Leserbrief
"Eine Gesellschaft Stachelschweine"
Norbert Neumüller, April 2020, Baden
Als ich an einem Vormittag im April 2020 mit Atemschutzmaske, Handschuhen und den Mindestabstand von einem Meter einhaltend zum Einkaufen ging, strömten die Gedanken eines Vordenkers durch meinen Kopf.
Arthur Schopenhauer 1788–1860
"Eine Gesellschaft Stachelschweine" drängte sich, an einem kalten Wintertag, recht nahe zusammen, um durch die gegenseitige Wärme sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder von einander entfernte. Wenn nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher brachte, wiederholte sich jenes zweite Übel; so dass sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung
(jetzt mindestens 1m) herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. – So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zu einander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder von einander ab. Die mittlere Entfernung , (jetzt mindestens 1m) die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehn kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: keep your distance! (Wahren Sie den Abstand!)
(jetzt mindestens 1m)
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