestehe also „durchaus Bedarf an Sprach- und Berufsqualifikation“. Geplant sei, in Zukunft „Komptezenz-Checks“ durchzuführen.
Armin Brugger vom Zentrum für Migration in Tirol (ZeMiT) verwies auf die Erfahrung aus seiner Arbeit als Anerkennungsstelle für im Ausland erworbene Qualifikationen: „Es kommen immer mehr Menschen, die gut qualifiziert sind.“
Andrea Wallner von der Wirtschaftskammer konnte von Berufsfestival und –shuttle sowie einer „von Unternehmerseite sehr positiven Resonanz“ zum Vorstoß der Kammer und den geplanten Aktivitäten in Sachen Lehrplätze für jugendliche Flüchtlinge zusammen mit Industriellenvereinigung und Leader-Verein „Kuusk“ berichten.
Stefan Lederwascher, der Bürgermeister der bayrischen Gemeinde Flintsbach, verwies darauf, dass der Schlüssel zur Integration „immer die Sprache“ sein werde. Die Einbindung von Asylwerbern in kommunale Tätigkeiten, etwa am Bauhof, funktioniere gut, aufgrund von gesteigertem Maschineneinsatz aber nur bedingt.
Seit rund sechs Monaten ist Meral Sevencan Integrationsbeauftragte der Stadtgemeinde Kufstein. Sie überließ die Ausführungen ihrem Wörgler Kollegen Peter Warbanoff und „komm!unity“-GF Klaus Ritzer. Der sähe im „i-motion“-Projekt seines Vereins eine „interessante integrative Maßnahme mit kleiner Belohnung“.
Kufsteins AK-Chef Ritzer forderte mehr positive Information ein, „negatives wird oft unglaublich augebauscht“, wie er findet.
„Deplatziert“, weil er „als privatwirtschaftliches Unternehmen nicht tun“ dürfe, fühlte sich Sandoz Personalchef Klaus Neumayer. „Es wäre wichtig, möglichst schnell zu integrieren“, erklärte Neumayer, „aber ich brauche Rechtssicherheit, etwa in der Frage ob ich Praktika anbieten darf.“ Sandoz sei „mit Sicherheit bereit einen Beitrag zu leisten“, erklärte er. Ferial- oder Berufspraktika dürfen laut Ausländerbeschäftigungsgesetz nur über eine Bildungsanstalt öffentlichen Rechts geschehen.

Beschäftigungslos im Abseits

Bernhard Jochum aus Brixlegg ist „einer dieser ehrenamtlichen Wahnsinnigen“ und kümmert sich um 12 Syrer und Iraker, die seit rund einem Jahr „in einem kleinen abgewrackten Bauernhäusel, mitten im Nirgendwo in Radfeld“ untergebracht sind. Bislang hätten sie noch nicht einmal ein Erstinterview für ihr Asylverfahren bekommen, beklagte Jochum. Er zeigte sich stark enttäuscht von Regierung und Behörden, die jungen Männer seien zum Nichtstun verdammt und würden zusehends depressiv. „Wenn wir sehenden Auges so etwas beobachten; Wenn der politische Wille da wäre, könnte man Lösungen finden!“, ärgert sich Jochum.

Polizei resümiert positiv

Kufsteins Bezirkspolizeikommandant Walter Meingassner konnte von keiner einzigen Straftat eines Asylwerbers oder Flüchtlings in Kufstein berichten: „kein einziger ist straffällig geworden, nicht einmal ein Ladendiebstahl.“ Franz Metzger vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd sieht aktuell 60 Prozent aller Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, durch seinen Zuständigkeitsbereich ziehen. In den Notunterkünften habe man keine Probleme, diese „beginnen in den Gemeinschaftsunterkünften“, wo teilweise mehr als 50 Personen gemeinsam untergebracht sind – je länger, desto mehr Probleme. Besonders unter Alkoholeinfluss gäbe es Zwischenfälle und „jeder Einzellfall geht durch die Medien“. „Normal untergebrachte werden nicht auffällig“, weiß Metzger zu berichten.

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