Badener spüren Ärztemangel
Im Bezirk Baden fehlen acht Kassenärzte
Wer zu einem Kassenarzt will, muss wegen des Arztmangels oft weit fahren und lange warten.
BEZIRK BADEN. Wer krank ist, muss zum Arzt: Einen Termin bei einem Kassenarzt zu bekommen ist oft gar nicht so einfach. Es gibt immer mehr Wahlärzte und weniger Kassenärzte, Kassenarztstellen sind unbesetzt und eine Pensionswelle steht bevor.
Kostenfreie Arztversorgung
SPÖ Gesundheitssprecherin Karin Scheele fordert:
"Gesundheit darf kein Luxusgut sein, es muss reichen die e-Card zu zeigen. Die Landarztgarantie der ÖVP ist gescheitert. Im Bezirk Baden fehlen Ärzte mit Kassenvertrag. Wenn ich 100 Euro hinlegen muss, überlege ich es mir, ob ich einem Symptom nachgehe."
Sie erklärt: "Gemeinden investieren in die Gesundheitsversorgung, aber es gehört nicht zu ihren Aufgaben." Pottensteins Bürgermeister Daniel Pongratz weiß, viele Gemeinden schaffen Anreize für Ärzte.
Die SPÖ fordert: Weniger bürokratischer Aufwand, Ausbau des Landärzte-Stipendiums, Wiedereinführung landesfinanzierter Gemeindeärzte, Überarbeitung der Honorarsysteme für Kassenmediziner, attraktive Arbeits- und Anstellungsmodelle und Ausbau der Primärversorgungs-Zentren.
Anreize für Ärzte
Bezirksgeschäftsführer der ÖVP, Hermann Fuhrmann, antwortet: „Der Personalmangel ist im Gesundheitsbereich besonders spürbar. Deshalb hat sich Niederösterreich erfolgreich dafür eingesetzt, die Studienplätze im Bund von 1.740 auf 2.000 zu erhöhen, in NÖ wurden sie von 560 auf 750 erhöht. NÖ unterstützt Studenten bei der Aufnahmeprüfung und bietet mit dem Landarztstipendium eine eigene Förderung an." Das Landarztstipendium ist eine Förderung für Studierende, wenn sie sich im Anschluss an ihre Ausbildung für eine Tätigkeit in Niederösterreich verpflichten. Dafür bekommen sie monatlich 923 Euro bis zu 48 Monate lang.
Das sagt die Ärztekammer
Die Ärztekammer für NÖ schreibt jede Kassenstelle aus, von der sie einen Auftrag zur Ausschreibung von der Krankenkasse erhalten. Bietet die Gemeinde zusätzlich besondere Unterstützungen an, wie Mietkostenzuschuss, barrierefreie Ordinationsräumlichkeiten oder sonstige Hilfen, führt sie dies selbstverständlich bei der Ausschreibung an. Manchmal führt dies zum Erfolg, andere Stellen bleiben über Jahre unbesetzt.
Dr. Harald Schlögel, Präsident der NÖ Ärztekammer, meint: "Wir warnen seit Jahren vor einem Ärztemangel besonders in der Allgemeinmedizin, der Kinder- und Jugendheilkunde und den Haut- und Geschlechtskrankheiten. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Niedergelassene Kassenärzte sind mit sehr viel Bürokratie konfrontiert, gepaart mit zu wenig Zeit." Die Anzahl der ausgeschriebenen Stellen variiert geringfügig, der Trend ist aber seit langem gleich.
Er sagt weiter: "Die Gründe für den Ärztemangel sind vielschichtig. Niedergelassene Kassenärzte sind mit sehr viel Bürokratie konfrontiert, gepaart mit zu wenig Zeit. Dies ist auch ein Grund, warum immer weniger Ärztinnen und Ärzte nach ihrer Ausbildung im öffentlichen Gesundheitssystem arbeiten wollen. Dieser Mangel an Vertragsärzten führt zu einem enormen Druck auf die Ärztinnen und Ärzte der noch bestehenden Kassenstellen.
Die Tätigkeit als Kassenärztin bzw. Kassenarzt muss so attraktiv sein, dass jene, die diese aktuell ausüben, unbedingt weitermachen und neue Ärzt:innen ins Kassensystem einsteigen wollen. Dazu könnten etwa der Wegfall von Leistungslimitierungen, Bürokratieabbau oder ein allgemeines Dispensierrecht- also das Recht, dass Ärzt:innen verschreibungspflichtige Arzneimittel direkt an die Patient:innen abgeben dürfen - beitragen."
Die Gesundheitskasse bietet Anschubfinanzierungen
Viktoria Frieser, Stv. Pressesprecherin der Österreichischen Gesundheitskasse, sagt: "Im Bereich der haus- und kinderärztlichen Versorgung kämpfen wir österreichweit mit vakanten Stellen, da aktuell zu wenige Ärzte aus der Ausbildung nachkommen, um den Nachbesetzungsbedarf zu decken. Der Bezirk Baden ist leider ein Hotspot. Für die beiden Kinderarzt-Stellen suchen wir besonders dringend Interessenten und bieten eine Anschubfinanzierung an."
Im Bezirk Baden gibt es aktuell 43 Facharztstellen. Davon sind drei Planstellen vakant: eine Augenarztstelle und zwei Stellen für Kinder- und Jugendheilkunde. Für die beiden Kinderarzt-Stellen suchen sie besonders dringend Interessenten und bieten eine Anschubfinanzierung an.
In der Allgemeinmedizin sind von 61 Planstellen aktuell sechs Stellen unbesetzt (zwei Stellen in Bad Vöslau, zwei Stellen in Pottendorf und je eine Stelle in Baden und Günselsdorf). "Wir freuen uns, dass eine Stelle in Pottendorf ab 1.1.2023 wieder besetzt werden kann. In Günselsdorf konnten wir ein Überbrückungslösung finden. Für eine der beiden Stellen in Bad Vöslau bieten wir eine Anschubfinanzierung. Wir hoffen, damit das Interesse zu verstärken und freuen uns über Bewerbungen," fasst Frieser die Situation zusammen.
Und weiter zum Ärztemangel: "An der Attraktivität des Kassenvertrages liegt das nicht: Der Durchschnittsumsatz einer Hausarztpraxis in NÖ mit der Sozialversicherung liegt bei rund 380.000 Euro. Abzüglich Personal- und Praxiskosten sowie Sozialbeiträgen bleibt Kassen-Hausärzten ein persönliches Einkommen vor Steuern von rund 170.000 Euro. Wir weisen darauf hin, dass die Honorare der Ärzte mit den lohnabhängigen Krankenversicherungsbeiträgen der Versicherten nachhaltig finanzierbar sein müssen."
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