Schmieraktion in Telfs: Hakenkreuze am Telfer Minarett

Foto: ZOOM-Tirol
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TELFS. Dienstag-Früh wurden die Schmierereien, die von der Straße aus gut sichtbar sind, entdeckt. Die Hakenkreuze wurden mit schwarzer Farbe im Eingangsbereich (links und rechts der Eingangstüre) sowie auf den Mosaikfliesen (mit ca. einem halben Meter Durchmesser) aufgesprüht. Die Schadenshöhe ist derzeit nicht bekannt.
Der Verein ATIB hat die Symbole mittlerweile abgedeckt und Anzeige erstattet.
In letzter Zeit gab es keine derartigen Vorkommnisse, die Polizei ermittelt und wertet die gesicherten Spuren aus. Das Landesamt für Verfassungsschutz bearbeitet den Fall.

Reaktionen:

Telfer Dekan Scheiring und Superintendent Dantine distanzieren sich
von Hetze gegen religiöse Minderheit

Mit Befremden haben Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche auf die Hakenkreuzschmierereien am Minarett der Moschee von Telfs durch unbekannte Täter reagiert.
Telfer Dekan Peter Scheiring nannte den Vandalenakt "sehr befremdlich", zumal mit der muslimischen Glaubensgemeinschaft in Telfs gutes Einvernehmen und regelmäßiger Kontakt bestünde. Dekan Scheiring äußerte sich am Freitag gegenüber "Kathpress" "sehr betroffen" über die Aktion. Die katholische Pfarrgemeinde in Telfs bemühe sich seit Jahren erfolgreich um guten Kontakt mit den Muslimen im Tiroler Ort, wo es seit 2006 die Eyüp-Sultan-Moschee gibt. Der Priester berichtete von wechselseitigen Besuchen bei Festen, aber auch von Freundlichkeitsgesten wie einer Abordnung der
Telfser ATIB (Türkisch-islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich), die Scheiring im Vorjahr zu dessen Wiederwahl als Dekan gratulierte.
Die Mehrheit der Bevölkerung trage diesen Verständigungskurs mit, allerdings gebe es eine Minderheit, die sich "resistent" gegen eine von gegenseitiger Wertschätzung getragene Beziehung zwischen Christen und Muslimen zeige, bedauerte der Geistliche.

Der evangelisch-lutherische Superintendent der Diözese Salzburg-Tirol, Olivier Dantine
, reagierte empört und wollte die "Hetze gegen eine religiöse Minderheit in unserem Land nicht kommentarlos hinnehmen". Dantine hatte am Donnerstag in einem Schreiben an den Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinde Innsbruck, Burhan Türkmen, seine Betroffenheit über den Vorfall ausgedrückt. Er zeigte sich solidarisch mit der Islamischen Religionsgemeinde, "in der Hoffnung, ein klein wenig zu einem Klima beizutragen, in dem solchen islamfeindlichen Aktionen der Nährboden entzogen wird" und derartige Aktionen nicht mehr toleriert werden.

Berîvan Aslan, Abgeordnete zum Nationalrat (Grüne), wohnhaft in Telfs:
"Meine Heimatgemeinde Telfs wurde mit Hakenkreuzen vergiftet! Wir sind eine multikulturelle Gemeinde und wir werden es nicht zulassen, dass das friedliche Zusammenleben der Telfer Bevölkerung gefährdet wird. Telfs darf keinen Nährboden für Rassismus bilden und die rechte Gesinnung darf nicht stark aufgetrieben werden. Es war (meinerseits) zu erwarten, dass das Minarett-Thema in dieser Form wieder präsent wird!"
Der Telfer Grüne-GR Christoph Walch: „In Telfs ist kein Platz für Intoleranz, Rassismus, Trennendes, Hass Schürendes und ewig Gestriges. Der Verein hat unsere volle Unterstützung und Solidarität.“
Hubert Weiler-Auer (Sprecher der Grünen Telfs): „Die Hakenkreuz-Schmierereien sind zutiefst zu verurteilen. Richten sie sich doch gegen unser friedliches Zusammenleben, beschmutzen die ganze Gemeinde und übersehen das Leid, Blut, den Völkermord, die Zerstörung und Menschenverachtung, die sich mit dieser Symbolik verbindet. Und ich spreche hier von der größten menschlichen Katastroph in der europäischen Geschichte des letzten Jahrtausends.“
Auch LA Andreas Angerer und der Obmann der Grünen Zuagroasten LA Ahmet Demir: „Nach diesem Vorfall müssen wir dieses Thema offen ansprechen und nicht tabuisieren, damit die Gesellschaft sensibilisiert wird und offen darüber reden kann.“

Für ÖVP-Gemeindevorstand Güven Tekcan ist das eher ein "Lausbubenstreich, weniger eine gezielte Attacke auf das Gebetshaus", wie er sagt: "Man soll das nicht überbewerten."

SPÖ Tirol ruft zu einem friedlichen Miteinander auf: „Die Verwendung von rechtsextremen Symbolen ist kein Kavaliersdelikt", erklärt die SPÖ in einer Presseaussendung zum Vorfall in Telfs: "Durch derartige Schmierereien wird ein sehr großer immaterieller Schaden verursacht. Wir können stolz darauf sein, dass wir in einem Umfeld leben, in dem das friedliche Miteinander im Vordergrund steht und uns Zustände wie aktuell in Ferguson fremd sind. Aus diesem Grund ist Extremismus in jeder Form entschieden zu verurteilen“, erklärt Selma Yildirim, stellvertretende Vorsitzende der SPÖ Tirol: „Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und die Diskriminierung von Religionsgemeinschaften dürfen bei uns keinen Platz finden.“ Der aktuelle Vorfall sei Anlass sich dessen bewusst zu werden, so Yildirim.
Laut Helmut Muigg, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer Tirol, handelt es sich hier nicht um einen Einzelfall: „Erst vor Kurzem kam es zu einem ähnlichen Vorfall in Gries am Brenner. Ziel war damals das AsylwerberInnenheim.“ Außerdem sei insbesondere in Innsbruck eine deutliche Zunahme rechtsextremer und faschistischer Schmieraktionen zu beobachten: „Ich glaube nicht, dass es sich hier um blinden Vandalismus handelt, vielmehr sollten wir davon ausgehen, dass hinter den sich häufenden Schmieraktionen bewusster und manifestierter Fremdenhass und systematischer Rassismus steckt.“

JG Tirol verurteilt Hakenkreuzsschmiererein scharf - Faschismus ist in Tirol wieder Thema:
„Das ist ein rechtsextremer Angriff auf unsere Mitmenschen, der nicht ungeahndet bleiben darf“, erklärt Fabian Saxl, Vorsitzender der Jungen Generation Innsbruck Land. Anlass sind die Hakenkreuzschmierereien am Minarett in der Marktgemeinde Telfs. „Faschismus, Fremdenhass und die Diskriminierung von Religionsgemeinschaften sind in ganz Europa heute wieder Thema.“ Der aktuelle Vorfall sei ein weiteres Beispiel dafür, dass diese Entwicklung auch vor Tirol nicht halt mache, so Saxl.
Die Gründe derartiger Aktionen sieht Marc Deiser, Vorsitzender der JG Tirol, u.a. in der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz von Fremdenfeindlichkeit. „Faschismus und Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund und Religionsgemeinschaften sind nicht zuletzt dank der rechtsextremen FPÖ wieder salonfähig geworden, faschistische Symbolik ist auf dem Weg zurück in die gesellschaftliche Normalität.“ Zu Bedenken gibt Deiser außerdem, dass sich erst im Juli die Freiheitliche Jugend in Innsbruck Land wieder formiert hat.
Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, die Vorfälle als das zu bezeichnen was sie sind: ein Akt rechtsextremer Gewalt. „Dagegen müssen und werden wir auftreten und der Gewalt mit mehr Toleranz begegnen.“

Stellungnahme der Diözese Salzburg-Tirol
"Die Hetze gegen eine religiöse Minderheit darf in unserem Land nicht kommentarlos hingenommen werden." Mit diesen Worten reagiert der evangelisch-lutherische Superintendent der Diözese Salzburg-Tirol auf den Vandalismusakt, die auf das Telfer Minarett gesprühten Hakenkreuze.
In einem Schreiben an den Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinde Innsbruck, Burhan Türkmen, drückt der evangelische Superintendent seine Betroffenheit aus und zeigt sich solidarisch mit der Islamischen Religionsgemeinde, "in der Hoffnung, ein klein wenig zu einem Klima beizutragen, in dem solchen islamfeindlichen Aktionen der Nährboden entzogen wird" und derartige Aktionen nicht mehr toleriert werden.
Dantine erinnert in dem Schreiben vom 21. August an die Orientierungshilfe der evangelischen Generalsynode aus dem Jahr 2011. Unter dem Titel "Respektvoll miteinander - Evangelische Christen und Muslime in Österreich" hatte die evangelische Kirche die Gemeinden und Mitglieder dazu aufgerufen, Menschen muslimischen Glaubens mit Respekt zu begegnen, gute Nachbarschaft zu pflegen und Vorurteilen und Aggressionen entgegenzutreten.

Zum Minarett:

Das 15 m hohe Minarett mit Halbmond hatte schon vor der Fertigstellung für heftige Diskussionen über die Marktgemeinde hinaus gesorgt, es wurde nach Anrainerprotesten 5 m niedriger als ursprünglich geplant. Dass in Telfs vom Minarett aus zum Gebet gerufen wird, wurde sogar im Grundbuch ausgeschlossen. In einer Eintragung wurde festgelegt, dass ein Muezzin dort nicht "tätig" werden darf. (Quelle: www.kathpress.at)

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