Im Auge des Flüchtlings-Sturms
Warum das Liesinger Flüchtlingsheim zum Sinnbild des internationalen Phänomens wurde.
WIEN. Jetzt hat die internationale Flüchtlingskrise eine Hauptstadt gefunden. Es ist nicht Traiskirchen. Es ist nicht die Grenze in Spielfeld. Es ist Liesing.
Das Liesing, in das niemand einen Fuß setzt, der dort nicht wohnt. Warum auch? Kein Theater, kein Kino, kein publikumswirksames Abendlokal. Doch plötzlich sind da Filmkameras und Mikrofone. Zwei Bürgerversammlungen mit jeweils 600 Interessierten wurden zum Megaspektakel für nationale Medien.
Denn das dort geplante Asylheim wurde zum Sinnbild des gesamten Flüchtlings-Phänomens. Warum? 750 Flüchtlinge sollen in einem ehemaligen Bürogebäude untergebracht werden. Das alleine ist aber noch nicht Grund genug für die Medienresonanz. Immerhin ist es nicht einmal die größte Flüchtlingsunterkunft in Wien. In der Vorderen Zollamtsstraße im 3. Bezirk sind zum Beispiel 1.000 Flüchtlinge untergebracht.
Eine Frage der Zeit
Aber das Liesinger Projekt wurde zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt publik. Nämlich rund um die Silvesternacht in Köln, in der es zu Übergriffen von Asylwerbern an Frauen gekommen sein soll. Und da kam die Angst auf. Vor 750 Flüchtlingen, die in Liesing „ihr Unwesen treiben“. Selbst die Tatsache, dass hauptsächlich Familien einziehen werden, konnte die Angst der Anrainer nicht schmälern.
Auch 6.000 Protestunterschriften haben nichts gebracht. Am Flüchtlingsheim in der Liesinger Ziedlergasse führt kein Weg vorbei. Und da kam das Ohnmachtsgefühl auf. Weil man als Anrainer nichts ausrichten kann.
Als Krönung wird jetzt demonstriert. Und das Aushängeschild wird kein Geringerer sein als Heinz-Christian Strache. Die Offensive gegen Rechts hat eine Gegendemo angekündigt. „Ich hab Angst, dass Liesing dann brennt“, hört man an den Stammtischen. Das sagt man aus Spaß. Noch.
Zum Showdown kommt es am 14. März. Mitten am Liesinger Platz. Wo sich sonst nur vereinzelt Menschen aufhalten. Außer am Freitag, wenn Markttag ist.
Alles, was eine Krise braucht
Angst, Ohnmacht und Showdown. Die Ereignisse in Liesing bieten also alle Zutaten, die die Flüchtlingskrise greifbarer machen. Mitten in dieser Aufregung sind die ersten Familien im Heim angekommen. „Wir wohnen jetzt in einem Schloss.“ Das hat eines der Kinder beim Einzug in das riesige Gebäude gesagt. Bleibt zu hoffen, dass es nicht bald zur Festung wird.
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