Hechenberger: "Müssen Vollerwerbsbauern extrem unterstützen!"

Josef Hechenberger, Helga Brunschmid und Johann Gwiggner (v. l.) sind besorgt um die Vollerwerbsbauern im Land.
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BREITENBACH/BEZIRK (nos). Tirols Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger und Vizepräsidentin Helga Brunschmid waren in den vergangenen Wochen in den Bezirken unterwegs, besichtigten Betriebe und thematisierten die jeweils drängensten Fragen. Am Kalkbichlhof von Familie Hager in Breitenbach ging es um die Zukunft von Vollerwerbsbauern und sinkende Produktpreise.

"Es gibt in Tirol noch Vollerwerbsbauern, die müssen wir extrem unterstützen", forderte LK-Präsident Hechenberger gleich zum Auftakt. Der Bezirk Kufstein zähle nicht nur die meisten Vollerwerbsbauern, sondern auch die meisten Milchproduzenten – sowohl von herkömmlicher, als auch von Bio- und Heumilch. Aber: "Wir haben in Tirol ein großes Problem aufgrund der Produktpreissituation", mahnt Hechenberger. Er bezeichnet den aktuellen Milchpreis als den "historisch schlechtesten" jemals. Zwar sei dieser 2009 noch niedriger gewesen, allerdings müsse die Inflation mitbedacht werden, so Hechenberger. "Dass Bauern nur 28 Prozent vom Milchverkaufspreis bekommen, müssen wir ändern", fordert der LK-Präsident aus Reith im Alpbachtal und will dafür vorallem bei verarbeitenden Betrieben ansetzen. Davon gäbe es seiner Ansicht nach zu viele, was die Handelsketten begünstige und die Bauern in der Preisgestaltung marginalisiere. Einerseits brauche es "klare Marketingstrategien für den Export", andererseits müsse man "den Heimmarkt verteidigen".
Zwischen Jänner und März 2014 bekam ein Landwirt etwa 47 Cent pro Liter Milch (inkl. MwSt), derzeit seien es 33,6 Cent, so Hechenberger, einen solchen Rückgang "kann ein Betrieb nicht kompensieren". Seiner Ansicht nach sei ein "Investitionspaket für die Landwirtschaft sehr notwendig".

"Es ist nicht die erste Wahl Trockenmilch nach China zu bringen", erklärte auch Vizepräsidentin Helga Brunschmid aus Kirchberg. Im kommenden Jahr will sich die LK verstärkt mit dem Thema Regionalität auseinandersetzen und "gemeinsam überlegen, welche Ressourcen der Hof hat und was man daraus machen kann". Dafür habe die LK einen Innovationsberater installiert, der Erwerbskombinationen ausloten soll.

"Gut aufgestellt" sieht Bezirkskammerobmann Johann Gwiggner den Bezirk Kufstein, auch, weil der größte milchverarbeitende Betrieb des Landes, die Tirol Milch, in Wörgl angesiedelt sei. Als Teil des Molkereikonzerns "Berglandmilch" steht die Tirol Milch allerdings bei den Landwirten in der Kritik, einige liefern ihre Milch bereits in den Pinzgau. Alternativ dazu rät auch die LK zur Bildung von Genossenschaften und zur Produktion von Spezialitäten, um mehr Geld aus einem Liter Milch zu bekommen, beispielhaft sei etwa die Alpbachtaler Heumilchsennerei.

Problematisch bleibe auch nach Gwiggners Ansicht die Preisproblematik. Bei sinkenden Milchpreisen fallen auch die Verteigerungserlöse von Zuchtvieh, gleichzeitig spielen auch Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen eine große Rolle. Es gäbe zwar "keinen Preiskampf", aber die Flächen werden knapper. "Wir brauchen die Landschaft nicht nur zum Spazierengehen, das wird viel zu wenig gesehen", erklärt Gwiggner. Kritisch sieht er auch die Tendenz "dass es immer einfacher werden soll, Höfe zu teilen".

Breitenbachs Bürgermeister Alois Margreiter freut sich als Dorfchef über dne "Musterbetrieb" Kalkbichlhof und meint in Sachen Milchpreis: "Da braucht es alle Anstrengungen, um das zu ändern". Er stellt ebenso fest, dass Gemeinden die Möglichkeit hätten, landwirtschaftlcihe Betriebe zu unterstützen. Breitenbach etwa leiste einen Beitrag, indem Zuchtvereine finanziell gefördert werden, Landwirte vergünstig Wasser beziehen können und die Gemeinde die Kosten für Seuchenschutz und Kadaverentsorgung übernehme. Zudem widme seine "Mustergemeinde" Flächen nur mehr nach Bedarf und nur für Einheimische.

Drei Generationen arbeiten derzeit am Kalkbichlhof der Familie Hager, zuletzt investierte man in einen topmodernen Laufstall mit neuer Melkanlage. Jakob Hager erzählt, es hätten sich schon viele Exkursionen ein Bild von seinem Betrieb gemacht, sogar aus der Türkei kam man schon auf den Kalkbichl.
"Wir wollen einfach davon leben können, mit 30 cent pro Liter kann das nicht gehen!", meint der Bauer aus Berufung. Die Gewinnspanne mache derzeit allein der Handel, dieser schöpfe den Rahm ab, während die Bauern knapp kalkulieren und die ganze Familie am Hof einspannen müssten. Er sähe gerne ein höheres Preisniveau "damit es uns Freude macht", derzeit sei die Situation "eher traurig", mit der Tirol Milch sei er "total unzufrieden". Hager würde sich auch gezielte Fördermaßnahmen vorstellen können: " Bei uns ist der Kuhkomfort halt auch Thema, das sollte eigentlich honoriert werden."

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