Alle gegen Ahmad
Hitzige Wortgefechte im Alsergrunder Bezirksparlament
Bei der ersten Alsergrunder Bezirksvertretungssitzung des Jahres ging es wie zu erwarten hitzig zu. Neben vielen gegenseitigen Vorwürfen gab es aber auch erste Anzeichen einer Versöhnung. Zu den Anträgen kam man deshalb erst nach gut drei Stunden.
WIEN/ALSERGRUND. Wie bereits erwartet ging es bei der ersten Bezirksvertretungssitzung 2024 weniger um die Anträge, sondern mehr um die Kritik an der Bezirksvorstehung mit Vorsteherin Saya Ahmad (SPÖ). Von den 15 fristgerechten Anträgen wurden vier abgewiesen (einer wurde zurückgezogen, ein weiterer nach der Frist eingebracht und zugelassen) – Kritik daran kam von den antragstellenden Parteien.
Vor allem an die Ablehnung des Antrages "Stärkere Beteiligung aller Fraktionen bei Bezirksprojekten" stieß auf Unmut. Denn dieser wurde in Mariahilf fast wortgleich zugelassen. Der Vorsitzende der Bezirksvertretung, Christopher Maurer, sagte dazu: "Es läuft alles nach der Geschäftsordnung der Stadt Wien. Einen politischen Vorteil hat das Ablehnen für uns nicht, immerhin können immer noch Anfragen eingebracht werden". Zu genügend Kritik kam es aber trotzdem. "Wir sind die Stimme am Alsergrund, aber um diese Stimme sein zu können, müssen wir informiert werden", so Neos-Klubchef Rudolf Mayrhofer-Grünbühel. Mehr dazu hier:
Bezirksrätin Claudia O'Brien (Gemeinsam Alsergrund) sprach davon, dass man bei der kürzlich eröffneten Ausstellung "FRAU* schafft Raum" nicht eingeladen war und von Ahmad dazu nur die Worte "Weil die Stimmung gerade so ist" zu hören war. Die Bezirkschefin dementiert dies klar: "Das habe ich nicht gesagt.“
"Populistische Hetzte"
ÖVP-Bezirksrat Johannes Raab ärgerte sich ähnlich wie O'Brian und Kurto Wendt über die Wortwahl bei einem Instagram-Posting der SPÖ-Alsergrund, welches auf die Kritik an der Vorstehung einging: Den sechs Fraktionen wurde dort "populistische Hetze" vorgeworfen. Momo Kreutz (Damma wos) meinte, dass dies auch „strafrechtliche Relevanz“ hätte. Die Präsidiale wurde ebenfalls kritisiert: "In vielen Ausschüssen wird nur sehr kurz und unausführlich berichtet", so Kreutz. Das wird von SPÖ-Bezirksrat und Vorsitzendem des Umweltausschusses Oliver Zwickelsdorfer klar dementiert. Er ärgerte sich darüber, dass die Arbeit zu wenig wertgeschätzt würde: "Viel müssten wir gar nicht diskutieren, machen es aber trotzdem".
"Mich erschreckt es, dass wir in dieser Periode anscheinend am meisten Bürgerbeteiligungsprojekte haben, denn es waren nur zwei", so Raimund Fichter-Wöß, Klubobmann der Grünen. Fichter-Wöß nahm damit Bezug auf ein Statement der SPÖ Alsergrund, wonach in dieser Periode "mehr Bezirksbeteiligungsprojekte als je zuvor" gemacht wurden. Konkret geht es dabei um die Umgestaltung der Servitengasse sowie um den Julius-Tandler-Platz. Ersteres Projekt galt als heftig umstritten, bei Zweiterem fehle der zweite Durchgang der Bürgerbeteiligung bis heute - starten hätte diese bereits im Herbst 2022.
Intransparenz sei durchaus ein Thema, das andere Bezirke auch beträfe, ergänzt er. Zum Ende der Debatte äußerte sich auch Bezirksvorsteherin Ahmad zu den Vorwürfen: "Ich finde es schade, dass die Stimmung so ist wie sie ist. Wir haben die letzten Jahre - gemeinsam - so viel weitergebracht wie nie zuvor. Ich hoffe, dass wir da auch wieder einen Weg zueinander finden werden – das ist auch im Sinne der Alsergrunderinnen und Alsergrunder".
Der Bezirk blieb im Finanzrahmen
Neben viel Kritik und teils hitzigeren Diskussionen gab es aber auch Anträge und den Finanzbericht aus dem Vorjahr. Zweiterer wurde von der Vorsitzenden des Finanzausschusses, Claudia O'Brien, vorgelegt. Im Jahr 2023 waren knapp 8,7 Millionen Euro veranschlagt und es wurden nur knappe 85.000 Euro zu viel ausgeben - ein Ausschlag von nur einem Prozent. Die größte Kostenstelle war die MA48 - Straßenbau mit 1,8 Millionen Euro, gefolgt von der, MA41 Park und Gartenanlagen mit einer Million Euro. Der Rechnungsabschluss wurde mit einer breiten Mehrheit angenommen.
Der grüne Bezirksrat Friedrich Kofler zeigte sich in einer Wortmeldung zusätzlich erfreut, dass insgesamt drei Millionen Euro an Schulden zurückgezahlt werden konnten. Eine Million davon kamen jedoch von der Stadt Wien. Zusätzlich wurden außerdem 1,25 Millionen Euro aufgenommen. Immerhin gab es eine effektive Rückzahlung von 750.000 Euro. Er machte auch auf die steigenden Zinsen aufmerksam, welche im Budget nur mit 65.000 Euro veranschlagt wären, aber wohl gute 280.000 betragen werden.
Es gab sieben Anfragen, die meisten wurden oder werden schriftlich beantwortet. Zwei auch mündlich. Eine der Anfragen behandelte das Bauprojekt "Quantum Cube" am Uni Campus. Mehr dazu hier:
Bezirkschefin Ahmad gab zu Wort, dass sie zwar verstehe, warum die Uni den neuen Standort braucht. Sie habe die Uni aber ersucht, sich nach einem Alternativstandort umzusehen. Ein Antrag zu dem Thema wurde in den Bauschuss verwiesen.
Ein fraktionsübergreifender Antrag von den Grünen, Gemeinsam Alsergrund, Dama Wos und Links beschäftigte sich mit einer dauerhaften Verkehrsberuhigung in der Hörlgasse und Straße des 8. Mai, sowie Maßnahmenkonzept gegen Verkehrsverlagerung. Es gab einige Wortmeldung über die Wichtigkeit des Projektes. Neos stimmte zu, forderte aber eine bessere Planung. Der Antrag wurde angenommen.
Flächenwidmung in Kritik
Ein weiterer Antrag von den Grünen und Links beschäftigte sich mit Klimaschutz in der Flächenwidmung am Alsergrund – am Beispiel altes AKH. Hier wird kritisiert, dass diese Pläne seit über 20 Jahren nicht mehr überarbeitet wurden. Explizite Kritik kam von der Grünen-Bezirksrätin Christa Schmid, welche anprangerte, dass der Alsergrund "alles andere als ein Klimaschutzbezirk ist." Der Antrag wurde angenommen. Weitere Anträge waren:
- Antrag der Grünen: Mehr Schul- und Hortwegsicherheit für die Volksschule Gilgegasse – angenommen
- Antrag der Grünen: Dringende Anpassungsarbeiten nach der Umgestaltung Servitengasse/Grünentorgasse – angenommen
- Antrag von ÖVP, Neos, Gemeinsam Alsergrund und Damma wos: Schutzweg Nußdorfer Straße - Einstimmig angenommen
- Antrag von Neos: Maßnahmen zur Geschwindigkeitssenkung in der Glasergasse 1- 13 – Bereich der Schule und Kindergarten. Hier sollen die zuständigen magistratischen Dienststellen ersucht werden, die Errichtung eines Schutzweges, am südlichen Ende der Straßenbahninsel der Linien 37 und 38, bei der Fußgeherzone hinter der Markthalle zu prüfen. Die Ergebnisse und Kosten sollen der Kommission für Verkehrs- und Bezirksentwicklung zur weiteren Beratung vorgelegt werden. - Angenommen
- Antrag von Neos: Europa sichtbar machen. Man soll versuchen, Europa durch permanente Beflaggung und "Europabänken" sichtbar machen. - Angenommen
- Antrag von Neos: Überprüfung Ladezonen und Umwandlung in der Rotenlöwengasse ONr. 3. - einstimmig angenommen.
- Antrag von Links, Damma wos, Gemeinsam Alsergrund: Linksabbiegen von der Ayrenhoffgasse in die Nussdorfer Straße - angenommen
- Antrag von SPÖ, Links, Damma wos, Gemeinsam Alsergrund: Einbahnführung Liechtensteinstraße und Währinger Straße/Nußdorfer Straße – angenommen
- Antrag Links: Einladung der Vertreterinnen der Uni Wien in die Bezirksvorsehung um die Pläne des Quantum Cubes einzubringen - angenommen
- Resolutionsantrag der SPÖ: E-Card statt Kreditkarte – Retten wir unser Gesundheitssystem am Alsergrund! - angenommen
Es bleibt spannend
Auch zum Ende der Sitzung war der Anfang noch nicht ganz vergessen. Bezirksvorsteherin-Stellvertreter Christian Sapetschnig (SPÖ) sprach davon, dass die Ablehnung der Grünen des Antrages zur Einbahnführung der Liechtensteinstraße "gegen das Bestreben des Gemeinsamen spricht". Korrekt ist das allerdings nicht - die grüne Fraktion hat dem Antrag bei der Abstimmung zugestimmt. Abgelehnt wurde im Vorfeld lediglich ein gemeinsames, fraktionsübergreifendes Einbringen des Antrags. Fichter-Wöß argumentierte, dass die Grünen in der Vergangenheit mehrfach eine Einbahnführung gefordert hatten. Er kritisierte, dass eine entsprechende Planung für eine Verkehrsberuhigung im Vorjahr getroffen werden hätten müssen, da die Bauarbeiten bereits am Laufen sind.
Bezirksrat Wendt argumentierte, dass es die Probleme zwischen SPÖ und Grünen schon länger gebe als seine Partei (Links) existiert. Bezirksvorsteherin-Stellvertreterin Josefa Molitor-Ruckenbauer (Grüne) verteidigte die Ablehnung: "Selbstverständlich werden wir unsere Ideen auch vertreten, das ist ein ganz normaler demokratischer Diskurs, bitte bleiben wir dabei".
Um kurz vor 21 Uhr, knapp vier Stunden nach Beginn, neigte sich die Sitzung dann aber auch dem Ende zu – ein Ende, welches es bei der Diskussion wohl nicht ganz so schnell geben wird.
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