Alsergrund
Warum hat die SPÖ Alsergrund gleich drei Bezirksräte verloren?
Die SPÖ Alsergrund hat drei Bezirksräte verloren, Hintergrund ist ein mutmaßlicher Fall von sexueller Belästigung. BezirksZeitungsredakteur Tobias Schmitzberger vermutet, hier ist so einiges schief gelaufen.
WIEN/ALSERGRUND. Ich gebe zu: Der Text unten hat mir Kopfzerbrechen bereitet. Ein SPÖ-internes Schiedsgericht stellt sexuelle Grenzüberschreitungen fest, die ein Parteimitglied gegenüber einer Frau begangen haben soll.
Gleichzeitig reiche die "Schwere der sexuellen Übergriffe" nicht für einen Ausschluss, aber für eine "Rüge". Es gab also laut Urteil wohl irgendeine Form von Fehlverhalten eines Mannes in diesem Kontext, das aus SPÖ-Sicht zwar verurteilenswert ist – aber eben doch nicht so sehr, dass man ein Mitglied deswegen gleich ausschließen möchte.
Mangelnde Konsequenz
Gerade für eine Partei, die sich den Feminismus auf die Fahnen schreibt und zu diesem Thema immer wieder wichtige Aktionen am Alsergrund sitzt - man schaue nur in den angehängten Artikeln ganz unten – klingt das Urteil für mich doch widersprüchlich. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die SPÖ Alsergrund laut eigenem Beteuern einen Ausschluss des Mannes vorantreiben möchte. Verständlich daher, dass der Fall innerhalb der Partei für Unruhe und Unverständnis sorgt.
Kompliziert ist die Causa auch, weil die Betroffenen dem Vernehmen nach eigentlich gar nicht wollten, dass die Causa nun öffentlich wird – obwohl sie seit 3,5 Jahren in der Bezirkspartei gärt. Auch daher ist nach wie vor nicht bekannt, um welche Vorfälle es konkret geht und wer die Frauen sind – das dient unter anderem dem Schutz der Betroffenen. Dass der Fall nun derart öffentlich wurde, dafür sorgte erst ein Medien-Leak im Dezember. Damals wurden vertrauliche Informationen an die "Zeit im Bild 2" gespielt.
Hausgemachte Entfremdung?
Seitens der SPÖ Alsergrund ist es den nun Verantwortlichen wichtig, zu betonen, dass man 2019 nach "Bekanntwerden der Vorwürfe immer rasch und in enger Abstimmung mit den Betroffenen" reagiert habe.
Gleichzeitig scheinen nun aber gerade diese und viele andere Parteimitglieder – darunter die ausgetretenen Bezirksrätinnen und Bezirksräte – mit dem Umgang in dieser Causa unzufrieden zu sein, was für diese Austrittswelle wesentlich verantwortlich ist. Zwar wird innerhalb der Partei von einer gewissen "Entfremdung" der ausgetretenen Mitglieder gesprochen, die sich eingestellt habe. Auch, dass sich etwa die ausgetretene Claudia O'Brien auf den Posten der Bezirksvorsitzenden beworben hätte, die Wahl dazu aber verloren hätte, wird als mögliches Argument genannt. Gab es da eine persönliche Enttäuschung?
Ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass es eine solche Entfremdung gegeben hat. Aber vielleicht hängt sie doch eher mit dem ursprünglichen Fall der mutmaßlichen sexuellen Belästigung und dem Umgang damit zusammen? Wenn einige Parteimitglieder in einer gerade für die SPÖ so wichtigen Frage das Gefühl haben, hingehalten zu werden und das Verfahren zur Aufarbeitung solcher Fälle nicht geeignet ist, führt das vielleicht ja auch zu einer Art von Entfremdung.
Diese wirkt sich womöglich auf allen Ebenen der Zusammenarbeit aus und sorgt nicht gerade dafür, dass Menschen aus voller Überzeugung für Inhalte einstehen beziehungsweise sich einbringen. Zumal, wenn sich das Thema seit 2019 hingezogen hat.
So oder so: Auch die SPÖ Alsergrund räumt nun ein, dass man in solchen Fällen ein "neues Prozedere" brauche. Man erarbeitet nun Konzepte, wie man künftig auf solche Fälle reagieren soll. Schauen wir einmal, was da rauskommen wird! Gerade eine Partei wie die SPÖ muss hier einen glasklaren Kurs fahren, so denke ich. Ich habe aber Zweifel daran, ob das in besagtem Fall geschehen ist.
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.