Rudolf Hundstorfer: Sogar am Fußballplatz noch höflich
Von einer Substandard-Wohnung in die Hofburg? „Rudi“ Hundstorfer – eine Spurensuche.
WIEN. „Einer von uns“ steht auf den Wahlplakaten von Bundespräsidenten-Anwärter Rudolf Hundstorfer. Eine Allerweltsphrase, die bei jedem stehen könnte. Stimmt nicht, sagt Wohnbaustadtrat und langjähriger Wegbegleiter Michael Ludwig. Denn: „Der Rudi, der ist wirklich einer von uns. Einer, der keine Unterschiede macht, der nicht nur an die Großschädlerten denkt.“ Das habe sich schon gezeigt, als er 1995 Vorsitzender der Wiener Gemeinderäte war. „Wenn er Sitzungen geschlossen hat, hat er sich nicht nur bei den Mandataren bedankt, sondern bei den vielen Beschäftigten des Rathauses. Er hat immer gewusst, dass es auf die vielen Heinzelmännchen ankommt, damit die Politiker ihre Arbeit machen können.“
Das sei auch seinem Werdegang geschuldet. „Er hat selbst viele Bevölkerungsschichten durchlebt.“ Aufgewachsen ist Hundstorfer in Favoriten. In einer Zweizimmerwohnung mit der Toilette am Gang.
Durch alle Schichten
Der erste soziale Aufstieg kam dann nach eigener Aussage mit elf Jahren: der Umzug in eine Genossenschaftswohnung mit eigenem Bad und Klo. Als Jugendlicher hat er eine Lehre als Bürokaufmann gemacht und sich dann konsequent hochgearbeitet. Personalvertreter, Gewerkschafter, Sozialminister, Bundespräsidentschaftskandidat. Das sei aber nicht mit Ellenbogen passiert.
„Er ist immer freundlich“, heißt es bei seinen Wegbegleitern - wie dem ehemaligen Floridsdorfer Bezirksvorsteher Heinz Lehner. „So freundlich, dass er alle anderen in seiner Umgebung ansteckt.“ Nicht einmal am Sportplatz werde er ausfallend, wenn er mit Ludwig zu Basketball- oder Fußballspielen geht. Einmal, da sei er aber schon böse geworden. Das erzählt sein langjähriger Freund aus der Gewerkschaft, Christian Meidlinger. Damals in der Diskussion über die Besoldungsreform. „Er hat seinen Packen Unterlagen auf den Tisch geknallt und hat sich unschön ausgedrückt.“ Unschön? „Naja, ‚Ihr könnt uns gern haben‘, hat er gesagt und hat den Raum verlassen. Fünf Minuten später hat es ihm aber leidgetan und er hat sich entschuldigt. So ist er, der Rudi.“ In der Freizeit sei Hundstorfer ein begeisterter Ballgeher. „Aber zum Tänzer wird er erst seit Kurzem“, sagt Ludwig. Ob er denn gut tanze? Lachen. Pause. „Natürlich“.
Verbindend und geduldig. Das sind die Eigenschaften, die ihm seine Freunde zuschreiben. Und vor allem zäh. Während der Krise beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) im Jahr 2006 etwa habe Hundstorfer rund um die Uhr gearbeitet, erzählt Meidlinger. „Damals kam er mich besuchen. Er hat sich sofort in den Garten gelegt, hat zwei Stunden geschlafen. Dann hat er einen Espresso getrunken und ist mit den Worten ‚Danke fürs Ausrasten‘ wieder gegangen.“ Aber das sei nicht unhöflich gewesen. „So funktioniert eben Freundschaft.“
Zur Person
Rudolf Hundstorfer (64) ist in Wien-Favoriten geboren. Seit den 1970er-Jahren engagiert er sich in der Gewerkschaft, 2007 wurde er ÖGB-Chef, 2008 dann Sozialminister. Hundstorfer ist verheiratet und hat eine Tochter und zwei Stiefkinder.
Hintergrund:
Neben Rudolf Hundstorfer gibt es einen weiteren waschechten Wiener unter den Bundespräsidentenanwärtern. Lesen Sie auch die Spurensuche von Richard Lugner: Im Herbst muss der Hase sterben
Unsere RMA-Kollegen aus den anderen Bundesländern haben auch die anderen Kandidaten porträtiert. Diese finden Sie hier.
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