Immer weniger Trafiken am Alsergrund
Anrainer Michael Wais wundert sich über den Trafiken-Mangel rund um die U6-Station Währinger Straße.
(pmg). Trafiken sind Nahversorger im Grätzel. Nicht nur für Raucher, sondern auch für den Großteil der Bevölkerung. Am Alsergrund hat sich die Zahl dieser Geschäfte verringert. Das berichtet auch Anrainer Michael Wais. "Ich wohne seit Jahrzehnten in der Lustkandlgasse und beobachte, dass die Zahl der Trafiken kontinuierlich zurückgeht. Früher gab es in meiner Umgebung mindestens fünf Trafiken", wundert sich Wais.
Besonders traurig findet Wais die seit Jahren leer stehende Trafik in der Sechsschimmelgasse knapp vor dem Gürtel: "Das Lokal ist bis heute nicht neu vermietet und in gewisser Weise auch ein Schandfleck." Für Wais ist die Situation im Grätzel unverständlich: "Verblieben sind nur noch die Trafik in der U6-Station und in der Fuchsthallergasse. Speziell in ersterer Trafik stehen die Leute in Spitzenzeiten bis vor das Lokal hinaus." Der Anrainer wünscht sich wieder ein größeres Angebot und spricht sogar von einem Trafikensterben, das aus seiner Sicht derzeit den Al-sergrund befallen hat.
Rückgang von Geschäften
Nach Auskunft der zuständigen Monopolverwaltung GmbH gibt es seit 2014 stabil 23 Tabakfachgeschäfte im 9. Bezirk. "Von 2013 auf 2014 hat sich die Anzahl von 27 auf 23 reduziert. Im Rahmen einer aktiven Strukturbereinigung kam es aber zum Rückgang von vier Geschäften in diesem Jahr", erklärt MVG-Geschäftsführer Hannes Hofer. Über den Zustand der Trafiken weiß man bei der MVG natürlich genau Bescheid.
Die Trafik in der Sechsschimmelgasse steht bereits seit 2001 leer und konnte bisher leider nicht nachbesetzt werden. Der Grund dafür liegt im veränderten Einkaufsverhalten. "Heute geht man eher dort einkaufen, wo es mehrere Geschäfte an einem Punkt gibt, als schnell um die Ecke. Das trifft leider die Trafiken besonders", erklärt MVG-Geschäftsführer-Stellvertreter Ernst Koreska. Zum Glück gebe es aber gleich in der Nähe durch die Tabakfachgeschäfte bei der U6-Station Währinger Straße und in der Fuchsthallergasse gute Ausweichmöglichkeiten. Dass die kleinen Trafiken in den Nebengassen heute nicht mehr so stark genutzt werden, liege wohl auch daran, dass zum Beispiel die Österreichischen Lotterien in letzter Zeit andere Vertriebswege nützen. "Die Lotterien haben 1.600 neue Verkaufsstellen geschaffen. Das setzt dem Geschäft der Trafiken schon zu. Das Rauchverbot hat aber auch einen wesentlichen Anteil daran", so Koreska weiter.
Früher gab es viel mehr Trafiken, weil sie als kleine Einnahmequelle nach dem Krieg gerade für Kriegsinvaliden geschaffen wurden, wie auch Anrainer Wais in seiner Kritik am Rückgang der Trafiken anmerkt: "Trafiken dienten einmal dazu, Behinderten eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Mittlerweile ist das Ziel offenbar, einigen wenigen Privilegierten ein hohes Einkommen ohne allzu viel lästige Konkurrenz zu verschaffen, auch wenn die Wege für den Bürger immer länger werden."
Die MVG widerspricht dieser Ansicht, denn auch heute noch werde das Vorzugsrecht für Menschen mit einer körperlichen Behinderung gelebt: "Zivilmenschen mit einer körperlichen Behinderung von 50 Prozent und mehr bekommen eine Bevorzugung bei der Vergabe eines Tabakfachgeschäfts. Die einzige Ausnahme stellt das Nachfolgerecht für Angehörige dar." Man arbeite darum auch sehr eng mit dem Kriegsopfer- und Behindertenverband KOBV zusammen. "Im 12. Bezirk haben wir einer jungen Frau, die eine Lungentransplantation überstanden hat, eine Trafik verschaffen können. Darauf sind wir sehr stolz", so Koreska.
Treffpunkt im Grätzel
Generell sind die Trafiken sehr wichtig in Wien, wie man aktuell auch an der Initiative "Gemeinsam sicher" der Polizei sehen kann, da über die Trafikanten wertvolle Informationen über das Geschehen im Bezirk bezogen werden können. "Die Menschen im Bezirk kommen in den Trafiken zusammen und plaudern miteinander. Darum sind sie aktuell auch nicht wegzudenken", meint Koreska.
Mehr Informationen zur Vergabe der Tabakfachgeschäfte gibt es auf www.mvg.at
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